Das Tech-Unternehmen Quantcast hat rund 100 eigene Patente angemeldet, darunter eines für die KI-Engine ARA. Diese scannt Milliarden an Internet-URLs und clustert deren Inhalte – für eine kontextuelle Analyse. Ein Gespräch mit Sara Sihelnik, bei Quantcast Country Director DACH, über das Potenzial von Künstlicher Intelligenz, Alternativen zu den Third-Party-Cookies und die Zukunft des freien, offenen Internets.
Sara, eine Deiner Thesen lautet: Digitales Advertising muss nicht schwierig sein. Klingt fast vermessen, angesichts der vielen Dienstleister und der diversen Tech-Stacks, die dafür notwendig sind.
Sara Sihelnik: Es ist trotzdem unsere Mission, die Werbung im offenen Internet, außerhalb der Walled Gardens, für jeden zugänglich zu machen. Denn wenn dies einfach ist, dann nutzen es auch mehr und dann profitieren auch die Publisher, die davon leben. Und wir fördern auf diese Weise das freie, offene Internet.
Welche Rolle spielt dabei Automation?
Sihelnik: Eine große. Wir automatisieren große Teile dieser Wertschöpfungskette, denn bestimmte Vorgänge können von Algorithmen einfach besser und effizienter umgesetzt werden. Beim Programmatic Advertising geht es um Gebote auf Werbeplätze in Echtzeit. Da wird jeder Trader in seiner Leistung von einem Algorithmus übertroffen. Mit Automatisierung wird es für jeden einfacher. Niemand muss mehr das ganze System verstehen, sondern nur noch wissen, wie er das System aktiviert und monitoren muss.
Ist Automatisierung nur ein Fall für Unternehmen ab einer bestimmten Größenordnung?
Sihelnik: Nicht unbedingt, wir haben Kunden jeder Größenordnung. Aber natürlich, für kleinere Händler mit einer stark regionalen Orientierung ist Programmatic Advertising zum Start nur bedingt geeignet.
Spielt das Ende der Third-Party-Cookies Quantcast eigentlich in die Hände? Denn dadurch wird alles ja nochmal komplizierter…
Sihelnik: Wir begrüßen jedenfalls die Entwicklung und sehen sie als große Chance. Denn damit zeigt sich, wer wirklich KI und Machine Learning nutzt und als Tech-Anbieter fundamental gute Daten hat und so seinen Kunden einen Mehrwert bieten kann. Wir dürfen nicht vergessen: Schon heute surft ein Großteil der Internetnutzer ohne Third-Party-Cookies, je nach Quelle sind das noch etwa 40 Prozent. Die künftige Entwicklung wird also dazu führen, dass sich die Werbetreibenden wieder eine Reichweite erschließen können, die bislang nicht mehr beachtet wurde. Im Übrigen wird auch eine Konsolidierung im programmatischen Ökoystem eintreten, das sehen wir bereits jetzt schon.
Worin genau besteht der Vorteil, wenn ein Tech-Anbieter auf KI oder ML zugreifen kann?
Sihelnik: Die Frage ist doch: Wie kann mein Tracking und Targeting weiter funktionieren, wenn es keine Third-Party-Cookies mehr gibt? Wir müssen auf alternative Signale setzen wie First Party Daten, die nicht jeder hat und die oft auch nicht deterministisch, sondern probabilistisch basiert sind. Kontextuelles Targeting funktioniert für bestimmte Bereiche sehr gut. Wenn ich aber eine sehr spitze Zielgruppe habe, habe ich einen hohen Streuverlust. Bei ID-Lösungen fehlt es in der Praxis oft an der Skalierbarkeit. Kohorten wären noch eine Alternative, diese kommen aber in Europa nicht richtig zur Anwendung. Es gibt noch weitere Signale wie Consent-Daten, Device-Typ, Geo-Location, Zeitpunkte etc. Aber wenn ich all diese Signale betrachte, reichen sie nicht aus, um sinnvolles Targeting zu machen. Aber wenn ich eine KI ins Spiel bringe, die diese Daten in Echtzeit evaluieren und darin Muster erkennen kann, dann kann ich darauf ein sehr akkurates Targeting aufbauen. Man braucht also den Input, die richtigen Signale, und die Technologie, um diese Signale in Echtzeit verarbeiten zu können.
Bei Quantcast heißt dieser KI-Motor ARA...
Sihelnik: Ja, die Buchstaben stehen für Advances Audience Analytics, Real-time Predictive Modeling und Autonomous Campaing Execution. Unsere Technologien basieren vor allem auf Machine Learning und Natural Language Processing, zwei Untersparten der Künstlichen Intelligenz. Wir entwickeln diese KI-Engine selber inhouse. Wir haben als Unternehmen über 100 Patente, größtenteils aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz, haben Professoren von der Stanford University, die uns beraten, wir sind also sehr wissenschaftlich getrieben.
Kannst Du uns ein konkretes Beispiel für den Einsatz von ARA geben?
Sihelnik: Für eine kontextuelle Analyse kann ARA Milliarden von Internet-URLs in Echtzeit durchsuchen und ihre Keywords erfassen. Diese Inhalte werden dann geclustert, und das ist die große Kunst. Denn in gewisser Weise müssen wir das menschliche Gehirn nachbauen und erkennen, was mit den Keywords gemeint ist, viele haben ja unterschiedliche Bedeutungen. Die KI kann das inhaltlich bewerten und den User einordnen.
Reichert Ihr Eure 1st Party Daten noch mit anderen Daten an?
Sihelnik: Unser Angebot ist, dass wir keine zusätzlichen Datenquellen benötigen. Aber wenn ein Kunde eine Performance-Kampagne machen und Abverkäufe bewerten möchte, brauchen wir einen Quantcast-Pixel auch auf Kundenseite, damit seine Daten in die Modellierung miteinfließen können. Darüber hinaus können Kunden auch ihre eigenen DMP-Segmente oder CRM-Daten anbinden, um zum Beispiel Bestandskunden vom Targeting auszuschließen.
Wie wird KI die Branche weiter verändern? Wird es eines Tages den Mediaplan auf Knopfdruck geben?
Sihelnik: Heute ist es oft noch so, dass über Marktforschung ein Zielgruppenprofil oder sogenannte Personas erstellt werden und daraufhin in einem Tool die Audience geplant wird. Dann müssen verschiedene Teams dies in ein Campaign-Management übersetzen. Dadurch geht viel von dem ursprünglichen Zielgruppenprofil verloren. Und schließlich geht es auch um die Frage, was aus der Kampagne gelernt wird, um die nächste besser zu machen. Da kommen dann die Data Analysts ins Spiel, die wieder einen anderen Blickwinkel haben als Account oder Sales Manager. Hier kann KI viel helfen und den ganzen Prozess schneller und einfacher gestalten. Auch beim Thema Measurement wird KI noch viel bewegen. Denn die Werbewirkung kann mithilfe Künstlicher Intelligenz entlang des gesamten Funnels, über alle Kanäle erfasst und zusammengeführt werden.
Was sind die Pläne von Quantcast in den nächsten Monaten?
Sihlenik: Für uns gibt es drei Bereiche. Wir breiten unser Portfolio im gesamten Funnel aus, für jede Zielsetzung, in jedem Kanal – von Awareness-Kampagnen bis hin zu Retargeting-Maßnahmen. Da investieren wir sehr viel, denn das soll für alle sehr einfach sein. Das zweite ist die Cookieless-Ära. Wir haben hier bereits hunderte Kampagnen umgesetzt und mit jeder Kampagne generieren wir wertvolle Learnings, weshalb wir uns hier einen großen Vorsprung erarbeitet haben. Das dritte ist das Thema Measurement, da investieren wir ebenfalls sehr viel. Wir arbeiten daran, dass wir nicht nur jede Aktivität einzeln bewerten, sondern alles holistisch und das in Echtzeit. Künstliche Intelligenz wird uns dabei helfen.
Das Interview führt Helmut van Rinsum
Sara Sihelnik verantwortet als Country Director DACH die Geschäfte von Quantcast im deutschsprachigen Raum. Vor ihrem Wechsel in das Münchner Büro arbeitete die Belgierin in der Europazentrale des amerikanischen Technologieunternehmens in Dublin. Bevor Sara 2015 zu Quantcast wechselte, war sie in verschiedenen Funktionen bei Getty Images tätig. Sie hat einen Bachelor und Master in Geophysik von den Universitäten ETH Zürich, RTWH Aachen und TU Delft.
Weitere Interviews:
Niklas Mrutzek: Die klassische Persona ist Vergangenheit
Markus Wübben: Mit KI das Kundenverhalten vorhersagen
Marco Hochstrasser: KI optimiert Kampagnen
Das Tech-Unternehmen Quantcast hat rund 100 eigene Patente angemeldet, darunter eines für die KI-Engine ARA. Diese scannt Milliarden an Internet-URLs und clustert deren Inhalte – für eine kontextuelle Analyse. Ein Gespräch mit Sara Sihelnik, bei Quantcast Country Director DACH, über das Potenzial von Künstlicher Intelligenz, Alternativen zu den Third-Party-Cookies und die Zukunft des freien, offenen Internets.
Sara, eine Deiner Thesen lautet: Digitales Advertising muss nicht schwierig sein. Klingt fast vermessen, angesichts der vielen Dienstleister und der diversen Tech-Stacks, die dafür notwendig sind.
Sara Sihelnik: Es ist trotzdem unsere Mission, die Werbung im offenen Internet, außerhalb der Walled Gardens, für jeden zugänglich zu machen. Denn wenn dies einfach ist, dann nutzen es auch mehr und dann profitieren auch die Publisher, die davon leben. Und wir fördern auf diese Weise das freie, offene Internet.
Welche Rolle spielt dabei Automation?
Sihelnik: Eine große. Wir automatisieren große Teile dieser Wertschöpfungskette, denn bestimmte Vorgänge können von Algorithmen einfach besser und effizienter umgesetzt werden. Beim Programmatic Advertising geht es um Gebote auf Werbeplätze in Echtzeit. Da wird jeder Trader in seiner Leistung von einem Algorithmus übertroffen. Mit Automatisierung wird es für jeden einfacher. Niemand muss mehr das ganze System verstehen, sondern nur noch wissen, wie er das System aktiviert und monitoren muss.
Ist Automatisierung nur ein Fall für Unternehmen ab einer bestimmten Größenordnung?
Sihelnik: Nicht unbedingt, wir haben Kunden jeder Größenordnung. Aber natürlich, für kleinere Händler mit einer stark regionalen Orientierung ist Programmatic Advertising zum Start nur bedingt geeignet.
Spielt das Ende der Third-Party-Cookies Quantcast eigentlich in die Hände? Denn dadurch wird alles ja nochmal komplizierter…
Sihelnik: Wir begrüßen jedenfalls die Entwicklung und sehen sie als große Chance. Denn damit zeigt sich, wer wirklich KI und Machine Learning nutzt und als Tech-Anbieter fundamental gute Daten hat und so seinen Kunden einen Mehrwert bieten kann. Wir dürfen nicht vergessen: Schon heute surft ein Großteil der Internetnutzer ohne Third-Party-Cookies, je nach Quelle sind das noch etwa 40 Prozent. Die künftige Entwicklung wird also dazu führen, dass sich die Werbetreibenden wieder eine Reichweite erschließen können, die bislang nicht mehr beachtet wurde. Im Übrigen wird auch eine Konsolidierung im programmatischen Ökoystem eintreten, das sehen wir bereits jetzt schon.
Worin genau besteht der Vorteil, wenn ein Tech-Anbieter auf KI oder ML zugreifen kann?
Sihelnik: Die Frage ist doch: Wie kann mein Tracking und Targeting weiter funktionieren, wenn es keine Third-Party-Cookies mehr gibt? Wir müssen auf alternative Signale setzen wie First Party Daten, die nicht jeder hat und die oft auch nicht deterministisch, sondern probabilistisch basiert sind. Kontextuelles Targeting funktioniert für bestimmte Bereiche sehr gut. Wenn ich aber eine sehr spitze Zielgruppe habe, habe ich einen hohen Streuverlust. Bei ID-Lösungen fehlt es in der Praxis oft an der Skalierbarkeit. Kohorten wären noch eine Alternative, diese kommen aber in Europa nicht richtig zur Anwendung. Es gibt noch weitere Signale wie Consent-Daten, Device-Typ, Geo-Location, Zeitpunkte etc. Aber wenn ich all diese Signale betrachte, reichen sie nicht aus, um sinnvolles Targeting zu machen. Aber wenn ich eine KI ins Spiel bringe, die diese Daten in Echtzeit evaluieren und darin Muster erkennen kann, dann kann ich darauf ein sehr akkurates Targeting aufbauen. Man braucht also den Input, die richtigen Signale, und die Technologie, um diese Signale in Echtzeit verarbeiten zu können.
Bei Quantcast heißt dieser KI-Motor ARA...
Sihelnik: Ja, die Buchstaben stehen für Advances Audience Analytics, Real-time Predictive Modeling und Autonomous Campaing Execution. Unsere Technologien basieren vor allem auf Machine Learning und Natural Language Processing, zwei Untersparten der Künstlichen Intelligenz. Wir entwickeln diese KI-Engine selber inhouse. Wir haben als Unternehmen über 100 Patente, größtenteils aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz, haben Professoren von der Stanford University, die uns beraten, wir sind also sehr wissenschaftlich getrieben.
Kannst Du uns ein konkretes Beispiel für den Einsatz von ARA geben?
Sihelnik: Für eine kontextuelle Analyse kann ARA Milliarden von Internet-URLs in Echtzeit durchsuchen und ihre Keywords erfassen. Diese Inhalte werden dann geclustert, und das ist die große Kunst. Denn in gewisser Weise müssen wir das menschliche Gehirn nachbauen und erkennen, was mit den Keywords gemeint ist, viele haben ja unterschiedliche Bedeutungen. Die KI kann das inhaltlich bewerten und den User einordnen.
Reichert Ihr Eure 1st Party Daten noch mit anderen Daten an?
Sihelnik: Unser Angebot ist, dass wir keine zusätzlichen Datenquellen benötigen. Aber wenn ein Kunde eine Performance-Kampagne machen und Abverkäufe bewerten möchte, brauchen wir einen Quantcast-Pixel auch auf Kundenseite, damit seine Daten in die Modellierung miteinfließen können. Darüber hinaus können Kunden auch ihre eigenen DMP-Segmente oder CRM-Daten anbinden, um zum Beispiel Bestandskunden vom Targeting auszuschließen.
Wie wird KI die Branche weiter verändern? Wird es eines Tages den Mediaplan auf Knopfdruck geben?
Sihelnik: Heute ist es oft noch so, dass über Marktforschung ein Zielgruppenprofil oder sogenannte Personas erstellt werden und daraufhin in einem Tool die Audience geplant wird. Dann müssen verschiedene Teams dies in ein Campaign-Management übersetzen. Dadurch geht viel von dem ursprünglichen Zielgruppenprofil verloren. Und schließlich geht es auch um die Frage, was aus der Kampagne gelernt wird, um die nächste besser zu machen. Da kommen dann die Data Analysts ins Spiel, die wieder einen anderen Blickwinkel haben als Account oder Sales Manager. Hier kann KI viel helfen und den ganzen Prozess schneller und einfacher gestalten. Auch beim Thema Measurement wird KI noch viel bewegen. Denn die Werbewirkung kann mithilfe Künstlicher Intelligenz entlang des gesamten Funnels, über alle Kanäle erfasst und zusammengeführt werden.
Was sind die Pläne von Quantcast in den nächsten Monaten?
Sihlenik: Für uns gibt es drei Bereiche. Wir breiten unser Portfolio im gesamten Funnel aus, für jede Zielsetzung, in jedem Kanal – von Awareness-Kampagnen bis hin zu Retargeting-Maßnahmen. Da investieren wir sehr viel, denn das soll für alle sehr einfach sein. Das zweite ist die Cookieless-Ära. Wir haben hier bereits hunderte Kampagnen umgesetzt und mit jeder Kampagne generieren wir wertvolle Learnings, weshalb wir uns hier einen großen Vorsprung erarbeitet haben. Das dritte ist das Thema Measurement, da investieren wir ebenfalls sehr viel. Wir arbeiten daran, dass wir nicht nur jede Aktivität einzeln bewerten, sondern alles holistisch und das in Echtzeit. Künstliche Intelligenz wird uns dabei helfen.
Das Interview führt Helmut van Rinsum
Sara Sihelnik verantwortet als Country Director DACH die Geschäfte von Quantcast im deutschsprachigen Raum. Vor ihrem Wechsel in das Münchner Büro arbeitete die Belgierin in der Europazentrale des amerikanischen Technologieunternehmens in Dublin. Bevor Sara 2015 zu Quantcast wechselte, war sie in verschiedenen Funktionen bei Getty Images tätig. Sie hat einen Bachelor und Master in Geophysik von den Universitäten ETH Zürich, RTWH Aachen und TU Delft.
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Sara, eine Deiner Thesen lautet: Digitales Advertising muss nicht schwierig sein. Klingt fast vermessen, angesichts der vielen Dienstleister und der diversen Tech-Stacks, die dafür notwendig sind.
Sara Sihelnik: Es ist trotzdem unsere Mission, die Werbung im offenen Internet, außerhalb der Walled Gardens, für jeden zugänglich zu machen. Denn wenn dies einfach ist, dann nutzen es auch mehr und dann profitieren auch die Publisher, die davon leben. Und wir fördern auf diese Weise das freie, offene Internet.
Welche Rolle spielt dabei Automation?
Sihelnik: Eine große. Wir automatisieren große Teile dieser Wertschöpfungskette, denn bestimmte Vorgänge können von Algorithmen einfach besser und effizienter umgesetzt werden. Beim Programmatic Advertising geht es um Gebote auf Werbeplätze in Echtzeit. Da wird jeder Trader in seiner Leistung von einem Algorithmus übertroffen. Mit Automatisierung wird es für jeden einfacher. Niemand muss mehr das ganze System verstehen, sondern nur noch wissen, wie er das System aktiviert und monitoren muss.
Ist Automatisierung nur ein Fall für Unternehmen ab einer bestimmten Größenordnung?
Sihelnik: Nicht unbedingt, wir haben Kunden jeder Größenordnung. Aber natürlich, für kleinere Händler mit einer stark regionalen Orientierung ist Programmatic Advertising zum Start nur bedingt geeignet.
Spielt das Ende der Third-Party-Cookies Quantcast eigentlich in die Hände? Denn dadurch wird alles ja nochmal komplizierter…
Sihelnik: Wir begrüßen jedenfalls die Entwicklung und sehen sie als große Chance. Denn damit zeigt sich, wer wirklich KI und Machine Learning nutzt und als Tech-Anbieter fundamental gute Daten hat und so seinen Kunden einen Mehrwert bieten kann. Wir dürfen nicht vergessen: Schon heute surft ein Großteil der Internetnutzer ohne Third-Party-Cookies, je nach Quelle sind das noch etwa 40 Prozent. Die künftige Entwicklung wird also dazu führen, dass sich die Werbetreibenden wieder eine Reichweite erschließen können, die bislang nicht mehr beachtet wurde. Im Übrigen wird auch eine Konsolidierung im programmatischen Ökoystem eintreten, das sehen wir bereits jetzt schon.
Worin genau besteht der Vorteil, wenn ein Tech-Anbieter auf KI oder ML zugreifen kann?
Sihelnik: Die Frage ist doch: Wie kann mein Tracking und Targeting weiter funktionieren, wenn es keine Third-Party-Cookies mehr gibt? Wir müssen auf alternative Signale setzen wie First Party Daten, die nicht jeder hat und die oft auch nicht deterministisch, sondern probabilistisch basiert sind. Kontextuelles Targeting funktioniert für bestimmte Bereiche sehr gut. Wenn ich aber eine sehr spitze Zielgruppe habe, habe ich einen hohen Streuverlust. Bei ID-Lösungen fehlt es in der Praxis oft an der Skalierbarkeit. Kohorten wären noch eine Alternative, diese kommen aber in Europa nicht richtig zur Anwendung. Es gibt noch weitere Signale wie Consent-Daten, Device-Typ, Geo-Location, Zeitpunkte etc. Aber wenn ich all diese Signale betrachte, reichen sie nicht aus, um sinnvolles Targeting zu machen. Aber wenn ich eine KI ins Spiel bringe, die diese Daten in Echtzeit evaluieren und darin Muster erkennen kann, dann kann ich darauf ein sehr akkurates Targeting aufbauen. Man braucht also den Input, die richtigen Signale, und die Technologie, um diese Signale in Echtzeit verarbeiten zu können.
Bei Quantcast heißt dieser KI-Motor ARA...
Sihelnik: Ja, die Buchstaben stehen für Advances Audience Analytics, Real-time Predictive Modeling und Autonomous Campaing Execution. Unsere Technologien basieren vor allem auf Machine Learning und Natural Language Processing, zwei Untersparten der Künstlichen Intelligenz. Wir entwickeln diese KI-Engine selber inhouse. Wir haben als Unternehmen über 100 Patente, größtenteils aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz, haben Professoren von der Stanford University, die uns beraten, wir sind also sehr wissenschaftlich getrieben.
Kannst Du uns ein konkretes Beispiel für den Einsatz von ARA geben?
Sihelnik: Für eine kontextuelle Analyse kann ARA Milliarden von Internet-URLs in Echtzeit durchsuchen und ihre Keywords erfassen. Diese Inhalte werden dann geclustert, und das ist die große Kunst. Denn in gewisser Weise müssen wir das menschliche Gehirn nachbauen und erkennen, was mit den Keywords gemeint ist, viele haben ja unterschiedliche Bedeutungen. Die KI kann das inhaltlich bewerten und den User einordnen.
Reichert Ihr Eure 1st Party Daten noch mit anderen Daten an?
Sihelnik: Unser Angebot ist, dass wir keine zusätzlichen Datenquellen benötigen. Aber wenn ein Kunde eine Performance-Kampagne machen und Abverkäufe bewerten möchte, brauchen wir einen Quantcast-Pixel auch auf Kundenseite, damit seine Daten in die Modellierung miteinfließen können. Darüber hinaus können Kunden auch ihre eigenen DMP-Segmente oder CRM-Daten anbinden, um zum Beispiel Bestandskunden vom Targeting auszuschließen.
Wie wird KI die Branche weiter verändern? Wird es eines Tages den Mediaplan auf Knopfdruck geben?
Sihelnik: Heute ist es oft noch so, dass über Marktforschung ein Zielgruppenprofil oder sogenannte Personas erstellt werden und daraufhin in einem Tool die Audience geplant wird. Dann müssen verschiedene Teams dies in ein Campaign-Management übersetzen. Dadurch geht viel von dem ursprünglichen Zielgruppenprofil verloren. Und schließlich geht es auch um die Frage, was aus der Kampagne gelernt wird, um die nächste besser zu machen. Da kommen dann die Data Analysts ins Spiel, die wieder einen anderen Blickwinkel haben als Account oder Sales Manager. Hier kann KI viel helfen und den ganzen Prozess schneller und einfacher gestalten. Auch beim Thema Measurement wird KI noch viel bewegen. Denn die Werbewirkung kann mithilfe Künstlicher Intelligenz entlang des gesamten Funnels, über alle Kanäle erfasst und zusammengeführt werden.
Was sind die Pläne von Quantcast in den nächsten Monaten?
Sihlenik: Für uns gibt es drei Bereiche. Wir breiten unser Portfolio im gesamten Funnel aus, für jede Zielsetzung, in jedem Kanal – von Awareness-Kampagnen bis hin zu Retargeting-Maßnahmen. Da investieren wir sehr viel, denn das soll für alle sehr einfach sein. Das zweite ist die Cookieless-Ära. Wir haben hier bereits hunderte Kampagnen umgesetzt und mit jeder Kampagne generieren wir wertvolle Learnings, weshalb wir uns hier einen großen Vorsprung erarbeitet haben. Das dritte ist das Thema Measurement, da investieren wir ebenfalls sehr viel. Wir arbeiten daran, dass wir nicht nur jede Aktivität einzeln bewerten, sondern alles holistisch und das in Echtzeit. Künstliche Intelligenz wird uns dabei helfen.
Das Interview führt Helmut van Rinsum
Sara Sihelnik verantwortet als Country Director DACH die Geschäfte von Quantcast im deutschsprachigen Raum. Vor ihrem Wechsel in das Münchner Büro arbeitete die Belgierin in der Europazentrale des amerikanischen Technologieunternehmens in Dublin. Bevor Sara 2015 zu Quantcast wechselte, war sie in verschiedenen Funktionen bei Getty Images tätig. Sie hat einen Bachelor und Master in Geophysik von den Universitäten ETH Zürich, RTWH Aachen und TU Delft.
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