Start-up nexoya: KI optimiert Kampagnen

Interview

5 Minuten

15.06.2022

Helmut van Rinsum

Portrait von Marco Hochstrasser

Die Plattform nexoya analysiert täglich Millionen an Daten aus Social Media, Suchmaschinen, CRMs, aber auch vom Wetter und Wechselkursen. Mit Künstlicher Intelligenz werden auf dieser Basis Kampagnen optimiert – in Echtzeit. Marco Hochstrasser, CEO des Schweizer Start-ups (Foto), sagt: Marketing wird damit bis zu 30 Prozent effizienter. Anlass für ein ausführliches Interview.

Herr Hochstrasser, Sie sind mit Ihrem Start-up seit 2018 auf dem Markt. Anfangs haben Sie sich vor allem auf Kunden der Finanzbranche konzentriert. Besteht dieser Fokus immer noch?
Marco Hochstrasser: Insbesondere Versicherungen haben Schwierigkeiten, ihre komplexen Funnel im Onlinemarketing zu verwalten und zu optimieren. Denn diese Unternehmen haben lange Conversion-Strecken, zahlreiche digitale Kanäle und dadurch jede Menge Touchpoints mit ihren Zielgruppen. Das haben wir gleich zu Beginn realisiert. Versicherungen waren somit der ideale Startpunkt für unsere KI-basierte Lösung „nexoya Marketing Analytics“, die dabei hilft, die Werbe-Budgets in Multi-Channel-Kampagnen automatisiert zu optimieren. Für diese Kunden konnten wir sofort einen Mehrwert schaffen. Mit der Zeit haben wir weitere Branchen identifiziert, die vor ähnlichen Herausforderungen im Bereich Conversion und Lead-Optimierung stehen: Zum Beispiel Anbieter von SaaS-Produkten, Start-ups oder E-Commerce-Shops.
Ihr Unternehmen aggregiert Kennzahlen aus unterschiedlichen Kanälen, um damit Marketingkampagnen zu optimieren. Zunächst einmal: Welche Daten genau fließen in das Monitoring ein?
Hochstrasser: Unser Ziel war von Anfang an eine Technologie, die unseren Kunden für ihre datengetriebenen Entscheidungen eine statistische Datenbasis liefert. Mein Co-Founder Manuel Dietrich und ich hatten beide berufliche Erfahrungen im Bereich Informatik-Hosting und waren dadurch bereits für das Thema sensibilisiert. Cookies, Profiling und persönliches Tracking sind kein sinnvolles und datenschutzkonformes Mittel, um Marketingmaßnahmen auszuspielen. Bei Nexoya nutzen wir bei der Analyse der Marketing KPIs ausschließlich statistisch aggregierte Werte. Die Metriken basieren auf den Systemen des Kunden und sind vollständig unpersonalisiert. Dies können eigene Systeme sein, wie etwa SAP oder Hubspot, aber auch Publisher-Daten, die wir gezielt kombinieren, um die statistisch basierte Marketinganalyse daraus zu berechnen. Die Modelle von Nexoya sind derartig spezifisch programmiert, dass sie nur mit solchen Daten Vorhersagen und Optimierungen erarbeiten können. Das ist eine Methode, die vollumfänglich kompatibel ist mit der kommenden ePrivacy-Verordnung, da keine personalisierten Daten verwendet werden.
Wie viele Daten sind das in etwa?
Hochstrasser: Unsere Plattform liest täglich Millionen von tagesbasierten Datenpunkten ein, von der Anzahl der Verkäufe und Klicks bis hin zu Likes von jedem einzelnen Post. Aktuell können wir Daten aus 35 Integrationen berücksichtigen, angefangen bei den Medienplattformen wie Linkedin, Twitter, Facebook oder Pinterest über Suchmaschinen wie Microsoft Ads oder Google Ads bis hin zu Kundensystemen/CRMs oder exogenen Faktoren wie Wetterdaten oder Wechselkurse.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz bei den Analysen?
Hochstrasser: Aktuell haben wir sechs Milliarden Datensignale im System und es werden jeden Tag mehr… Für den Menschen oder konventionelle Algorithmen wäre es unmöglich, eine derartige Menge in so schneller Zeit zu verarbeiten und zu interpretieren. Hier kommt die KI ins Spiel: Unsere Plattform liest täglich vollautomatisch sämtliche Daten der bereits laufenden Marketing-Kampagnen ein und wertet diese aus. Im nächsten Schritt entsteht ein kundenspezifisches, individuelles KI-Modell auf Grundlage dieser historischen Daten und der Konfiguration, die für die Kampagne vorgenommen wurde – wie zum Beispiel das geplante Budget oder das gewählte Risikoniveau. Mithilfe dieses Modells kann der Algorithmus das zukünftige Ergebnis der verschiedenen Kampagnen und Anzeigen vorhersagen. Also zum Beispiel die zu erwartenden Conversions auf der Website, die Höhe des Tausend-Kontakt-Preises oder des Pay-per-Click für ganze Kampagnen und für jede einzelne Anzeige. Aus den prognostizierten Werten ermittelt die Künstliche Intelligenz schließlich die bestmögliche Verteilung des Werbebudgets auf alle Werbekampagnen, Ad-Sets oder Anzeigen, die einer bestimmten Multichannel-Kampagne zugeordnet sind. Und dies jede Woche – dadurch werden die Kampagnen im Monat bis zu 30 Prozent effizienter. 
Sie sprechen davon, dass damit die Marketing-Kosten um 30 Prozent gesenkt werden können. Gibt es typische Muster, wo diese Einsparungen erzielt werden?
Hochstrasser: Heute basieren fast alle Verlage und Plattformen auf dynamischen Preisstrukturen. Wenn Sie am Montag auf Google eine Werbung schalten, dann kostet diese ziemlich sicher mehr als am Samstag. Das hat damit zu tun, dass die Werbeplatzierung auf Basis einer Gebotsstruktur vergeben wird. Auch die Sommermonate bieten einen vergleichsweise niedrigen CPC. Die meisten Marketingexperten vergeben ihre Budgets aber immer noch fix nach Kanal, also zum Beispiel: 100.000 Euro in Facebook für das Jahr und 200.000 Euro in Microsoft Ads. Aber genau diese statische Methodik widerspricht der Marktdynamik. Und da holen wir extrem viel raus, denn die Marktpreise verändern sich täglich aufgrund der Konkurrenz oder der Kapazität. So hat alleine Bing/Microsoft Advertising seine Kapazitäten im deutschsprachigen Raum im letzten Jahr vervierfacht. Oder: Neue attraktive Kanäle kommen auf den Markt. In diesem Fall optimieren wir und verändern anschließend die Verteiling der Budgets automatisch. Spannende Einblicke in diese Thematik geben wir übrigens in unserem aktuellen Digital-Marketing-Trend-Report.
Sie wollen von der Prediction zur Prescription kommen. Was bedeutet das?
Hochstrasser: Prediction heißt „Vorhersage“. Wir sagen zum Beispiel voraus, welche Kampagne wie gut in den kommenden zwei Wochen laufen wird. Prescription bedeutet, dass wir gleich Vorschläge machen, was man tun kann. Ein Beispiel: Wir sehen, dass Pinterest aktuell sehr attraktiv ist. Daher schlägt unsere Plattform den Nutzerinnen und Nutzern vor, für die nächsten zwei Wochen zehn Prozent des Werbebudgets dort hinzubewegen. Mit einem Klick kann die Marketingexpertin oder der Marketingexperte die Vorschläge direkt umsetzen lassen und die Budgets werden automatisch von Nexoya angepasst.
Werden wir schon bald Kampagnen umsetzen, die über KI entwickelt, ausgesteuert und optimiert werden?
Hochstrasser: Absolut, das geschieht sogar schon. Die Erstellung der Kampagnen birgt noch viele Herausforderungen, insbesondere die kreativen Aspekte. Hingegen sind wir bei der Aussteuerung und Optimierung bereits dort: Wir optimieren schon heute für Dutzende von Kunden das gesamte Werbebudget über etliche Kanäle. Vollständig transparent, datengetrieben, damit der Konkurrenz einen Schritt voraus und zudem noch automatisiert.
Welche Kanäle wurden in den vergangenen Monaten zur Analyse von Marketingkampagnen wichtiger?
Hochstrasser: Dies hängt stark vom Produkt und von der Branche ab. Zum einen sehen wir insbesondere im B2B-Bereich, dass LinkedIn immer stärker wird. In den Suchbereichen nimmt Microsoft Ads an Fahrt auf und ermöglicht spannende Cost-per-Conversions. Im Bereich Awareness/Consideration, also meistens in den Social-Media-Kanälen, ist es wie immer ein Mix. Wobei Pinterest und TikTok im deutschsprachigen Raum sicher stark wachsen. Nicht vergessen sollte man dabei sogenannte „Premium Publishers“, also bekannte Verlage, die digitaler und automatisierter werden, zum Beispiel mit dynamischen Preisen und proaktiven Werbeportalen.
Sie erfassen ausschließlich nicht personalisierte Daten. Kommt Ihrem Geschäftsmodell damit das Ende der 3d Party Cookies entgegen?
Hochstrasser: Es ist ein Dafür und ein Dawider. Wir haben einerseits weniger genaue Conversion-Werte, insbesondere von Kanälen, die den Verkauf zwar assistieren, aber ihn nicht abschließen, Beispiel View-trough-Conversions. Andererseits haben wir hier einen USP, da wir anders als die meisten unserer Wettbewerber von Anfang an mit nicht-personalisierten Daten gearbeitet haben und auch keine Pixel verwenden.
Nexoya hat kürzlich ein Büro in Berlin eröffnet. Welche Pläne haben Sie für den deutschen Markt?
Hochstrasser: In Deutschland sind DSGVO, TTDSG und ePrivacy stärker ein Thema als in der Schweiz, insbesondere politisch und damit auch in den Firmen. Deutsche Unternehmen achten sehr stark auf die Einhaltung der aktuellen und kommenden Datenschutzgesetze. Und hier haben wir natürlich sehr spannende Argumente für unsere Lösung. Wir bringen Erfahrungen aus der Finanz- und Versicherungswelt mit. Dadurch haben wir aus meiner Sicht die besten Voraussetzungen, deutschen Marketingexpertinnen und -experten dabei zu helfen, das Beste für ihr Marketing herauszuholen und dabei gleichzeitig Transparenz zu gewinnen.
Marco Hochstrasser ist CEO des Marketing-Analytics Start-ups Nexoya, das er 2018 gemeinsam mit Manuel Dietrich in Zürich gegründet hat. Davor war er bei Swisscom im Bereich der Cloud-Software-Entwicklung tätig, wo er eine Abteilung für Software und Produktentwicklung leitete und unter anderem in den USA Mitglied des Vorstands der Cloud Foundry Foundation war. 

Start-up nexoya: KI optimiert Kampagnen

Interview

5 Minuten

15.06.2022

Helmut van Rinsum

Portrait von Marco Hochstrasser

Die Plattform nexoya analysiert täglich Millionen an Daten aus Social Media, Suchmaschinen, CRMs, aber auch vom Wetter und Wechselkursen. Mit Künstlicher Intelligenz werden auf dieser Basis Kampagnen optimiert – in Echtzeit. Marco Hochstrasser, CEO des Schweizer Start-ups (Foto), sagt: Marketing wird damit bis zu 30 Prozent effizienter. Anlass für ein ausführliches Interview.

Herr Hochstrasser, Sie sind mit Ihrem Start-up seit 2018 auf dem Markt. Anfangs haben Sie sich vor allem auf Kunden der Finanzbranche konzentriert. Besteht dieser Fokus immer noch?
Marco Hochstrasser: Insbesondere Versicherungen haben Schwierigkeiten, ihre komplexen Funnel im Onlinemarketing zu verwalten und zu optimieren. Denn diese Unternehmen haben lange Conversion-Strecken, zahlreiche digitale Kanäle und dadurch jede Menge Touchpoints mit ihren Zielgruppen. Das haben wir gleich zu Beginn realisiert. Versicherungen waren somit der ideale Startpunkt für unsere KI-basierte Lösung „nexoya Marketing Analytics“, die dabei hilft, die Werbe-Budgets in Multi-Channel-Kampagnen automatisiert zu optimieren. Für diese Kunden konnten wir sofort einen Mehrwert schaffen. Mit der Zeit haben wir weitere Branchen identifiziert, die vor ähnlichen Herausforderungen im Bereich Conversion und Lead-Optimierung stehen: Zum Beispiel Anbieter von SaaS-Produkten, Start-ups oder E-Commerce-Shops.
Ihr Unternehmen aggregiert Kennzahlen aus unterschiedlichen Kanälen, um damit Marketingkampagnen zu optimieren. Zunächst einmal: Welche Daten genau fließen in das Monitoring ein?
Hochstrasser: Unser Ziel war von Anfang an eine Technologie, die unseren Kunden für ihre datengetriebenen Entscheidungen eine statistische Datenbasis liefert. Mein Co-Founder Manuel Dietrich und ich hatten beide berufliche Erfahrungen im Bereich Informatik-Hosting und waren dadurch bereits für das Thema sensibilisiert. Cookies, Profiling und persönliches Tracking sind kein sinnvolles und datenschutzkonformes Mittel, um Marketingmaßnahmen auszuspielen. Bei Nexoya nutzen wir bei der Analyse der Marketing KPIs ausschließlich statistisch aggregierte Werte. Die Metriken basieren auf den Systemen des Kunden und sind vollständig unpersonalisiert. Dies können eigene Systeme sein, wie etwa SAP oder Hubspot, aber auch Publisher-Daten, die wir gezielt kombinieren, um die statistisch basierte Marketinganalyse daraus zu berechnen. Die Modelle von Nexoya sind derartig spezifisch programmiert, dass sie nur mit solchen Daten Vorhersagen und Optimierungen erarbeiten können. Das ist eine Methode, die vollumfänglich kompatibel ist mit der kommenden ePrivacy-Verordnung, da keine personalisierten Daten verwendet werden.
Wie viele Daten sind das in etwa?
Hochstrasser: Unsere Plattform liest täglich Millionen von tagesbasierten Datenpunkten ein, von der Anzahl der Verkäufe und Klicks bis hin zu Likes von jedem einzelnen Post. Aktuell können wir Daten aus 35 Integrationen berücksichtigen, angefangen bei den Medienplattformen wie Linkedin, Twitter, Facebook oder Pinterest über Suchmaschinen wie Microsoft Ads oder Google Ads bis hin zu Kundensystemen/CRMs oder exogenen Faktoren wie Wetterdaten oder Wechselkurse.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz bei den Analysen?
Hochstrasser: Aktuell haben wir sechs Milliarden Datensignale im System und es werden jeden Tag mehr… Für den Menschen oder konventionelle Algorithmen wäre es unmöglich, eine derartige Menge in so schneller Zeit zu verarbeiten und zu interpretieren. Hier kommt die KI ins Spiel: Unsere Plattform liest täglich vollautomatisch sämtliche Daten der bereits laufenden Marketing-Kampagnen ein und wertet diese aus. Im nächsten Schritt entsteht ein kundenspezifisches, individuelles KI-Modell auf Grundlage dieser historischen Daten und der Konfiguration, die für die Kampagne vorgenommen wurde – wie zum Beispiel das geplante Budget oder das gewählte Risikoniveau. Mithilfe dieses Modells kann der Algorithmus das zukünftige Ergebnis der verschiedenen Kampagnen und Anzeigen vorhersagen. Also zum Beispiel die zu erwartenden Conversions auf der Website, die Höhe des Tausend-Kontakt-Preises oder des Pay-per-Click für ganze Kampagnen und für jede einzelne Anzeige. Aus den prognostizierten Werten ermittelt die Künstliche Intelligenz schließlich die bestmögliche Verteilung des Werbebudgets auf alle Werbekampagnen, Ad-Sets oder Anzeigen, die einer bestimmten Multichannel-Kampagne zugeordnet sind. Und dies jede Woche – dadurch werden die Kampagnen im Monat bis zu 30 Prozent effizienter. 
Sie sprechen davon, dass damit die Marketing-Kosten um 30 Prozent gesenkt werden können. Gibt es typische Muster, wo diese Einsparungen erzielt werden?
Hochstrasser: Heute basieren fast alle Verlage und Plattformen auf dynamischen Preisstrukturen. Wenn Sie am Montag auf Google eine Werbung schalten, dann kostet diese ziemlich sicher mehr als am Samstag. Das hat damit zu tun, dass die Werbeplatzierung auf Basis einer Gebotsstruktur vergeben wird. Auch die Sommermonate bieten einen vergleichsweise niedrigen CPC. Die meisten Marketingexperten vergeben ihre Budgets aber immer noch fix nach Kanal, also zum Beispiel: 100.000 Euro in Facebook für das Jahr und 200.000 Euro in Microsoft Ads. Aber genau diese statische Methodik widerspricht der Marktdynamik. Und da holen wir extrem viel raus, denn die Marktpreise verändern sich täglich aufgrund der Konkurrenz oder der Kapazität. So hat alleine Bing/Microsoft Advertising seine Kapazitäten im deutschsprachigen Raum im letzten Jahr vervierfacht. Oder: Neue attraktive Kanäle kommen auf den Markt. In diesem Fall optimieren wir und verändern anschließend die Verteiling der Budgets automatisch. Spannende Einblicke in diese Thematik geben wir übrigens in unserem aktuellen Digital-Marketing-Trend-Report.
Sie wollen von der Prediction zur Prescription kommen. Was bedeutet das?
Hochstrasser: Prediction heißt „Vorhersage“. Wir sagen zum Beispiel voraus, welche Kampagne wie gut in den kommenden zwei Wochen laufen wird. Prescription bedeutet, dass wir gleich Vorschläge machen, was man tun kann. Ein Beispiel: Wir sehen, dass Pinterest aktuell sehr attraktiv ist. Daher schlägt unsere Plattform den Nutzerinnen und Nutzern vor, für die nächsten zwei Wochen zehn Prozent des Werbebudgets dort hinzubewegen. Mit einem Klick kann die Marketingexpertin oder der Marketingexperte die Vorschläge direkt umsetzen lassen und die Budgets werden automatisch von Nexoya angepasst.
Werden wir schon bald Kampagnen umsetzen, die über KI entwickelt, ausgesteuert und optimiert werden?
Hochstrasser: Absolut, das geschieht sogar schon. Die Erstellung der Kampagnen birgt noch viele Herausforderungen, insbesondere die kreativen Aspekte. Hingegen sind wir bei der Aussteuerung und Optimierung bereits dort: Wir optimieren schon heute für Dutzende von Kunden das gesamte Werbebudget über etliche Kanäle. Vollständig transparent, datengetrieben, damit der Konkurrenz einen Schritt voraus und zudem noch automatisiert.
Welche Kanäle wurden in den vergangenen Monaten zur Analyse von Marketingkampagnen wichtiger?
Hochstrasser: Dies hängt stark vom Produkt und von der Branche ab. Zum einen sehen wir insbesondere im B2B-Bereich, dass LinkedIn immer stärker wird. In den Suchbereichen nimmt Microsoft Ads an Fahrt auf und ermöglicht spannende Cost-per-Conversions. Im Bereich Awareness/Consideration, also meistens in den Social-Media-Kanälen, ist es wie immer ein Mix. Wobei Pinterest und TikTok im deutschsprachigen Raum sicher stark wachsen. Nicht vergessen sollte man dabei sogenannte „Premium Publishers“, also bekannte Verlage, die digitaler und automatisierter werden, zum Beispiel mit dynamischen Preisen und proaktiven Werbeportalen.
Sie erfassen ausschließlich nicht personalisierte Daten. Kommt Ihrem Geschäftsmodell damit das Ende der 3d Party Cookies entgegen?
Hochstrasser: Es ist ein Dafür und ein Dawider. Wir haben einerseits weniger genaue Conversion-Werte, insbesondere von Kanälen, die den Verkauf zwar assistieren, aber ihn nicht abschließen, Beispiel View-trough-Conversions. Andererseits haben wir hier einen USP, da wir anders als die meisten unserer Wettbewerber von Anfang an mit nicht-personalisierten Daten gearbeitet haben und auch keine Pixel verwenden.
Nexoya hat kürzlich ein Büro in Berlin eröffnet. Welche Pläne haben Sie für den deutschen Markt?
Hochstrasser: In Deutschland sind DSGVO, TTDSG und ePrivacy stärker ein Thema als in der Schweiz, insbesondere politisch und damit auch in den Firmen. Deutsche Unternehmen achten sehr stark auf die Einhaltung der aktuellen und kommenden Datenschutzgesetze. Und hier haben wir natürlich sehr spannende Argumente für unsere Lösung. Wir bringen Erfahrungen aus der Finanz- und Versicherungswelt mit. Dadurch haben wir aus meiner Sicht die besten Voraussetzungen, deutschen Marketingexpertinnen und -experten dabei zu helfen, das Beste für ihr Marketing herauszuholen und dabei gleichzeitig Transparenz zu gewinnen.
Marco Hochstrasser ist CEO des Marketing-Analytics Start-ups Nexoya, das er 2018 gemeinsam mit Manuel Dietrich in Zürich gegründet hat. Davor war er bei Swisscom im Bereich der Cloud-Software-Entwicklung tätig, wo er eine Abteilung für Software und Produktentwicklung leitete und unter anderem in den USA Mitglied des Vorstands der Cloud Foundry Foundation war. 

Start-up nexoya: KI optimiert Kampagnen

Interview

5 Minuten

15.06.2022

Helmut van Rinsum

Portrait von Marco Hochstrasser

Die Plattform nexoya analysiert täglich Millionen an Daten aus Social Media, Suchmaschinen, CRMs, aber auch vom Wetter und Wechselkursen. Mit Künstlicher Intelligenz werden auf dieser Basis Kampagnen optimiert – in Echtzeit. Marco Hochstrasser, CEO des Schweizer Start-ups (Foto), sagt: Marketing wird damit bis zu 30 Prozent effizienter. Anlass für ein ausführliches Interview.

Herr Hochstrasser, Sie sind mit Ihrem Start-up seit 2018 auf dem Markt. Anfangs haben Sie sich vor allem auf Kunden der Finanzbranche konzentriert. Besteht dieser Fokus immer noch?
Marco Hochstrasser: Insbesondere Versicherungen haben Schwierigkeiten, ihre komplexen Funnel im Onlinemarketing zu verwalten und zu optimieren. Denn diese Unternehmen haben lange Conversion-Strecken, zahlreiche digitale Kanäle und dadurch jede Menge Touchpoints mit ihren Zielgruppen. Das haben wir gleich zu Beginn realisiert. Versicherungen waren somit der ideale Startpunkt für unsere KI-basierte Lösung „nexoya Marketing Analytics“, die dabei hilft, die Werbe-Budgets in Multi-Channel-Kampagnen automatisiert zu optimieren. Für diese Kunden konnten wir sofort einen Mehrwert schaffen. Mit der Zeit haben wir weitere Branchen identifiziert, die vor ähnlichen Herausforderungen im Bereich Conversion und Lead-Optimierung stehen: Zum Beispiel Anbieter von SaaS-Produkten, Start-ups oder E-Commerce-Shops.
Ihr Unternehmen aggregiert Kennzahlen aus unterschiedlichen Kanälen, um damit Marketingkampagnen zu optimieren. Zunächst einmal: Welche Daten genau fließen in das Monitoring ein?
Hochstrasser: Unser Ziel war von Anfang an eine Technologie, die unseren Kunden für ihre datengetriebenen Entscheidungen eine statistische Datenbasis liefert. Mein Co-Founder Manuel Dietrich und ich hatten beide berufliche Erfahrungen im Bereich Informatik-Hosting und waren dadurch bereits für das Thema sensibilisiert. Cookies, Profiling und persönliches Tracking sind kein sinnvolles und datenschutzkonformes Mittel, um Marketingmaßnahmen auszuspielen. Bei Nexoya nutzen wir bei der Analyse der Marketing KPIs ausschließlich statistisch aggregierte Werte. Die Metriken basieren auf den Systemen des Kunden und sind vollständig unpersonalisiert. Dies können eigene Systeme sein, wie etwa SAP oder Hubspot, aber auch Publisher-Daten, die wir gezielt kombinieren, um die statistisch basierte Marketinganalyse daraus zu berechnen. Die Modelle von Nexoya sind derartig spezifisch programmiert, dass sie nur mit solchen Daten Vorhersagen und Optimierungen erarbeiten können. Das ist eine Methode, die vollumfänglich kompatibel ist mit der kommenden ePrivacy-Verordnung, da keine personalisierten Daten verwendet werden.
Wie viele Daten sind das in etwa?
Hochstrasser: Unsere Plattform liest täglich Millionen von tagesbasierten Datenpunkten ein, von der Anzahl der Verkäufe und Klicks bis hin zu Likes von jedem einzelnen Post. Aktuell können wir Daten aus 35 Integrationen berücksichtigen, angefangen bei den Medienplattformen wie Linkedin, Twitter, Facebook oder Pinterest über Suchmaschinen wie Microsoft Ads oder Google Ads bis hin zu Kundensystemen/CRMs oder exogenen Faktoren wie Wetterdaten oder Wechselkurse.
Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz bei den Analysen?
Hochstrasser: Aktuell haben wir sechs Milliarden Datensignale im System und es werden jeden Tag mehr… Für den Menschen oder konventionelle Algorithmen wäre es unmöglich, eine derartige Menge in so schneller Zeit zu verarbeiten und zu interpretieren. Hier kommt die KI ins Spiel: Unsere Plattform liest täglich vollautomatisch sämtliche Daten der bereits laufenden Marketing-Kampagnen ein und wertet diese aus. Im nächsten Schritt entsteht ein kundenspezifisches, individuelles KI-Modell auf Grundlage dieser historischen Daten und der Konfiguration, die für die Kampagne vorgenommen wurde – wie zum Beispiel das geplante Budget oder das gewählte Risikoniveau. Mithilfe dieses Modells kann der Algorithmus das zukünftige Ergebnis der verschiedenen Kampagnen und Anzeigen vorhersagen. Also zum Beispiel die zu erwartenden Conversions auf der Website, die Höhe des Tausend-Kontakt-Preises oder des Pay-per-Click für ganze Kampagnen und für jede einzelne Anzeige. Aus den prognostizierten Werten ermittelt die Künstliche Intelligenz schließlich die bestmögliche Verteilung des Werbebudgets auf alle Werbekampagnen, Ad-Sets oder Anzeigen, die einer bestimmten Multichannel-Kampagne zugeordnet sind. Und dies jede Woche – dadurch werden die Kampagnen im Monat bis zu 30 Prozent effizienter. 
Sie sprechen davon, dass damit die Marketing-Kosten um 30 Prozent gesenkt werden können. Gibt es typische Muster, wo diese Einsparungen erzielt werden?
Hochstrasser: Heute basieren fast alle Verlage und Plattformen auf dynamischen Preisstrukturen. Wenn Sie am Montag auf Google eine Werbung schalten, dann kostet diese ziemlich sicher mehr als am Samstag. Das hat damit zu tun, dass die Werbeplatzierung auf Basis einer Gebotsstruktur vergeben wird. Auch die Sommermonate bieten einen vergleichsweise niedrigen CPC. Die meisten Marketingexperten vergeben ihre Budgets aber immer noch fix nach Kanal, also zum Beispiel: 100.000 Euro in Facebook für das Jahr und 200.000 Euro in Microsoft Ads. Aber genau diese statische Methodik widerspricht der Marktdynamik. Und da holen wir extrem viel raus, denn die Marktpreise verändern sich täglich aufgrund der Konkurrenz oder der Kapazität. So hat alleine Bing/Microsoft Advertising seine Kapazitäten im deutschsprachigen Raum im letzten Jahr vervierfacht. Oder: Neue attraktive Kanäle kommen auf den Markt. In diesem Fall optimieren wir und verändern anschließend die Verteiling der Budgets automatisch. Spannende Einblicke in diese Thematik geben wir übrigens in unserem aktuellen Digital-Marketing-Trend-Report.
Sie wollen von der Prediction zur Prescription kommen. Was bedeutet das?
Hochstrasser: Prediction heißt „Vorhersage“. Wir sagen zum Beispiel voraus, welche Kampagne wie gut in den kommenden zwei Wochen laufen wird. Prescription bedeutet, dass wir gleich Vorschläge machen, was man tun kann. Ein Beispiel: Wir sehen, dass Pinterest aktuell sehr attraktiv ist. Daher schlägt unsere Plattform den Nutzerinnen und Nutzern vor, für die nächsten zwei Wochen zehn Prozent des Werbebudgets dort hinzubewegen. Mit einem Klick kann die Marketingexpertin oder der Marketingexperte die Vorschläge direkt umsetzen lassen und die Budgets werden automatisch von Nexoya angepasst.
Werden wir schon bald Kampagnen umsetzen, die über KI entwickelt, ausgesteuert und optimiert werden?
Hochstrasser: Absolut, das geschieht sogar schon. Die Erstellung der Kampagnen birgt noch viele Herausforderungen, insbesondere die kreativen Aspekte. Hingegen sind wir bei der Aussteuerung und Optimierung bereits dort: Wir optimieren schon heute für Dutzende von Kunden das gesamte Werbebudget über etliche Kanäle. Vollständig transparent, datengetrieben, damit der Konkurrenz einen Schritt voraus und zudem noch automatisiert.
Welche Kanäle wurden in den vergangenen Monaten zur Analyse von Marketingkampagnen wichtiger?
Hochstrasser: Dies hängt stark vom Produkt und von der Branche ab. Zum einen sehen wir insbesondere im B2B-Bereich, dass LinkedIn immer stärker wird. In den Suchbereichen nimmt Microsoft Ads an Fahrt auf und ermöglicht spannende Cost-per-Conversions. Im Bereich Awareness/Consideration, also meistens in den Social-Media-Kanälen, ist es wie immer ein Mix. Wobei Pinterest und TikTok im deutschsprachigen Raum sicher stark wachsen. Nicht vergessen sollte man dabei sogenannte „Premium Publishers“, also bekannte Verlage, die digitaler und automatisierter werden, zum Beispiel mit dynamischen Preisen und proaktiven Werbeportalen.
Sie erfassen ausschließlich nicht personalisierte Daten. Kommt Ihrem Geschäftsmodell damit das Ende der 3d Party Cookies entgegen?
Hochstrasser: Es ist ein Dafür und ein Dawider. Wir haben einerseits weniger genaue Conversion-Werte, insbesondere von Kanälen, die den Verkauf zwar assistieren, aber ihn nicht abschließen, Beispiel View-trough-Conversions. Andererseits haben wir hier einen USP, da wir anders als die meisten unserer Wettbewerber von Anfang an mit nicht-personalisierten Daten gearbeitet haben und auch keine Pixel verwenden.
Nexoya hat kürzlich ein Büro in Berlin eröffnet. Welche Pläne haben Sie für den deutschen Markt?
Hochstrasser: In Deutschland sind DSGVO, TTDSG und ePrivacy stärker ein Thema als in der Schweiz, insbesondere politisch und damit auch in den Firmen. Deutsche Unternehmen achten sehr stark auf die Einhaltung der aktuellen und kommenden Datenschutzgesetze. Und hier haben wir natürlich sehr spannende Argumente für unsere Lösung. Wir bringen Erfahrungen aus der Finanz- und Versicherungswelt mit. Dadurch haben wir aus meiner Sicht die besten Voraussetzungen, deutschen Marketingexpertinnen und -experten dabei zu helfen, das Beste für ihr Marketing herauszuholen und dabei gleichzeitig Transparenz zu gewinnen.
Marco Hochstrasser ist CEO des Marketing-Analytics Start-ups Nexoya, das er 2018 gemeinsam mit Manuel Dietrich in Zürich gegründet hat. Davor war er bei Swisscom im Bereich der Cloud-Software-Entwicklung tätig, wo er eine Abteilung für Software und Produktentwicklung leitete und unter anderem in den USA Mitglied des Vorstands der Cloud Foundry Foundation war. 

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