Manisha Powar: „CX kommt endlich dort an, wo wir immer hin wollten“

Interview

9 Minuten

08.08.2024

Foto von Manisha Powar, Qualtrics

KI kann entscheidend sein, wenn das Kundenfeedback in einem automatisierten Prozess wirklich verstanden werden soll. Denn viel wird zwischen den Zeilen verraten und von den Usern so nicht direkt kommuniziert. Im Gespräch erklärt Manisha Powar, Lead CX Product Management bei Qualtrics, wie der Einsatz von generativer KI das Feedback genau analysieren und so zu einem persönlichen Kundendialog führen kann.

Qualtrics ist einer der führenden Anbieter im Customer Experience Management. Welche Rolle spielt dabei Künstliche Intelligenz und seit wann wird sie bei Qualtrics eingesetzt?

Manisha Powar: Künstliche Intelligenz ist bei Qualtrics nicht neu. Wir arbeiten seit etwa 2015 an KI-basierten Anwendungen. Wir haben mit Natural Language Processing (NLP) und Text Analytics begonnen. Dann haben wir unser CX-Produkt gestartet. Um das Jahr 2020 haben wir Clarabridge erworben, das führend in der Textanalyse und Omnichannel-Analytik auf Basis von NLP war. Im vergangenen Jahr hat Generative KI einen großen Aufschwung erlebt, weshalb wir nun stark in diese Technologie investieren. Ich würde also sagen, die KI-Reise für Qualtrics dauert nun schon fast zehn Jahre. Und Generative KI ist der nächste Schritt in dieser Reise.

Wo unterstützt heute bereits KI die Customer Experience?

Powar: Es gibt zwei wichtige Bereiche, wo KI im CX eine Rolle spielt. Einmal auf der Ebene des Verstehens und der Analyse. Denn das Feedback der Kunden ist nicht immer eine Vier-Sterne-Bewertung, es ist nicht immer nur numerisch. Es gibt auch viele subjektive Informationen, die Sie mit dem Kundenfeedback erhalten. Es gibt in Umfragen offene Fragen wie: „Gibt es noch etwas, das Sie uns mitteilen möchten?“ Und die Leute tippen unterschiedlichste Sätze ein. Und dann gibt es Feedback, ohne dass Sie danach gefragt hätten. Die Menschen geben zum Beispiel Bewertungen auf der Website Ihres Geschäfts ab oder Feedback bei Gesprächen mit dem Callcenter. Sie sagen beispielsweise: „Ich habe versucht, auf Ihre Website zu gehen, ich konnte dort aber nicht finden, was ich gesucht habe. Dann habe ich versucht, Ihre App zu benutzen, aber sie hat ebenfalls nicht funktioniert, deshalb rufe ich jetzt an.“ Das ist ebenfalls Feedback.

Das bedeutet: Wenn man CX als ganzheitlichen Feedback-Ansatz betrachtet, geht das eigentlich nur mit KI?

Powar: KI spielt eine entscheidende Rolle, um das gesamte Feedback zu verstehen. Die Fortschritte im Bereich der Generativen KI werden uns dabei helfen, darauf personalisiert einzugehen. Ein Beispiel: Jemand hat für ein lokales Geschäft eine Bewertung auf einer Website oder auf Social Media hinterlassen. Bislang musste der Geschäftsführer dieses Feedback lesen, verstehen, was der Kunde wollte, darüber nachdenken und dann einige Minuten damit verbringen, eine nette Antwort zu verfassen. Wir wissen, dass jeder so einen personalisierten Service bieten möchte, aber dazu die Zeit fehlt. Man muss sein Geschäft führen, Mitarbeiter betreuen, das Backoffice managen, den Lagerbestand verwalten und viele andere Jobs erledigen. Aber Generative KI wird helfen, hier zu entlasten. Sie kann einen personalisierten Service bieten, ohne dass wir selbst alle diese Zeit aufwenden müssen. Deshalb investiert Qualtrics in generative KI-basierte Antworten. Das sind Textvorschläge, in denen man nur noch einzelne Wörter verändern muss. Damit nehmen wir unseren Kunden viel Arbeit ab und sparen ihnen Zeit. Wir müssen also CX als ganzheitlichen Ansatz sehen und nicht nur auf Umfragen eingrenzen.

Die KI versteht, dass es um Filme geht

Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang die Qualität der Daten?

Powar: Wenn Sie zum Beispiel nur drei Antworten auf eine Umfrage erhalten und zwei sagen, dass Sie was besser machen müssen: Was würden Sie mit diesem Feedback anfangen? Ich würde also sagen, dass sowohl die Qualität als auch die Quantität der Daten eine Rolle spielen. Deshalb investieren wir in diesem Bereich und versuchen die Kunden zu animieren, mehr zu erzählen. Nehmen wir an, es gibt die Umfrage einer Airline und eine Antwort war: „Ich wünschte, die Filme wären besser.“ Unsere KI wird jetzt verstehen, dass es um Filme geht und wird eine Folgefrage stellen, die etwa so aussieht: „Sie hätten sich also bessere Filme gewünscht. Gibt es ein bestimmtes Genre oder eine bestimmte Art von Film, die Ihnen gefehlt hat?“ Damit erhalten wir deutlich mehr qualitative Daten.

In Deutschland ist Datenschutz immer ein großes Thema. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Integrität und Sicherheit der Kundendaten zu gewährleisten?

Powar: Qualtrics nimmt den Umgang mit Kundendaten sehr ernst. Wir haben die Zertifizierung von HITRUST, sichern die Daten mit FedRamp und sind GDPR-konform. Unsere Machine Learning Modelle werden ausschließlich auf anonymisierten und aggregierten Daten trainiert, die nicht spezifisch für einen Kunden sind. Wir haben Governance-Teams, die regelmäßig unsere Modelle überprüfen, um sicherzustellen, dass sie fair sind, keine Verzerrungen aufweisen und nicht halluzinieren. Wir haben bei Qualtrics zahlreiche Tools implementiert, damit die Kundendaten geschützt und der Umgang mit den Daten allen Anforderungen des Datenschutzes entspricht. Wir sehen uns jetzt auch den EU AI Act ganz genau an, um allen Anforderzungen gerecht zu werden. Wir arbeiten mit Regierungen auf der ganzen Welt zusammen, nicht nur in der EU, um sicherzustellen, dass wir mit den Regeln und Vorschriften der einzelnen Länder konform sind.

Welche Rolle spielen Partnerschaften und Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Institutionen im Bereich der KI?

Powar: Die größten Partnerschaften und Kooperationen bestehen auf der Ebene der Foundation Models. Heute arbeitet Qualtrics an seinem eigenen Foundation Model, aber bislang nutzen wir die Modelle von OpenAI, Amazon, Microsoft und Google. Wir bewerten jedes dieser Modelle. Einige davon hosten wir selbst, weil wir nicht wollen, dass die Daten herausgegeben werden. Einige von ihnen greifen auf OpenAI-Systeme zu, aber die Daten, die an unsere KI-Drittanbieter weitergegeben werden, werden weder zu Trainingszwecken noch für einen bestimmten Zeitraum gespeichert. Sie nutzen also nicht die Daten von Qualtrics oder Daten, die Qualtrics sendet, um ihre Sprachmodelle zu trainieren.

KI wird jedes Jahr zehnmal billiger

Welche Trends und Entwicklungen in der KI und im CX erwarten Sie in den nächsten fünf Jahren?

Powar: Das ist ein weiter Horizont, eine lange Zeitspanne…

Einigen wir uns auf drei Jahre…

Powar: Wenn Ihnen vor anderthalb Jahren jemand gesagt hätte, was generative KI heute kann, hätten Sie das nicht geglaubt oder? Auch auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole: Die Möglichkeiten der Personalisierung werden endlich Realität. Bislang war es eher schwierig, wirklich personalisierte Erlebnisse zu schaffen. Wir hatten einfach nicht genug menschliche und maschinelle Power, um diese personalisierten Erlebnisse zu kreieren. Mit KI, besonders mit Generativer KI, ergeben sich für unsere Kunden nun ganz neue Perspektiven. Ich bin da persönlich ganz begeistert. CX kommt endlich dort an, wo wir immer hinkommen wollten.

Ist Personalisierung nur etwas für große Unternehmen oder auch für kleinere?

Powar: Ich denke, das ist das Schöne an KI. In der Vergangenheit konnten es sich nur große Organisationen leisten, in Technologien oder Lösungen zu investieren, die ihnen ein gewisses Maß an Personalisierung verschafft haben. Aber in einer Welt, in der Generative KI und Machine Learning die Dinge viel einfacher und effizienter machen, sind die Kosten so günstig, dass sie dem Mooreschen Gesetz trotzen. Ich denke, es wird jedes Jahr zehnmal billiger. Das bedeutet: Sogar ein kleines Geschäft oder ein kleines Familienunternehmen kann jetzt in der Lage sein kann, eine KI-basierte Personalisierung umzusetzen. KI wird die Personalisierung demokratisieren.

Manisha, gibt es aktuelle Forschungsprojekte oder innovative Ansätze, an denen Sie gerade arbeiten?

Powar: Wir arbeiten immer mit verschiedenen Organisationen zusammen, um mehr über Machine Learning und Generative KI zu verstehen. Es gibt ein paar Ansätze, die wir relativ neu nutzen. Zum Beispiel wird die RAG-Methodologie in einigen unserer semantischen Suchfunktionen eingesetzt. Nicht im CX-Produkt, sondern in unserem eigenen Forschungsprojekt. In unserem Research Hub kumulieren wir sämtliche Forschungsergebnisse, die wir für uns mit KI und ML zugänglich machen. Wir könnten beispielsweise eine Frage stellen wie: Gibt es Erkenntnisse, welche Farbe Frauen im  Alter zwischen 30 bis 34 bei T-Shirts bevorzugen? Und wir würden eine Antwort erhalten. Daten und Informationen werden also für die gesamte Organisation gehostet und zugänglich gemacht. In solche Projekte investieren wir.

Vielleicht ist GenAI in sechs Monaten völlig anders

Was sind die größten Herausforderungen für Sie in diesen Zeiten bei Qualtrics?

Powar: Ich würde sagen, es gibt zwei Herausforderungen, durch die wir uns als Unternehmen arbeiten müssen. Die erste ist, dass sich die Technologie ständig weiterentwickelt und ändert. Wir wissen nicht, ob Generative KI in sechs Monaten völlig anders ist. Wie schaffen wir also Produkte, die mit den massiven Änderungen Schritt halten können? Es geht also darum, das Momentum zu nutzen, aber gleichzeitig eine Stabilität zu bewahren. Ich würde sagen, das ist eine Herausforderung, der sich nicht nur Qualtrics, sondern die meisten Unternehmen stellen müssen, die sich mit KI verändern wollen.

Und die zweite?

Powar: Die zweite große Herausforderung ist, dass die Regeln und Vorschriften für KI erst noch in der Entwicklung sind. Was also vor sechs Monaten in Ordnung war, könnte heute bereits nicht mehr richtig sein, wenn sich die Vorschriften oder Gesetze entsprechend ändern. Mit diesen Vorschriften Schritt zu halten und in der Produktentwicklung agil zu bleiben, ist eine weitere große Herausforderung. Auch der müssen sich nicht nur Qualtrics stellen, sondern alle KI-gesteuerten Unternehmen.

Interview: Helmut van Rinsum

Manisha Powar leitet das Produktmanagement-Team für die Qualtrics Customer Experience-Produktreihe. Sie kam vor mehr als fünf Jahren von Meta zu Qualtrics und war zuvor 16 Jahre lang bei Microsoft in verschiedenen Positionen im Bereich Softwareentwicklung und Produktmanagement tätig. Sie lebt in Seattle, USA.

 

Manisha Powar: „CX kommt endlich dort an, wo wir immer hin wollten“

Interview

9 Minuten

08.08.2024

Foto von Manisha Powar, Qualtrics

KI kann entscheidend sein, wenn das Kundenfeedback in einem automatisierten Prozess wirklich verstanden werden soll. Denn viel wird zwischen den Zeilen verraten und von den Usern so nicht direkt kommuniziert. Im Gespräch erklärt Manisha Powar, Lead CX Product Management bei Qualtrics, wie der Einsatz von generativer KI das Feedback genau analysieren und so zu einem persönlichen Kundendialog führen kann.

Qualtrics ist einer der führenden Anbieter im Customer Experience Management. Welche Rolle spielt dabei Künstliche Intelligenz und seit wann wird sie bei Qualtrics eingesetzt?

Manisha Powar: Künstliche Intelligenz ist bei Qualtrics nicht neu. Wir arbeiten seit etwa 2015 an KI-basierten Anwendungen. Wir haben mit Natural Language Processing (NLP) und Text Analytics begonnen. Dann haben wir unser CX-Produkt gestartet. Um das Jahr 2020 haben wir Clarabridge erworben, das führend in der Textanalyse und Omnichannel-Analytik auf Basis von NLP war. Im vergangenen Jahr hat Generative KI einen großen Aufschwung erlebt, weshalb wir nun stark in diese Technologie investieren. Ich würde also sagen, die KI-Reise für Qualtrics dauert nun schon fast zehn Jahre. Und Generative KI ist der nächste Schritt in dieser Reise.

Wo unterstützt heute bereits KI die Customer Experience?

Powar: Es gibt zwei wichtige Bereiche, wo KI im CX eine Rolle spielt. Einmal auf der Ebene des Verstehens und der Analyse. Denn das Feedback der Kunden ist nicht immer eine Vier-Sterne-Bewertung, es ist nicht immer nur numerisch. Es gibt auch viele subjektive Informationen, die Sie mit dem Kundenfeedback erhalten. Es gibt in Umfragen offene Fragen wie: „Gibt es noch etwas, das Sie uns mitteilen möchten?“ Und die Leute tippen unterschiedlichste Sätze ein. Und dann gibt es Feedback, ohne dass Sie danach gefragt hätten. Die Menschen geben zum Beispiel Bewertungen auf der Website Ihres Geschäfts ab oder Feedback bei Gesprächen mit dem Callcenter. Sie sagen beispielsweise: „Ich habe versucht, auf Ihre Website zu gehen, ich konnte dort aber nicht finden, was ich gesucht habe. Dann habe ich versucht, Ihre App zu benutzen, aber sie hat ebenfalls nicht funktioniert, deshalb rufe ich jetzt an.“ Das ist ebenfalls Feedback.

Das bedeutet: Wenn man CX als ganzheitlichen Feedback-Ansatz betrachtet, geht das eigentlich nur mit KI?

Powar: KI spielt eine entscheidende Rolle, um das gesamte Feedback zu verstehen. Die Fortschritte im Bereich der Generativen KI werden uns dabei helfen, darauf personalisiert einzugehen. Ein Beispiel: Jemand hat für ein lokales Geschäft eine Bewertung auf einer Website oder auf Social Media hinterlassen. Bislang musste der Geschäftsführer dieses Feedback lesen, verstehen, was der Kunde wollte, darüber nachdenken und dann einige Minuten damit verbringen, eine nette Antwort zu verfassen. Wir wissen, dass jeder so einen personalisierten Service bieten möchte, aber dazu die Zeit fehlt. Man muss sein Geschäft führen, Mitarbeiter betreuen, das Backoffice managen, den Lagerbestand verwalten und viele andere Jobs erledigen. Aber Generative KI wird helfen, hier zu entlasten. Sie kann einen personalisierten Service bieten, ohne dass wir selbst alle diese Zeit aufwenden müssen. Deshalb investiert Qualtrics in generative KI-basierte Antworten. Das sind Textvorschläge, in denen man nur noch einzelne Wörter verändern muss. Damit nehmen wir unseren Kunden viel Arbeit ab und sparen ihnen Zeit. Wir müssen also CX als ganzheitlichen Ansatz sehen und nicht nur auf Umfragen eingrenzen.

Die KI versteht, dass es um Filme geht

Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang die Qualität der Daten?

Powar: Wenn Sie zum Beispiel nur drei Antworten auf eine Umfrage erhalten und zwei sagen, dass Sie was besser machen müssen: Was würden Sie mit diesem Feedback anfangen? Ich würde also sagen, dass sowohl die Qualität als auch die Quantität der Daten eine Rolle spielen. Deshalb investieren wir in diesem Bereich und versuchen die Kunden zu animieren, mehr zu erzählen. Nehmen wir an, es gibt die Umfrage einer Airline und eine Antwort war: „Ich wünschte, die Filme wären besser.“ Unsere KI wird jetzt verstehen, dass es um Filme geht und wird eine Folgefrage stellen, die etwa so aussieht: „Sie hätten sich also bessere Filme gewünscht. Gibt es ein bestimmtes Genre oder eine bestimmte Art von Film, die Ihnen gefehlt hat?“ Damit erhalten wir deutlich mehr qualitative Daten.

In Deutschland ist Datenschutz immer ein großes Thema. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Integrität und Sicherheit der Kundendaten zu gewährleisten?

Powar: Qualtrics nimmt den Umgang mit Kundendaten sehr ernst. Wir haben die Zertifizierung von HITRUST, sichern die Daten mit FedRamp und sind GDPR-konform. Unsere Machine Learning Modelle werden ausschließlich auf anonymisierten und aggregierten Daten trainiert, die nicht spezifisch für einen Kunden sind. Wir haben Governance-Teams, die regelmäßig unsere Modelle überprüfen, um sicherzustellen, dass sie fair sind, keine Verzerrungen aufweisen und nicht halluzinieren. Wir haben bei Qualtrics zahlreiche Tools implementiert, damit die Kundendaten geschützt und der Umgang mit den Daten allen Anforderungen des Datenschutzes entspricht. Wir sehen uns jetzt auch den EU AI Act ganz genau an, um allen Anforderzungen gerecht zu werden. Wir arbeiten mit Regierungen auf der ganzen Welt zusammen, nicht nur in der EU, um sicherzustellen, dass wir mit den Regeln und Vorschriften der einzelnen Länder konform sind.

Welche Rolle spielen Partnerschaften und Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Institutionen im Bereich der KI?

Powar: Die größten Partnerschaften und Kooperationen bestehen auf der Ebene der Foundation Models. Heute arbeitet Qualtrics an seinem eigenen Foundation Model, aber bislang nutzen wir die Modelle von OpenAI, Amazon, Microsoft und Google. Wir bewerten jedes dieser Modelle. Einige davon hosten wir selbst, weil wir nicht wollen, dass die Daten herausgegeben werden. Einige von ihnen greifen auf OpenAI-Systeme zu, aber die Daten, die an unsere KI-Drittanbieter weitergegeben werden, werden weder zu Trainingszwecken noch für einen bestimmten Zeitraum gespeichert. Sie nutzen also nicht die Daten von Qualtrics oder Daten, die Qualtrics sendet, um ihre Sprachmodelle zu trainieren.

KI wird jedes Jahr zehnmal billiger

Welche Trends und Entwicklungen in der KI und im CX erwarten Sie in den nächsten fünf Jahren?

Powar: Das ist ein weiter Horizont, eine lange Zeitspanne…

Einigen wir uns auf drei Jahre…

Powar: Wenn Ihnen vor anderthalb Jahren jemand gesagt hätte, was generative KI heute kann, hätten Sie das nicht geglaubt oder? Auch auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole: Die Möglichkeiten der Personalisierung werden endlich Realität. Bislang war es eher schwierig, wirklich personalisierte Erlebnisse zu schaffen. Wir hatten einfach nicht genug menschliche und maschinelle Power, um diese personalisierten Erlebnisse zu kreieren. Mit KI, besonders mit Generativer KI, ergeben sich für unsere Kunden nun ganz neue Perspektiven. Ich bin da persönlich ganz begeistert. CX kommt endlich dort an, wo wir immer hinkommen wollten.

Ist Personalisierung nur etwas für große Unternehmen oder auch für kleinere?

Powar: Ich denke, das ist das Schöne an KI. In der Vergangenheit konnten es sich nur große Organisationen leisten, in Technologien oder Lösungen zu investieren, die ihnen ein gewisses Maß an Personalisierung verschafft haben. Aber in einer Welt, in der Generative KI und Machine Learning die Dinge viel einfacher und effizienter machen, sind die Kosten so günstig, dass sie dem Mooreschen Gesetz trotzen. Ich denke, es wird jedes Jahr zehnmal billiger. Das bedeutet: Sogar ein kleines Geschäft oder ein kleines Familienunternehmen kann jetzt in der Lage sein kann, eine KI-basierte Personalisierung umzusetzen. KI wird die Personalisierung demokratisieren.

Manisha, gibt es aktuelle Forschungsprojekte oder innovative Ansätze, an denen Sie gerade arbeiten?

Powar: Wir arbeiten immer mit verschiedenen Organisationen zusammen, um mehr über Machine Learning und Generative KI zu verstehen. Es gibt ein paar Ansätze, die wir relativ neu nutzen. Zum Beispiel wird die RAG-Methodologie in einigen unserer semantischen Suchfunktionen eingesetzt. Nicht im CX-Produkt, sondern in unserem eigenen Forschungsprojekt. In unserem Research Hub kumulieren wir sämtliche Forschungsergebnisse, die wir für uns mit KI und ML zugänglich machen. Wir könnten beispielsweise eine Frage stellen wie: Gibt es Erkenntnisse, welche Farbe Frauen im  Alter zwischen 30 bis 34 bei T-Shirts bevorzugen? Und wir würden eine Antwort erhalten. Daten und Informationen werden also für die gesamte Organisation gehostet und zugänglich gemacht. In solche Projekte investieren wir.

Vielleicht ist GenAI in sechs Monaten völlig anders

Was sind die größten Herausforderungen für Sie in diesen Zeiten bei Qualtrics?

Powar: Ich würde sagen, es gibt zwei Herausforderungen, durch die wir uns als Unternehmen arbeiten müssen. Die erste ist, dass sich die Technologie ständig weiterentwickelt und ändert. Wir wissen nicht, ob Generative KI in sechs Monaten völlig anders ist. Wie schaffen wir also Produkte, die mit den massiven Änderungen Schritt halten können? Es geht also darum, das Momentum zu nutzen, aber gleichzeitig eine Stabilität zu bewahren. Ich würde sagen, das ist eine Herausforderung, der sich nicht nur Qualtrics, sondern die meisten Unternehmen stellen müssen, die sich mit KI verändern wollen.

Und die zweite?

Powar: Die zweite große Herausforderung ist, dass die Regeln und Vorschriften für KI erst noch in der Entwicklung sind. Was also vor sechs Monaten in Ordnung war, könnte heute bereits nicht mehr richtig sein, wenn sich die Vorschriften oder Gesetze entsprechend ändern. Mit diesen Vorschriften Schritt zu halten und in der Produktentwicklung agil zu bleiben, ist eine weitere große Herausforderung. Auch der müssen sich nicht nur Qualtrics stellen, sondern alle KI-gesteuerten Unternehmen.

Interview: Helmut van Rinsum

Manisha Powar leitet das Produktmanagement-Team für die Qualtrics Customer Experience-Produktreihe. Sie kam vor mehr als fünf Jahren von Meta zu Qualtrics und war zuvor 16 Jahre lang bei Microsoft in verschiedenen Positionen im Bereich Softwareentwicklung und Produktmanagement tätig. Sie lebt in Seattle, USA.

 

Manisha Powar: „CX kommt endlich dort an, wo wir immer hin wollten“

Interview

9 Minuten

08.08.2024

Foto von Manisha Powar, Qualtrics

KI kann entscheidend sein, wenn das Kundenfeedback in einem automatisierten Prozess wirklich verstanden werden soll. Denn viel wird zwischen den Zeilen verraten und von den Usern so nicht direkt kommuniziert. Im Gespräch erklärt Manisha Powar, Lead CX Product Management bei Qualtrics, wie der Einsatz von generativer KI das Feedback genau analysieren und so zu einem persönlichen Kundendialog führen kann.

Qualtrics ist einer der führenden Anbieter im Customer Experience Management. Welche Rolle spielt dabei Künstliche Intelligenz und seit wann wird sie bei Qualtrics eingesetzt?

Manisha Powar: Künstliche Intelligenz ist bei Qualtrics nicht neu. Wir arbeiten seit etwa 2015 an KI-basierten Anwendungen. Wir haben mit Natural Language Processing (NLP) und Text Analytics begonnen. Dann haben wir unser CX-Produkt gestartet. Um das Jahr 2020 haben wir Clarabridge erworben, das führend in der Textanalyse und Omnichannel-Analytik auf Basis von NLP war. Im vergangenen Jahr hat Generative KI einen großen Aufschwung erlebt, weshalb wir nun stark in diese Technologie investieren. Ich würde also sagen, die KI-Reise für Qualtrics dauert nun schon fast zehn Jahre. Und Generative KI ist der nächste Schritt in dieser Reise.

Wo unterstützt heute bereits KI die Customer Experience?

Powar: Es gibt zwei wichtige Bereiche, wo KI im CX eine Rolle spielt. Einmal auf der Ebene des Verstehens und der Analyse. Denn das Feedback der Kunden ist nicht immer eine Vier-Sterne-Bewertung, es ist nicht immer nur numerisch. Es gibt auch viele subjektive Informationen, die Sie mit dem Kundenfeedback erhalten. Es gibt in Umfragen offene Fragen wie: „Gibt es noch etwas, das Sie uns mitteilen möchten?“ Und die Leute tippen unterschiedlichste Sätze ein. Und dann gibt es Feedback, ohne dass Sie danach gefragt hätten. Die Menschen geben zum Beispiel Bewertungen auf der Website Ihres Geschäfts ab oder Feedback bei Gesprächen mit dem Callcenter. Sie sagen beispielsweise: „Ich habe versucht, auf Ihre Website zu gehen, ich konnte dort aber nicht finden, was ich gesucht habe. Dann habe ich versucht, Ihre App zu benutzen, aber sie hat ebenfalls nicht funktioniert, deshalb rufe ich jetzt an.“ Das ist ebenfalls Feedback.

Das bedeutet: Wenn man CX als ganzheitlichen Feedback-Ansatz betrachtet, geht das eigentlich nur mit KI?

Powar: KI spielt eine entscheidende Rolle, um das gesamte Feedback zu verstehen. Die Fortschritte im Bereich der Generativen KI werden uns dabei helfen, darauf personalisiert einzugehen. Ein Beispiel: Jemand hat für ein lokales Geschäft eine Bewertung auf einer Website oder auf Social Media hinterlassen. Bislang musste der Geschäftsführer dieses Feedback lesen, verstehen, was der Kunde wollte, darüber nachdenken und dann einige Minuten damit verbringen, eine nette Antwort zu verfassen. Wir wissen, dass jeder so einen personalisierten Service bieten möchte, aber dazu die Zeit fehlt. Man muss sein Geschäft führen, Mitarbeiter betreuen, das Backoffice managen, den Lagerbestand verwalten und viele andere Jobs erledigen. Aber Generative KI wird helfen, hier zu entlasten. Sie kann einen personalisierten Service bieten, ohne dass wir selbst alle diese Zeit aufwenden müssen. Deshalb investiert Qualtrics in generative KI-basierte Antworten. Das sind Textvorschläge, in denen man nur noch einzelne Wörter verändern muss. Damit nehmen wir unseren Kunden viel Arbeit ab und sparen ihnen Zeit. Wir müssen also CX als ganzheitlichen Ansatz sehen und nicht nur auf Umfragen eingrenzen.

Die KI versteht, dass es um Filme geht

Wie wichtig ist in diesem Zusammenhang die Qualität der Daten?

Powar: Wenn Sie zum Beispiel nur drei Antworten auf eine Umfrage erhalten und zwei sagen, dass Sie was besser machen müssen: Was würden Sie mit diesem Feedback anfangen? Ich würde also sagen, dass sowohl die Qualität als auch die Quantität der Daten eine Rolle spielen. Deshalb investieren wir in diesem Bereich und versuchen die Kunden zu animieren, mehr zu erzählen. Nehmen wir an, es gibt die Umfrage einer Airline und eine Antwort war: „Ich wünschte, die Filme wären besser.“ Unsere KI wird jetzt verstehen, dass es um Filme geht und wird eine Folgefrage stellen, die etwa so aussieht: „Sie hätten sich also bessere Filme gewünscht. Gibt es ein bestimmtes Genre oder eine bestimmte Art von Film, die Ihnen gefehlt hat?“ Damit erhalten wir deutlich mehr qualitative Daten.

In Deutschland ist Datenschutz immer ein großes Thema. Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Integrität und Sicherheit der Kundendaten zu gewährleisten?

Powar: Qualtrics nimmt den Umgang mit Kundendaten sehr ernst. Wir haben die Zertifizierung von HITRUST, sichern die Daten mit FedRamp und sind GDPR-konform. Unsere Machine Learning Modelle werden ausschließlich auf anonymisierten und aggregierten Daten trainiert, die nicht spezifisch für einen Kunden sind. Wir haben Governance-Teams, die regelmäßig unsere Modelle überprüfen, um sicherzustellen, dass sie fair sind, keine Verzerrungen aufweisen und nicht halluzinieren. Wir haben bei Qualtrics zahlreiche Tools implementiert, damit die Kundendaten geschützt und der Umgang mit den Daten allen Anforderungen des Datenschutzes entspricht. Wir sehen uns jetzt auch den EU AI Act ganz genau an, um allen Anforderzungen gerecht zu werden. Wir arbeiten mit Regierungen auf der ganzen Welt zusammen, nicht nur in der EU, um sicherzustellen, dass wir mit den Regeln und Vorschriften der einzelnen Länder konform sind.

Welche Rolle spielen Partnerschaften und Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Institutionen im Bereich der KI?

Powar: Die größten Partnerschaften und Kooperationen bestehen auf der Ebene der Foundation Models. Heute arbeitet Qualtrics an seinem eigenen Foundation Model, aber bislang nutzen wir die Modelle von OpenAI, Amazon, Microsoft und Google. Wir bewerten jedes dieser Modelle. Einige davon hosten wir selbst, weil wir nicht wollen, dass die Daten herausgegeben werden. Einige von ihnen greifen auf OpenAI-Systeme zu, aber die Daten, die an unsere KI-Drittanbieter weitergegeben werden, werden weder zu Trainingszwecken noch für einen bestimmten Zeitraum gespeichert. Sie nutzen also nicht die Daten von Qualtrics oder Daten, die Qualtrics sendet, um ihre Sprachmodelle zu trainieren.

KI wird jedes Jahr zehnmal billiger

Welche Trends und Entwicklungen in der KI und im CX erwarten Sie in den nächsten fünf Jahren?

Powar: Das ist ein weiter Horizont, eine lange Zeitspanne…

Einigen wir uns auf drei Jahre…

Powar: Wenn Ihnen vor anderthalb Jahren jemand gesagt hätte, was generative KI heute kann, hätten Sie das nicht geglaubt oder? Auch auf die Gefahr, dass ich mich wiederhole: Die Möglichkeiten der Personalisierung werden endlich Realität. Bislang war es eher schwierig, wirklich personalisierte Erlebnisse zu schaffen. Wir hatten einfach nicht genug menschliche und maschinelle Power, um diese personalisierten Erlebnisse zu kreieren. Mit KI, besonders mit Generativer KI, ergeben sich für unsere Kunden nun ganz neue Perspektiven. Ich bin da persönlich ganz begeistert. CX kommt endlich dort an, wo wir immer hinkommen wollten.

Ist Personalisierung nur etwas für große Unternehmen oder auch für kleinere?

Powar: Ich denke, das ist das Schöne an KI. In der Vergangenheit konnten es sich nur große Organisationen leisten, in Technologien oder Lösungen zu investieren, die ihnen ein gewisses Maß an Personalisierung verschafft haben. Aber in einer Welt, in der Generative KI und Machine Learning die Dinge viel einfacher und effizienter machen, sind die Kosten so günstig, dass sie dem Mooreschen Gesetz trotzen. Ich denke, es wird jedes Jahr zehnmal billiger. Das bedeutet: Sogar ein kleines Geschäft oder ein kleines Familienunternehmen kann jetzt in der Lage sein kann, eine KI-basierte Personalisierung umzusetzen. KI wird die Personalisierung demokratisieren.

Manisha, gibt es aktuelle Forschungsprojekte oder innovative Ansätze, an denen Sie gerade arbeiten?

Powar: Wir arbeiten immer mit verschiedenen Organisationen zusammen, um mehr über Machine Learning und Generative KI zu verstehen. Es gibt ein paar Ansätze, die wir relativ neu nutzen. Zum Beispiel wird die RAG-Methodologie in einigen unserer semantischen Suchfunktionen eingesetzt. Nicht im CX-Produkt, sondern in unserem eigenen Forschungsprojekt. In unserem Research Hub kumulieren wir sämtliche Forschungsergebnisse, die wir für uns mit KI und ML zugänglich machen. Wir könnten beispielsweise eine Frage stellen wie: Gibt es Erkenntnisse, welche Farbe Frauen im  Alter zwischen 30 bis 34 bei T-Shirts bevorzugen? Und wir würden eine Antwort erhalten. Daten und Informationen werden also für die gesamte Organisation gehostet und zugänglich gemacht. In solche Projekte investieren wir.

Vielleicht ist GenAI in sechs Monaten völlig anders

Was sind die größten Herausforderungen für Sie in diesen Zeiten bei Qualtrics?

Powar: Ich würde sagen, es gibt zwei Herausforderungen, durch die wir uns als Unternehmen arbeiten müssen. Die erste ist, dass sich die Technologie ständig weiterentwickelt und ändert. Wir wissen nicht, ob Generative KI in sechs Monaten völlig anders ist. Wie schaffen wir also Produkte, die mit den massiven Änderungen Schritt halten können? Es geht also darum, das Momentum zu nutzen, aber gleichzeitig eine Stabilität zu bewahren. Ich würde sagen, das ist eine Herausforderung, der sich nicht nur Qualtrics, sondern die meisten Unternehmen stellen müssen, die sich mit KI verändern wollen.

Und die zweite?

Powar: Die zweite große Herausforderung ist, dass die Regeln und Vorschriften für KI erst noch in der Entwicklung sind. Was also vor sechs Monaten in Ordnung war, könnte heute bereits nicht mehr richtig sein, wenn sich die Vorschriften oder Gesetze entsprechend ändern. Mit diesen Vorschriften Schritt zu halten und in der Produktentwicklung agil zu bleiben, ist eine weitere große Herausforderung. Auch der müssen sich nicht nur Qualtrics stellen, sondern alle KI-gesteuerten Unternehmen.

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