Wie KI den Umgang mit Sprache verändert

Wie KI den Umgang mit Sprache verändert

Insight

4 Minuten

23.07.2025

white and brown printed paper
white and brown printed paper
white and brown printed paper

Sprache ist das älteste und zugleich innovativste Werkzeug der Menschheit: Weltweit existieren über 7.000 gesprochene Sprachen – jede von ihnen ein Spiegel kultureller Identität und Geschichte. Gleichzeitig gelten mehr als die Hälfte dieser Sprachen als gefährdet. Während menschliche Vielfalt in der Sprache also schwindet, erlebt sie technologisch eine nie dagewesene Beschleunigung: KI-Modelle analysieren, generieren und imitieren Sprache in Sekundenbruchteilen. Ein Fachbeitrag von Sylvia Tantzen und Taranée Hellbeck, Berlitz

Sprache ist weit mehr als nur ein Kommunikationsmittel – sie ist Identität, Emotion, Kulturträger. Wer eine Sprache lernt oder sie gezielt einsetzt, eignet sich nicht nur Wörter und Grammatik an, sondern auch Perspektiven und Denkweisen. Doch was passiert, wenn Künstliche Intelligenz beginnt, Sprache zu verarbeiten, zu verstehen – und sogar zu sprechen?

Der technologische Fortschritt der letzten Jahre hat eine rasante Entwicklung im Bereich der Sprachverarbeitung durch KI ermöglicht. Tools wie ChatGPT, DeepL, KI-basierte Übersetzer, Text-zu-Sprache-Systeme oder virtuelle Sprachlehrer:innen gehören längst zum Alltag vieler Menschen – im Marketing, im Bildungsbereich, im Kundenservice. Sie revolutionieren unseren Umgang mit Sprache. Aber verändern sie auch die Sprache selbst?

Der neue Standard: Sprache wird automatisiert – und skalierbar

Ob automatisierte E-Mails, personalisierte Werbetexte oder KI-gestützte Chatbots: Sprache wird heute nicht mehr nur von Menschen generiert. Sie wird skaliert, gemessen, optimiert. Für Unternehmen bedeutet das Effizienz, Geschwindigkeit und datenbasierte Kommunikation auf einem neuen Level. Für viele Nutzer:innen ist der Zugang zu mehrsprachiger, globaler Kommunikation so einfach wie nie zuvor.

Doch damit verändert sich auch die Rolle von Sprache in der Interaktion. Wo früher Tonfall, Pausen oder kulturelle Nuancen entscheidend waren, zählen heute Promptqualität, Algorithmen und Tokenbegrenzungen. Sprache wird synthetisch – und verliert dabei manchmal an Tiefe. Linguist:innen sprechen hier teils von einer „Entemotionalisierung“ maschinell erzeugter Sprache: Intention, Kontext oder nonverbale Subtexte gehen oft verloren – oder werden durch rein statistische Modelle ersetzt. Was bleibt, ist die Hülle – aber oft fehlt das, was Sprache menschlich macht: Tiefe, Zwischentöne, Beziehung.

Empathie, Kultur, Zwischenzeilen: Was KI (noch) nicht kann

So faszinierend die Fortschritte sind, so klar sind auch die Grenzen. Sprache transportiert weit mehr als Information – sie schafft Nähe, Vertrauen, Verbindung. Gerade im interkulturellen Kontext spielt Empathie eine zentrale Rolle: Was bedeutet „direkt“ in einer deutschen E-Mail? Wie viel Small Talk ist im arabischen Raum höflich? Warum ist ein „No“ in Japan oft ein „Maybe“?

Solche Feinheiten lassen sich nur schwer in Trainingsdaten gießen. Sie entstehen im Zwischenmenschlichen, durch Erleben, durch kulturelles Lernen. Wer Sprache wirklich verstehen will, muss auch den kulturellen Kontext verstehen. KI kann hier assistieren – aber sie ersetzt keine echte Erfahrung.

Lernen im Zeitalter von KI: Der Mensch bleibt zentral

Diese Erkenntnis prägt auch den Bildungsbereich. Klassisches Sprachenlernen verändert sich gerade grundlegend: Lernplattformen arbeiten mit KI-basierten Speaking-Tutoren, die Aussprache analysieren, Feedback geben und individuelle Lernpfade ermöglichen. Adaptive Learning ist längst Realität – jeder Lernfortschritt wird getrackt, angepasst und personalisiert.

Gerade hier zeigt sich, wie entscheidend die Verbindung zwischen Mensch und Maschine ist. Künstliche Intelligenz unterstützt beim Üben, Wiederholen und Strukturieren – sie kann Lernprozesse effizienter, personalisierter und praxisnäher gestalten. Das ist entscheidend, denn moderne Lernende erwarten mehr als statisches Wissen: Sie wollen motiviert werden, sie brauchen Inhalte mit direktem Alltagsbezug und sie wollen individuell gefördert werden. Doch beim Sprechen vor einer Gruppe, beim Verhandeln auf Englisch oder beim Verstehen nonverbaler Signale stößt KI an ihre Grenzen – hier braucht es reale Interaktion, Empathie und situatives Feingefühl. Eine zukunftsfähige Bildungsplattform kombiniert deshalb das Beste aus beiden Welten: skalierbare KI-Tools und menschliche Begleitung, die inspiriert, motiviert und den kulturellen Kontext mitdenkt.

Die neue Sprachkompetenz: Prompten, Kuratieren, Interpretieren

Mit der zunehmenden Bedeutung von KI verändert sich auch, was wir unter Sprachkompetenz verstehen. Neben Grammatik und Wortschatz wird Prompt-Engineering zur Schlüsselqualifikation: Wer die richtigen Fragen stellt, bekommt bessere Ergebnisse. Wer Kontext liefern kann, erhält genauere Antworten. Wer weiß, wann er oder sie lieber einen Menschen fragt, bleibt souverän.

In der Kommunikation bedeutet das: Sprache ist nicht mehr nur Ausdruck, sondern auch Steuerungsinstrument. Wir nutzen Sprache nicht nur für Kommunikation, sondern zur Kommunikation mit Maschinen. Dieser Paradigmenwechsel erfordert neue Fähigkeiten – aber auch ein neues Bewusstsein für Verantwortung. Denn wer kommuniziert, agiert heute oft zweigleisig: mit Empathie gegenüber Menschen – und mit Präzision gegenüber Algorithmen. Es entsteht eine neue Form der Kommunikationskompetenz: „Double Teamwork“.
Das bedeutet: Ich muss einerseits Beziehung, Tonalität und kulturelle Signale verstehen – und andererseits wissen, wie ich die richtigen Fragen stelle, wie ich eine KI richtig „prompten“ kann, wie ich Maschinen effektiv einbinde.

Ausblick: Zwischen Augmented Language und digitalem Vertrauen

Was bedeutet das alles für die Zukunft der Sprache? Unser Sprachgebrauch wird sich weiter differenzieren: Wir kommunizieren anders mit Menschen als mit Maschinen. Neue Mischformen entstehen – aus Emojis, Kommandos, natürlicher Sprache. „Augmented Language“ beschreibt diesen Trend: Sprache wird durch KI erweitert, gelenkt, unterstützt.

Gleichzeitig wird Vertrauen entscheidend: Tools, Inhalte und ihre Herkunft. Gerade deshalb könnte echte, persönliche Kommunikation wieder an Bedeutung gewinnen – als bewusster Gegenpol zur Automatisierung. Sprache bleibt ein Schlüssel zu Nähe, Identität und Wirkung. KI verändert, wie wir sie nutzen – aber nicht, warum wir sie brauchen. Vorausgesetzt, wir setzen sie mit Verantwortung und Empathie ein.

 

Die Autorinnen

Sylvia Tantzen (Foto links) ist Wachstums- und Kommunikationsexpertin mit über 20 Jahren Führungserfahrung in den Bereichen Künstliche Intelligenz, HR und digitale Transformation. Sie hatte leitende Positionen bei T-Systems und novomind inne, wo sie unter anderem Innovationen, Go-to-Market-Strategien und internationale Expansion im Technologiesektor verantwortete. Später engagierte sie sich als aktive Business Angel und wurde für ihren Beitrag zum Startup-Ökosystem als „Business Angel des Jahres“ ausgezeichnet. Seit 2024 leitet sie das Wachstum von Berlitz Europe – mit Fokus auf Customer Success, Future Skills und einer menschenzentrierten Transformation.

Taranée Hellbeck (Foto rechts) ist Projekt- und Eventmanagerin DACH bei Berlitz Deutschland und verantwortlich für die strategische Planung und Umsetzung von B2B-Events mit Fokus auf Wissenstransfer und Markenpositionierung. Mit einem Master in European Project Management und internationaler Erfahrung bringt sie strukturiertes Projektmanagement, kreative Eventkonzepte und zielgerichtete Stakeholder-Kommunikation zusammen. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Sichtbarkeit von Weiterbildungsangeboten, dem Ausbau von Kundenbeziehungen und der Organisation wirkungsvoller Veranstaltungen.



 

Sprache ist weit mehr als nur ein Kommunikationsmittel – sie ist Identität, Emotion, Kulturträger. Wer eine Sprache lernt oder sie gezielt einsetzt, eignet sich nicht nur Wörter und Grammatik an, sondern auch Perspektiven und Denkweisen. Doch was passiert, wenn Künstliche Intelligenz beginnt, Sprache zu verarbeiten, zu verstehen – und sogar zu sprechen?

Der technologische Fortschritt der letzten Jahre hat eine rasante Entwicklung im Bereich der Sprachverarbeitung durch KI ermöglicht. Tools wie ChatGPT, DeepL, KI-basierte Übersetzer, Text-zu-Sprache-Systeme oder virtuelle Sprachlehrer:innen gehören längst zum Alltag vieler Menschen – im Marketing, im Bildungsbereich, im Kundenservice. Sie revolutionieren unseren Umgang mit Sprache. Aber verändern sie auch die Sprache selbst?

Der neue Standard: Sprache wird automatisiert – und skalierbar

Ob automatisierte E-Mails, personalisierte Werbetexte oder KI-gestützte Chatbots: Sprache wird heute nicht mehr nur von Menschen generiert. Sie wird skaliert, gemessen, optimiert. Für Unternehmen bedeutet das Effizienz, Geschwindigkeit und datenbasierte Kommunikation auf einem neuen Level. Für viele Nutzer:innen ist der Zugang zu mehrsprachiger, globaler Kommunikation so einfach wie nie zuvor.

Doch damit verändert sich auch die Rolle von Sprache in der Interaktion. Wo früher Tonfall, Pausen oder kulturelle Nuancen entscheidend waren, zählen heute Promptqualität, Algorithmen und Tokenbegrenzungen. Sprache wird synthetisch – und verliert dabei manchmal an Tiefe. Linguist:innen sprechen hier teils von einer „Entemotionalisierung“ maschinell erzeugter Sprache: Intention, Kontext oder nonverbale Subtexte gehen oft verloren – oder werden durch rein statistische Modelle ersetzt. Was bleibt, ist die Hülle – aber oft fehlt das, was Sprache menschlich macht: Tiefe, Zwischentöne, Beziehung.

Empathie, Kultur, Zwischenzeilen: Was KI (noch) nicht kann

So faszinierend die Fortschritte sind, so klar sind auch die Grenzen. Sprache transportiert weit mehr als Information – sie schafft Nähe, Vertrauen, Verbindung. Gerade im interkulturellen Kontext spielt Empathie eine zentrale Rolle: Was bedeutet „direkt“ in einer deutschen E-Mail? Wie viel Small Talk ist im arabischen Raum höflich? Warum ist ein „No“ in Japan oft ein „Maybe“?

Solche Feinheiten lassen sich nur schwer in Trainingsdaten gießen. Sie entstehen im Zwischenmenschlichen, durch Erleben, durch kulturelles Lernen. Wer Sprache wirklich verstehen will, muss auch den kulturellen Kontext verstehen. KI kann hier assistieren – aber sie ersetzt keine echte Erfahrung.

Lernen im Zeitalter von KI: Der Mensch bleibt zentral

Diese Erkenntnis prägt auch den Bildungsbereich. Klassisches Sprachenlernen verändert sich gerade grundlegend: Lernplattformen arbeiten mit KI-basierten Speaking-Tutoren, die Aussprache analysieren, Feedback geben und individuelle Lernpfade ermöglichen. Adaptive Learning ist längst Realität – jeder Lernfortschritt wird getrackt, angepasst und personalisiert.

Gerade hier zeigt sich, wie entscheidend die Verbindung zwischen Mensch und Maschine ist. Künstliche Intelligenz unterstützt beim Üben, Wiederholen und Strukturieren – sie kann Lernprozesse effizienter, personalisierter und praxisnäher gestalten. Das ist entscheidend, denn moderne Lernende erwarten mehr als statisches Wissen: Sie wollen motiviert werden, sie brauchen Inhalte mit direktem Alltagsbezug und sie wollen individuell gefördert werden. Doch beim Sprechen vor einer Gruppe, beim Verhandeln auf Englisch oder beim Verstehen nonverbaler Signale stößt KI an ihre Grenzen – hier braucht es reale Interaktion, Empathie und situatives Feingefühl. Eine zukunftsfähige Bildungsplattform kombiniert deshalb das Beste aus beiden Welten: skalierbare KI-Tools und menschliche Begleitung, die inspiriert, motiviert und den kulturellen Kontext mitdenkt.

Die neue Sprachkompetenz: Prompten, Kuratieren, Interpretieren

Mit der zunehmenden Bedeutung von KI verändert sich auch, was wir unter Sprachkompetenz verstehen. Neben Grammatik und Wortschatz wird Prompt-Engineering zur Schlüsselqualifikation: Wer die richtigen Fragen stellt, bekommt bessere Ergebnisse. Wer Kontext liefern kann, erhält genauere Antworten. Wer weiß, wann er oder sie lieber einen Menschen fragt, bleibt souverän.

In der Kommunikation bedeutet das: Sprache ist nicht mehr nur Ausdruck, sondern auch Steuerungsinstrument. Wir nutzen Sprache nicht nur für Kommunikation, sondern zur Kommunikation mit Maschinen. Dieser Paradigmenwechsel erfordert neue Fähigkeiten – aber auch ein neues Bewusstsein für Verantwortung. Denn wer kommuniziert, agiert heute oft zweigleisig: mit Empathie gegenüber Menschen – und mit Präzision gegenüber Algorithmen. Es entsteht eine neue Form der Kommunikationskompetenz: „Double Teamwork“.
Das bedeutet: Ich muss einerseits Beziehung, Tonalität und kulturelle Signale verstehen – und andererseits wissen, wie ich die richtigen Fragen stelle, wie ich eine KI richtig „prompten“ kann, wie ich Maschinen effektiv einbinde.

Ausblick: Zwischen Augmented Language und digitalem Vertrauen

Was bedeutet das alles für die Zukunft der Sprache? Unser Sprachgebrauch wird sich weiter differenzieren: Wir kommunizieren anders mit Menschen als mit Maschinen. Neue Mischformen entstehen – aus Emojis, Kommandos, natürlicher Sprache. „Augmented Language“ beschreibt diesen Trend: Sprache wird durch KI erweitert, gelenkt, unterstützt.

Gleichzeitig wird Vertrauen entscheidend: Tools, Inhalte und ihre Herkunft. Gerade deshalb könnte echte, persönliche Kommunikation wieder an Bedeutung gewinnen – als bewusster Gegenpol zur Automatisierung. Sprache bleibt ein Schlüssel zu Nähe, Identität und Wirkung. KI verändert, wie wir sie nutzen – aber nicht, warum wir sie brauchen. Vorausgesetzt, wir setzen sie mit Verantwortung und Empathie ein.

 

Die Autorinnen

Sylvia Tantzen (Foto links) ist Wachstums- und Kommunikationsexpertin mit über 20 Jahren Führungserfahrung in den Bereichen Künstliche Intelligenz, HR und digitale Transformation. Sie hatte leitende Positionen bei T-Systems und novomind inne, wo sie unter anderem Innovationen, Go-to-Market-Strategien und internationale Expansion im Technologiesektor verantwortete. Später engagierte sie sich als aktive Business Angel und wurde für ihren Beitrag zum Startup-Ökosystem als „Business Angel des Jahres“ ausgezeichnet. Seit 2024 leitet sie das Wachstum von Berlitz Europe – mit Fokus auf Customer Success, Future Skills und einer menschenzentrierten Transformation.

Taranée Hellbeck (Foto rechts) ist Projekt- und Eventmanagerin DACH bei Berlitz Deutschland und verantwortlich für die strategische Planung und Umsetzung von B2B-Events mit Fokus auf Wissenstransfer und Markenpositionierung. Mit einem Master in European Project Management und internationaler Erfahrung bringt sie strukturiertes Projektmanagement, kreative Eventkonzepte und zielgerichtete Stakeholder-Kommunikation zusammen. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Sichtbarkeit von Weiterbildungsangeboten, dem Ausbau von Kundenbeziehungen und der Organisation wirkungsvoller Veranstaltungen.



 

Sprache ist weit mehr als nur ein Kommunikationsmittel – sie ist Identität, Emotion, Kulturträger. Wer eine Sprache lernt oder sie gezielt einsetzt, eignet sich nicht nur Wörter und Grammatik an, sondern auch Perspektiven und Denkweisen. Doch was passiert, wenn Künstliche Intelligenz beginnt, Sprache zu verarbeiten, zu verstehen – und sogar zu sprechen?

Der technologische Fortschritt der letzten Jahre hat eine rasante Entwicklung im Bereich der Sprachverarbeitung durch KI ermöglicht. Tools wie ChatGPT, DeepL, KI-basierte Übersetzer, Text-zu-Sprache-Systeme oder virtuelle Sprachlehrer:innen gehören längst zum Alltag vieler Menschen – im Marketing, im Bildungsbereich, im Kundenservice. Sie revolutionieren unseren Umgang mit Sprache. Aber verändern sie auch die Sprache selbst?

Der neue Standard: Sprache wird automatisiert – und skalierbar

Ob automatisierte E-Mails, personalisierte Werbetexte oder KI-gestützte Chatbots: Sprache wird heute nicht mehr nur von Menschen generiert. Sie wird skaliert, gemessen, optimiert. Für Unternehmen bedeutet das Effizienz, Geschwindigkeit und datenbasierte Kommunikation auf einem neuen Level. Für viele Nutzer:innen ist der Zugang zu mehrsprachiger, globaler Kommunikation so einfach wie nie zuvor.

Doch damit verändert sich auch die Rolle von Sprache in der Interaktion. Wo früher Tonfall, Pausen oder kulturelle Nuancen entscheidend waren, zählen heute Promptqualität, Algorithmen und Tokenbegrenzungen. Sprache wird synthetisch – und verliert dabei manchmal an Tiefe. Linguist:innen sprechen hier teils von einer „Entemotionalisierung“ maschinell erzeugter Sprache: Intention, Kontext oder nonverbale Subtexte gehen oft verloren – oder werden durch rein statistische Modelle ersetzt. Was bleibt, ist die Hülle – aber oft fehlt das, was Sprache menschlich macht: Tiefe, Zwischentöne, Beziehung.

Empathie, Kultur, Zwischenzeilen: Was KI (noch) nicht kann

So faszinierend die Fortschritte sind, so klar sind auch die Grenzen. Sprache transportiert weit mehr als Information – sie schafft Nähe, Vertrauen, Verbindung. Gerade im interkulturellen Kontext spielt Empathie eine zentrale Rolle: Was bedeutet „direkt“ in einer deutschen E-Mail? Wie viel Small Talk ist im arabischen Raum höflich? Warum ist ein „No“ in Japan oft ein „Maybe“?

Solche Feinheiten lassen sich nur schwer in Trainingsdaten gießen. Sie entstehen im Zwischenmenschlichen, durch Erleben, durch kulturelles Lernen. Wer Sprache wirklich verstehen will, muss auch den kulturellen Kontext verstehen. KI kann hier assistieren – aber sie ersetzt keine echte Erfahrung.

Lernen im Zeitalter von KI: Der Mensch bleibt zentral

Diese Erkenntnis prägt auch den Bildungsbereich. Klassisches Sprachenlernen verändert sich gerade grundlegend: Lernplattformen arbeiten mit KI-basierten Speaking-Tutoren, die Aussprache analysieren, Feedback geben und individuelle Lernpfade ermöglichen. Adaptive Learning ist längst Realität – jeder Lernfortschritt wird getrackt, angepasst und personalisiert.

Gerade hier zeigt sich, wie entscheidend die Verbindung zwischen Mensch und Maschine ist. Künstliche Intelligenz unterstützt beim Üben, Wiederholen und Strukturieren – sie kann Lernprozesse effizienter, personalisierter und praxisnäher gestalten. Das ist entscheidend, denn moderne Lernende erwarten mehr als statisches Wissen: Sie wollen motiviert werden, sie brauchen Inhalte mit direktem Alltagsbezug und sie wollen individuell gefördert werden. Doch beim Sprechen vor einer Gruppe, beim Verhandeln auf Englisch oder beim Verstehen nonverbaler Signale stößt KI an ihre Grenzen – hier braucht es reale Interaktion, Empathie und situatives Feingefühl. Eine zukunftsfähige Bildungsplattform kombiniert deshalb das Beste aus beiden Welten: skalierbare KI-Tools und menschliche Begleitung, die inspiriert, motiviert und den kulturellen Kontext mitdenkt.

Die neue Sprachkompetenz: Prompten, Kuratieren, Interpretieren

Mit der zunehmenden Bedeutung von KI verändert sich auch, was wir unter Sprachkompetenz verstehen. Neben Grammatik und Wortschatz wird Prompt-Engineering zur Schlüsselqualifikation: Wer die richtigen Fragen stellt, bekommt bessere Ergebnisse. Wer Kontext liefern kann, erhält genauere Antworten. Wer weiß, wann er oder sie lieber einen Menschen fragt, bleibt souverän.

In der Kommunikation bedeutet das: Sprache ist nicht mehr nur Ausdruck, sondern auch Steuerungsinstrument. Wir nutzen Sprache nicht nur für Kommunikation, sondern zur Kommunikation mit Maschinen. Dieser Paradigmenwechsel erfordert neue Fähigkeiten – aber auch ein neues Bewusstsein für Verantwortung. Denn wer kommuniziert, agiert heute oft zweigleisig: mit Empathie gegenüber Menschen – und mit Präzision gegenüber Algorithmen. Es entsteht eine neue Form der Kommunikationskompetenz: „Double Teamwork“.
Das bedeutet: Ich muss einerseits Beziehung, Tonalität und kulturelle Signale verstehen – und andererseits wissen, wie ich die richtigen Fragen stelle, wie ich eine KI richtig „prompten“ kann, wie ich Maschinen effektiv einbinde.

Ausblick: Zwischen Augmented Language und digitalem Vertrauen

Was bedeutet das alles für die Zukunft der Sprache? Unser Sprachgebrauch wird sich weiter differenzieren: Wir kommunizieren anders mit Menschen als mit Maschinen. Neue Mischformen entstehen – aus Emojis, Kommandos, natürlicher Sprache. „Augmented Language“ beschreibt diesen Trend: Sprache wird durch KI erweitert, gelenkt, unterstützt.

Gleichzeitig wird Vertrauen entscheidend: Tools, Inhalte und ihre Herkunft. Gerade deshalb könnte echte, persönliche Kommunikation wieder an Bedeutung gewinnen – als bewusster Gegenpol zur Automatisierung. Sprache bleibt ein Schlüssel zu Nähe, Identität und Wirkung. KI verändert, wie wir sie nutzen – aber nicht, warum wir sie brauchen. Vorausgesetzt, wir setzen sie mit Verantwortung und Empathie ein.

 

Die Autorinnen

Sylvia Tantzen (Foto links) ist Wachstums- und Kommunikationsexpertin mit über 20 Jahren Führungserfahrung in den Bereichen Künstliche Intelligenz, HR und digitale Transformation. Sie hatte leitende Positionen bei T-Systems und novomind inne, wo sie unter anderem Innovationen, Go-to-Market-Strategien und internationale Expansion im Technologiesektor verantwortete. Später engagierte sie sich als aktive Business Angel und wurde für ihren Beitrag zum Startup-Ökosystem als „Business Angel des Jahres“ ausgezeichnet. Seit 2024 leitet sie das Wachstum von Berlitz Europe – mit Fokus auf Customer Success, Future Skills und einer menschenzentrierten Transformation.

Taranée Hellbeck (Foto rechts) ist Projekt- und Eventmanagerin DACH bei Berlitz Deutschland und verantwortlich für die strategische Planung und Umsetzung von B2B-Events mit Fokus auf Wissenstransfer und Markenpositionierung. Mit einem Master in European Project Management und internationaler Erfahrung bringt sie strukturiertes Projektmanagement, kreative Eventkonzepte und zielgerichtete Stakeholder-Kommunikation zusammen. Ihr Schwerpunkt liegt auf der Sichtbarkeit von Weiterbildungsangeboten, dem Ausbau von Kundenbeziehungen und der Organisation wirkungsvoller Veranstaltungen.



 

Newsletter

Hier erfährst Du einmal in der Woche, wo Künstliche Intelligenz in das Marketing eingreift, welche Trends sich abzeichnen und wie sie Kommunikation und Medien verändert. Informativ, unterhaltsam, nachdenklich.

Schließe Dich den 1.800+ Abonnenten an, kostenlos.

Newsletter

Hier erfährst Du einmal in der Woche, wo Künstliche Intelligenz in das Marketing eingreift, welche Trends sich abzeichnen und wie sie Kommunikation und Medien verändert. Informativ, unterhaltsam, nachdenklich.

Schließe Dich den 1.800+ Abonnenten an, kostenlos.

Newsletter

Hier erfährst Du einmal in der Woche, wo Künstliche Intelligenz in das Marketing eingreift, welche Trends sich abzeichnen und wie sie Kommunikation und Medien verändert. Informativ, unterhaltsam, nachdenklich.

Schließe Dich den 1.800+ Abonnenten an, kostenlos.