"KI kann Ineffizienzen im Mediahandel beseitigen"

Interview

5 Minuten

11.03.2019

Helmut van Rinsum

Portrait von Brian Fitzpatrick

Machine Learning ist für ein effektives Media-Trading bereits heute unerlässlich. Dennoch sind die Möglichkeiten noch längst nicht ausgeschöpft. In einem Interview skizziert Brian Fitzpatrick, General Manager EMEA von IPONWEB, wo die Branche heute steht, welches Potenzial besteht und wie sich Programmatic Advertising mit Künstlicher Intelligenz entwickeln wird.

Ähnlich wie von der Blockchain, erhoffen sich Marketer auch vom Machine Learning einen Quantensprung im digitalen Marketing. Beim programmatischen Einkauf sollen dadurch Umsätze und Effizienz gesteigert werden. Wie sehen Sie es: Durchschlagende Veränderungen oder Verbesserungen in  kleinen Schritten?



Brian Fitzpatrick: Maschinelles Lernen ist eines der spannendsten Entwicklungsfelder in der Werbebranche und ist schon heute für ein wirklich effektives programmatisches Media-Trading unerlässlich. Obwohl das maschinelle Lernen bereits auf vielen erfolgreichen programmatischen Plattformen eingesetzt wird, können Werbetreibende auf traditionellen Demand-Side-Plattformen bisher lediglich eine begrenzte Anzahl von Parametern definieren – basierend auf den Funktionen, die die jeweilige Plattform zur Verfügung stellt. Herkömmliche DSPs ermöglichen zwar eine gewisse Automatisierung im Media-Trading, aber die Kampagnenparameter werden immer noch durch den Menschen bewertet und geändert.



Mit anderen Worten: Da ist noch viel Entwicklungspotenzial.



Fitzpatrick: Für 2019 wird für den deutschen programmatischen Werbemarkt ein Wachstum von 15 Prozent prognostiziert. Wer diese Chance nutzen will, muss maschinelles Lernen einsetzen. Denn nur so können die enormen Datenmengen, die in den digitalen Medien produziert werden und die beim Realtime-Bidding nötige Entscheidungsgeschwindigkeit effektiv genutzt werden. Aktuell kann ein Media-Einkäufer für das Erreichen der Kundenziele zwischen zehn unterschiedlichen Strategien wählen und basierend auf einigen wenigen Kennzahlen, zum Beispiel Klicks, die jedoch entscheidend für den Erfolg sind, optimieren. Im Vergleich dazu können beim maschinellen Lernen hunderte Strategien angewendet werden: mit zahlreichen Variablen und der Optimierung in Echtzeit, basierend auf mehreren Kundenzielen oder -ergebnissen. Es stellt sich daher nicht die Frage, welche Lösung sich wahrscheinlich durchsetzen wird.



Welche praktischen Erfahrungen haben Sie mit Machine Learning denn bereits gemacht? Was ist heute schon möglich?



Fitzpatrick: Wir entwickeln seit einigen Jahren Technologien im Bereich des maschinellen Lernens und können daher auf einen umfassenden Erfahrungsschatz und erste Erfolge zurückblicken. Allerdings hat jeder unserer Kunden individuelle Anforderungen. Daher variieren die Strategien des maschinellen Lernens für jeden Kunden und Anwendungsfall. Abhängig von den Geschäftszielen des Media-Einkäufers müssen deshalb unterschiedliche Strategien eingesetzt werden, um den Erfolg der Kampagne zu gewährleisten.



Können Sie dies an einem Beispiel erläutern?



Fitzpatrick: Eine Performance-Buying-Agentur kann beispielsweise eine Strategie verfolgen, bei der auf die spezifischen Ziele ihrer Kunden hin optimiert und gleichzeitig die von ihr erzielte Gewinnmarge maximiert wird. Bei der Optimierung auf mehrere Ziele hin kann maschinelles Lernen also dazu eingesetzt werden, sowohl die Bedürfnisse der Agentur als auch die des Werbetreibenden zu erfüllen. Mit maschinellem Lernen könnten Werbetreibende auch anstelle von Proxys – wie Klicks oder Klickraten – auf konkrete Geschäftsergebnisse hin optimieren. Dabei können die Erfolgsindikatoren des Werbetreibenden dazu verwendet werden, Optimierungsmodelle zu trainieren, die das maschinelle Lernen kontinuierlich in Bezug auf Top-Performance-Sites, Werbematerial, Platzierungen, Geo-Daten, Gerätetypen, Tageszeiten und andere Kriterien hin innerhalb der angegebenen Kampagnenparameter verbessern.



Im Programmatic Advertising ändern sich die Variablen innerhalb von Millisekunden, so dass eine manuelle Überwachung ineffizient und ineffektiv ist. Performance-Einkäufer können mit Hilfe von fortschrittlichen Machine-Learning-Lösungen kontinuierlich die Angebotsseite bewerten, neue Datenpools auf ihre Verwendbarkeit für ihre Zwecke überprüfen, ihre Einkaufsstrategie optimieren und um ihre Geschäftsziele kostengünstig und innerhalb der vorgegebenen Parameter zu erreichen.



Können die erforderlichen Algorithmen eigentlich einfach so entwickelt und eingesetzt werden?



Fitzpatrick: Der Erfolg der Algorithmen hängt von der Qualität der Ingenieure ab, die sie programmieren, von der Qualität der Daten, die dazu verwendet werden, die Algorithmen zu trainieren, sowie davon, wie aufwändig sie hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit und Genauigkeit optimiert werden. Wir bei IPONWEB haben beispielsweise über 30 Jahre in die Entwicklung eines hocheffizienten maschinellen Frameworks investiert, mit dem Ziele und Strategien zur Erreichung der KPIs definiert werden können.



Die Frage, wie einfach sie zu verwenden sind, ist insofern komplizierter, da dies von der Investition abhängt, die die Buy-Side-Plattform in das Machine-Learning-Framework getätigt hat. Um bei dem vorherigen Beispiel zu bleiben: Wir haben das Framework entwickelt, um reibungslos mit den maßgeschneiderten Algorithmen der Kunden arbeiten zu können und diese über eine Plattform in Echtzeit für mehrere, manchmal auch konkurrierende Ziele zu nutzen. Dabei wird das Framework immer auf das individuelle Geschäftsmodell des Kunden zugeschnitten. Herkömmliche Demand-Side-Plattformen können meistens keine Echtzeit-Analysen durchführen, so dass die Kampagnendaten offline ausgewertet werden müssen. Erst dann kann ein neues Einkaufsmodell in das System integriert werden. Auch wenn beide Vorgehensweisen die gleichen Datensignale verwenden, sind sie unterschiedlich in ihrer Effizienz.



Werden die Fortschritte beim Machine Learning mittelfristig die Form der DSPs verändern?



Fitzpatrick: Maschinelles Lernen ist bereits Teil vieler führender Demand-Side-Plattformen, allerdings ist es unwahrscheinlich, dass DSPs ihre derzeitige Form beibehalten werden. Werbetreibende werden immer mehr über ihre Kunden wissen und dieses Wissen vermehrt dazu nutzen, ihre eigenen Wettbewerbsvorteile zu erhalten. Werbetreibende werden ihre Kundendaten immer genauer überwachen. Demand-Side-Plattformen, die Tools entwickeln, die vorhersagen können, wann neue Kunden am wahrscheinlichsten auf dem Markt sind, werden zunehmend hart umkämpft. Unternehmen, die Kaufabsichten tatsächlich erkennen können, werden für Werbetreibende dabei am wertvollsten sein. Mit Hilfe von maschinellem Lernen können Verhaltensweisen erkannt und Werbung in Echtzeit individuell angepasst werden. Und genau darin liegt heute die Herausforderung für Demand-Side-Plattformen und Media-Einkäufer.



DSPs, deren Geschäftsmodell auf der Definition von Listen mit voreingestellten Parametern beruht, werden schon bald von Buy-Side-Plattformen ersetzt werden, mit denen Werbetreibende erstens ihre individuellen 1st-Party-Daten nutzen können, um zweitens damit ihre individuellen Machine-Learning-Strategien zu unterstützen.



Was wird sich damit im Arbeitsalltag der Mitarbeiter ändern? Auf was müssen sie verstärkt achten?



Fitzpatrick: Die Aufgaben eines traditionellen Media-Einkäufers unterscheiden sich stark von den Aufgaben derjenigen, die für das Trainieren der künstlichen Intelligenz eingesetzt werden. Media-Einkäufer werden oft mehr Wert auf die Platzierung, den Websitebetreiber, also den Publisher, und die Qualität der angebotenen Werbeflächen, das Inventory, legen. in den letzten Jahren hat sich die Beziehung zwischen Media-Einkäufer und Publisher weiter auseinanderentwickelt. Für große Werbetreibende ist es wichtig, dass diese Verbindung wiederhergestellt wird, auch wenn ihr Trading programmatisch erfolgt.



Gleichzeitig wird sich das Team, das am maschinellen Lernen arbeitet, mehr mit den individuellen Performance-Metriken beschäftigen, welche für die erwarteten Geschäftsergebnisse ausschlaggebend sind. Die Metriken stehen dabei im Vordergrund mit dem Fokus darauf, dass Kunden eine App herunterladen, dass ein Produkt gekauft oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen wird. Alles andere wird auf das Erreichen der Ziele hin optimiert.



Verlieren Trader Ihre Jobs oder haben Sie einfach künftig mehr Zeit für Dinge wie übergeordnete Strategieentwicklung?



Fitzpatrick: Um eine KI zu trainieren, benötigt man ganz andere Fähigkeiten als bisher relevant waren. Denn dabei werden zehn oder mehr Parameter trainiert, von denen man weiß, dass sie erfolgreich bei der Zielgruppenansprache sein werden, so dass viel mehr Gedanken in den Aufbau der Kampagne einfließen können. Ist die KI trainiert, startet der Prozess des Testens von leicht veränderten Parametern und der Auswertung der Resultate. Dieser Prozess wird für die kontinuierliche Optimierung und Skalierung der Kampagne genutzt. Das ist ein völlig neues Aufgabenfeld für Media-Einkäufer und die dazu benötigten Experten sind derzeit Mangelware. 



Aktuell werden die operierenden Programmatic Teams dazu eingesetzt, die AI zu trainieren, da sie näher an den Metriken einer Kampagne sind und ihre Ziele kennen. Im Gegenzug kennen Media-Einkäufer und Agenturen die Anforderungen, die Ziele und Zielgruppen ihrer Kunden. Mit Hilfe von AI können sie sich bald – statt auf die Optimierung – auf die Entwicklung der Strategie und der Definition der einzelnen Komponenten der Kampagnen konzentrieren. Es profitieren also beide Seiten.



Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein? Könnte Artificial Intelligence schon bald gewissermaßen in Eigenverantwortung das Programmatic Advertising steuern?



Fitzpatrick: Das passiert bereits. Und aufgrund der dadurch erzielten Effizienz und Kosteneersparnis wird der Anteil weiter wachsen. Allerdings kann aus meiner Sicht KI nicht in allen Bereichen erfolgreich eingesetzt werden. Vor allem beim Aufbau einer Marke erzielen KI und maschinelles Lernen bisher keine zuverlässigen Ergebnisse. Qualifizierte Media-Experten werden immer noch benötigt, um Werbetreibenden beim Markenaufbau zu helfen und die emotionale Bindung zu schaffen, die Menschen bei bestimmter Markenwerbung verspüren. 



Wie wir jedoch beim Handel mit Aktien und Anteilen sehen, sind Maschinen besser in der Lage, schnell auf kleine Abweichungen zu reagieren, um einen Handel zu optimieren. Der Mensch wird immer eine entscheidende Rolle spielen, aber ihre Rolle wird sich ändern.



Wo liegen auf diesem Weg die größten Hürden?



Fitzpatrick: Der PageRank Algorithmus des Google-Gründers Larry Page ist einer der berühmtesten Algorithmen der Welt. Er entwickelt sich regelmäßig weiter und ändert sich, um cleveren Suchmaschinenoptimierungs-Unternehmen voraus zu sein. Ähnlich wird es den Media-Einkäufern in ihrem Bestreben ergehen, den richtigen Kunden zu finden. Die KI-Technologie muss sich weiter verändern und weiterentwickeln, damit sie das, was gestern nicht funktioniert hat, heute umsetzen kann. Sie muss verstehen, dass die Menschen, wenn es regnet, sehr wahrscheinlich ein Taxi anrufen. Und wenn die deutsche Fußballmannschaft im WM-Finale steht, kann sie mehr Anzeigen für Just Eat schalten. Der Mensch war schon immer gut beim Media-Einkauf, wusste aber nicht immer, ob er das richtige Publikum erreicht. Kombiniert er nun seine Expertise mit Künstlicher Intelligenz, kann der Mediahandel davon profitieren und einige Ineffizienzen und Verluste beseitigt werden.



Das Interview führte Helmut van Rinsum



Brian Fitzpatrick, General Manager EMEA, verantwortet den strategischen Ausbau des Europageschäfts von IPONWEB, einem der weltweit führenden Anbieter von Programmatic- und RTB-Technologie. Er gehörte zu den ersten Online-Media-Einkäufern der Mediacom London und ist seit 1995 im Bereich der digitalen Medien tätig. Fitzpatrick arbeitete zuvor für bekannte Unternehmen wie Lycos Europe und baute das Europageschäft der WPPs Media Innovation Group (MIG) Xaxis erfolgreich aus. Er wurde zum europäischen Managing Director von Adapt.tv ernannt. Dort leitete die Expansion der Video-Advertising-Technologie in Europa, bis sie 2013 von AOL übernommen wurde.



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Machine Learning ist für ein effektives Media-Trading bereits heute unerlässlich. Dennoch sind die Möglichkeiten noch längst nicht ausgeschöpft. In einem Interview skizziert Brian Fitzpatrick, General Manager EMEA von IPONWEB, wo die Branche heute steht, welches Potenzial besteht und wie sich Programmatic Advertising mit Künstlicher Intelligenz entwickeln wird.

Ähnlich wie von der Blockchain, erhoffen sich Marketer auch vom Machine Learning einen Quantensprung im digitalen Marketing. Beim programmatischen Einkauf sollen dadurch Umsätze und Effizienz gesteigert werden. Wie sehen Sie es: Durchschlagende Veränderungen oder Verbesserungen in  kleinen Schritten?



Brian Fitzpatrick: Maschinelles Lernen ist eines der spannendsten Entwicklungsfelder in der Werbebranche und ist schon heute für ein wirklich effektives programmatisches Media-Trading unerlässlich. Obwohl das maschinelle Lernen bereits auf vielen erfolgreichen programmatischen Plattformen eingesetzt wird, können Werbetreibende auf traditionellen Demand-Side-Plattformen bisher lediglich eine begrenzte Anzahl von Parametern definieren – basierend auf den Funktionen, die die jeweilige Plattform zur Verfügung stellt. Herkömmliche DSPs ermöglichen zwar eine gewisse Automatisierung im Media-Trading, aber die Kampagnenparameter werden immer noch durch den Menschen bewertet und geändert.



Mit anderen Worten: Da ist noch viel Entwicklungspotenzial.



Fitzpatrick: Für 2019 wird für den deutschen programmatischen Werbemarkt ein Wachstum von 15 Prozent prognostiziert. Wer diese Chance nutzen will, muss maschinelles Lernen einsetzen. Denn nur so können die enormen Datenmengen, die in den digitalen Medien produziert werden und die beim Realtime-Bidding nötige Entscheidungsgeschwindigkeit effektiv genutzt werden. Aktuell kann ein Media-Einkäufer für das Erreichen der Kundenziele zwischen zehn unterschiedlichen Strategien wählen und basierend auf einigen wenigen Kennzahlen, zum Beispiel Klicks, die jedoch entscheidend für den Erfolg sind, optimieren. Im Vergleich dazu können beim maschinellen Lernen hunderte Strategien angewendet werden: mit zahlreichen Variablen und der Optimierung in Echtzeit, basierend auf mehreren Kundenzielen oder -ergebnissen. Es stellt sich daher nicht die Frage, welche Lösung sich wahrscheinlich durchsetzen wird.



Welche praktischen Erfahrungen haben Sie mit Machine Learning denn bereits gemacht? Was ist heute schon möglich?



Fitzpatrick: Wir entwickeln seit einigen Jahren Technologien im Bereich des maschinellen Lernens und können daher auf einen umfassenden Erfahrungsschatz und erste Erfolge zurückblicken. Allerdings hat jeder unserer Kunden individuelle Anforderungen. Daher variieren die Strategien des maschinellen Lernens für jeden Kunden und Anwendungsfall. Abhängig von den Geschäftszielen des Media-Einkäufers müssen deshalb unterschiedliche Strategien eingesetzt werden, um den Erfolg der Kampagne zu gewährleisten.



Können Sie dies an einem Beispiel erläutern?



Fitzpatrick: Eine Performance-Buying-Agentur kann beispielsweise eine Strategie verfolgen, bei der auf die spezifischen Ziele ihrer Kunden hin optimiert und gleichzeitig die von ihr erzielte Gewinnmarge maximiert wird. Bei der Optimierung auf mehrere Ziele hin kann maschinelles Lernen also dazu eingesetzt werden, sowohl die Bedürfnisse der Agentur als auch die des Werbetreibenden zu erfüllen. Mit maschinellem Lernen könnten Werbetreibende auch anstelle von Proxys – wie Klicks oder Klickraten – auf konkrete Geschäftsergebnisse hin optimieren. Dabei können die Erfolgsindikatoren des Werbetreibenden dazu verwendet werden, Optimierungsmodelle zu trainieren, die das maschinelle Lernen kontinuierlich in Bezug auf Top-Performance-Sites, Werbematerial, Platzierungen, Geo-Daten, Gerätetypen, Tageszeiten und andere Kriterien hin innerhalb der angegebenen Kampagnenparameter verbessern.



Im Programmatic Advertising ändern sich die Variablen innerhalb von Millisekunden, so dass eine manuelle Überwachung ineffizient und ineffektiv ist. Performance-Einkäufer können mit Hilfe von fortschrittlichen Machine-Learning-Lösungen kontinuierlich die Angebotsseite bewerten, neue Datenpools auf ihre Verwendbarkeit für ihre Zwecke überprüfen, ihre Einkaufsstrategie optimieren und um ihre Geschäftsziele kostengünstig und innerhalb der vorgegebenen Parameter zu erreichen.



Können die erforderlichen Algorithmen eigentlich einfach so entwickelt und eingesetzt werden?



Fitzpatrick: Der Erfolg der Algorithmen hängt von der Qualität der Ingenieure ab, die sie programmieren, von der Qualität der Daten, die dazu verwendet werden, die Algorithmen zu trainieren, sowie davon, wie aufwändig sie hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit und Genauigkeit optimiert werden. Wir bei IPONWEB haben beispielsweise über 30 Jahre in die Entwicklung eines hocheffizienten maschinellen Frameworks investiert, mit dem Ziele und Strategien zur Erreichung der KPIs definiert werden können.



Die Frage, wie einfach sie zu verwenden sind, ist insofern komplizierter, da dies von der Investition abhängt, die die Buy-Side-Plattform in das Machine-Learning-Framework getätigt hat. Um bei dem vorherigen Beispiel zu bleiben: Wir haben das Framework entwickelt, um reibungslos mit den maßgeschneiderten Algorithmen der Kunden arbeiten zu können und diese über eine Plattform in Echtzeit für mehrere, manchmal auch konkurrierende Ziele zu nutzen. Dabei wird das Framework immer auf das individuelle Geschäftsmodell des Kunden zugeschnitten. Herkömmliche Demand-Side-Plattformen können meistens keine Echtzeit-Analysen durchführen, so dass die Kampagnendaten offline ausgewertet werden müssen. Erst dann kann ein neues Einkaufsmodell in das System integriert werden. Auch wenn beide Vorgehensweisen die gleichen Datensignale verwenden, sind sie unterschiedlich in ihrer Effizienz.



Werden die Fortschritte beim Machine Learning mittelfristig die Form der DSPs verändern?



Fitzpatrick: Maschinelles Lernen ist bereits Teil vieler führender Demand-Side-Plattformen, allerdings ist es unwahrscheinlich, dass DSPs ihre derzeitige Form beibehalten werden. Werbetreibende werden immer mehr über ihre Kunden wissen und dieses Wissen vermehrt dazu nutzen, ihre eigenen Wettbewerbsvorteile zu erhalten. Werbetreibende werden ihre Kundendaten immer genauer überwachen. Demand-Side-Plattformen, die Tools entwickeln, die vorhersagen können, wann neue Kunden am wahrscheinlichsten auf dem Markt sind, werden zunehmend hart umkämpft. Unternehmen, die Kaufabsichten tatsächlich erkennen können, werden für Werbetreibende dabei am wertvollsten sein. Mit Hilfe von maschinellem Lernen können Verhaltensweisen erkannt und Werbung in Echtzeit individuell angepasst werden. Und genau darin liegt heute die Herausforderung für Demand-Side-Plattformen und Media-Einkäufer.



DSPs, deren Geschäftsmodell auf der Definition von Listen mit voreingestellten Parametern beruht, werden schon bald von Buy-Side-Plattformen ersetzt werden, mit denen Werbetreibende erstens ihre individuellen 1st-Party-Daten nutzen können, um zweitens damit ihre individuellen Machine-Learning-Strategien zu unterstützen.



Was wird sich damit im Arbeitsalltag der Mitarbeiter ändern? Auf was müssen sie verstärkt achten?



Fitzpatrick: Die Aufgaben eines traditionellen Media-Einkäufers unterscheiden sich stark von den Aufgaben derjenigen, die für das Trainieren der künstlichen Intelligenz eingesetzt werden. Media-Einkäufer werden oft mehr Wert auf die Platzierung, den Websitebetreiber, also den Publisher, und die Qualität der angebotenen Werbeflächen, das Inventory, legen. in den letzten Jahren hat sich die Beziehung zwischen Media-Einkäufer und Publisher weiter auseinanderentwickelt. Für große Werbetreibende ist es wichtig, dass diese Verbindung wiederhergestellt wird, auch wenn ihr Trading programmatisch erfolgt.



Gleichzeitig wird sich das Team, das am maschinellen Lernen arbeitet, mehr mit den individuellen Performance-Metriken beschäftigen, welche für die erwarteten Geschäftsergebnisse ausschlaggebend sind. Die Metriken stehen dabei im Vordergrund mit dem Fokus darauf, dass Kunden eine App herunterladen, dass ein Produkt gekauft oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen wird. Alles andere wird auf das Erreichen der Ziele hin optimiert.



Verlieren Trader Ihre Jobs oder haben Sie einfach künftig mehr Zeit für Dinge wie übergeordnete Strategieentwicklung?



Fitzpatrick: Um eine KI zu trainieren, benötigt man ganz andere Fähigkeiten als bisher relevant waren. Denn dabei werden zehn oder mehr Parameter trainiert, von denen man weiß, dass sie erfolgreich bei der Zielgruppenansprache sein werden, so dass viel mehr Gedanken in den Aufbau der Kampagne einfließen können. Ist die KI trainiert, startet der Prozess des Testens von leicht veränderten Parametern und der Auswertung der Resultate. Dieser Prozess wird für die kontinuierliche Optimierung und Skalierung der Kampagne genutzt. Das ist ein völlig neues Aufgabenfeld für Media-Einkäufer und die dazu benötigten Experten sind derzeit Mangelware. 



Aktuell werden die operierenden Programmatic Teams dazu eingesetzt, die AI zu trainieren, da sie näher an den Metriken einer Kampagne sind und ihre Ziele kennen. Im Gegenzug kennen Media-Einkäufer und Agenturen die Anforderungen, die Ziele und Zielgruppen ihrer Kunden. Mit Hilfe von AI können sie sich bald – statt auf die Optimierung – auf die Entwicklung der Strategie und der Definition der einzelnen Komponenten der Kampagnen konzentrieren. Es profitieren also beide Seiten.



Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein? Könnte Artificial Intelligence schon bald gewissermaßen in Eigenverantwortung das Programmatic Advertising steuern?



Fitzpatrick: Das passiert bereits. Und aufgrund der dadurch erzielten Effizienz und Kosteneersparnis wird der Anteil weiter wachsen. Allerdings kann aus meiner Sicht KI nicht in allen Bereichen erfolgreich eingesetzt werden. Vor allem beim Aufbau einer Marke erzielen KI und maschinelles Lernen bisher keine zuverlässigen Ergebnisse. Qualifizierte Media-Experten werden immer noch benötigt, um Werbetreibenden beim Markenaufbau zu helfen und die emotionale Bindung zu schaffen, die Menschen bei bestimmter Markenwerbung verspüren. 



Wie wir jedoch beim Handel mit Aktien und Anteilen sehen, sind Maschinen besser in der Lage, schnell auf kleine Abweichungen zu reagieren, um einen Handel zu optimieren. Der Mensch wird immer eine entscheidende Rolle spielen, aber ihre Rolle wird sich ändern.



Wo liegen auf diesem Weg die größten Hürden?



Fitzpatrick: Der PageRank Algorithmus des Google-Gründers Larry Page ist einer der berühmtesten Algorithmen der Welt. Er entwickelt sich regelmäßig weiter und ändert sich, um cleveren Suchmaschinenoptimierungs-Unternehmen voraus zu sein. Ähnlich wird es den Media-Einkäufern in ihrem Bestreben ergehen, den richtigen Kunden zu finden. Die KI-Technologie muss sich weiter verändern und weiterentwickeln, damit sie das, was gestern nicht funktioniert hat, heute umsetzen kann. Sie muss verstehen, dass die Menschen, wenn es regnet, sehr wahrscheinlich ein Taxi anrufen. Und wenn die deutsche Fußballmannschaft im WM-Finale steht, kann sie mehr Anzeigen für Just Eat schalten. Der Mensch war schon immer gut beim Media-Einkauf, wusste aber nicht immer, ob er das richtige Publikum erreicht. Kombiniert er nun seine Expertise mit Künstlicher Intelligenz, kann der Mediahandel davon profitieren und einige Ineffizienzen und Verluste beseitigt werden.



Das Interview führte Helmut van Rinsum



Brian Fitzpatrick, General Manager EMEA, verantwortet den strategischen Ausbau des Europageschäfts von IPONWEB, einem der weltweit führenden Anbieter von Programmatic- und RTB-Technologie. Er gehörte zu den ersten Online-Media-Einkäufern der Mediacom London und ist seit 1995 im Bereich der digitalen Medien tätig. Fitzpatrick arbeitete zuvor für bekannte Unternehmen wie Lycos Europe und baute das Europageschäft der WPPs Media Innovation Group (MIG) Xaxis erfolgreich aus. Er wurde zum europäischen Managing Director von Adapt.tv ernannt. Dort leitete die Expansion der Video-Advertising-Technologie in Europa, bis sie 2013 von AOL übernommen wurde.



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"KI kann Ineffizienzen im Mediahandel beseitigen"

Interview

5 Minuten

11.03.2019

Helmut van Rinsum

Portrait von Brian Fitzpatrick

Machine Learning ist für ein effektives Media-Trading bereits heute unerlässlich. Dennoch sind die Möglichkeiten noch längst nicht ausgeschöpft. In einem Interview skizziert Brian Fitzpatrick, General Manager EMEA von IPONWEB, wo die Branche heute steht, welches Potenzial besteht und wie sich Programmatic Advertising mit Künstlicher Intelligenz entwickeln wird.

Ähnlich wie von der Blockchain, erhoffen sich Marketer auch vom Machine Learning einen Quantensprung im digitalen Marketing. Beim programmatischen Einkauf sollen dadurch Umsätze und Effizienz gesteigert werden. Wie sehen Sie es: Durchschlagende Veränderungen oder Verbesserungen in  kleinen Schritten?



Brian Fitzpatrick: Maschinelles Lernen ist eines der spannendsten Entwicklungsfelder in der Werbebranche und ist schon heute für ein wirklich effektives programmatisches Media-Trading unerlässlich. Obwohl das maschinelle Lernen bereits auf vielen erfolgreichen programmatischen Plattformen eingesetzt wird, können Werbetreibende auf traditionellen Demand-Side-Plattformen bisher lediglich eine begrenzte Anzahl von Parametern definieren – basierend auf den Funktionen, die die jeweilige Plattform zur Verfügung stellt. Herkömmliche DSPs ermöglichen zwar eine gewisse Automatisierung im Media-Trading, aber die Kampagnenparameter werden immer noch durch den Menschen bewertet und geändert.



Mit anderen Worten: Da ist noch viel Entwicklungspotenzial.



Fitzpatrick: Für 2019 wird für den deutschen programmatischen Werbemarkt ein Wachstum von 15 Prozent prognostiziert. Wer diese Chance nutzen will, muss maschinelles Lernen einsetzen. Denn nur so können die enormen Datenmengen, die in den digitalen Medien produziert werden und die beim Realtime-Bidding nötige Entscheidungsgeschwindigkeit effektiv genutzt werden. Aktuell kann ein Media-Einkäufer für das Erreichen der Kundenziele zwischen zehn unterschiedlichen Strategien wählen und basierend auf einigen wenigen Kennzahlen, zum Beispiel Klicks, die jedoch entscheidend für den Erfolg sind, optimieren. Im Vergleich dazu können beim maschinellen Lernen hunderte Strategien angewendet werden: mit zahlreichen Variablen und der Optimierung in Echtzeit, basierend auf mehreren Kundenzielen oder -ergebnissen. Es stellt sich daher nicht die Frage, welche Lösung sich wahrscheinlich durchsetzen wird.



Welche praktischen Erfahrungen haben Sie mit Machine Learning denn bereits gemacht? Was ist heute schon möglich?



Fitzpatrick: Wir entwickeln seit einigen Jahren Technologien im Bereich des maschinellen Lernens und können daher auf einen umfassenden Erfahrungsschatz und erste Erfolge zurückblicken. Allerdings hat jeder unserer Kunden individuelle Anforderungen. Daher variieren die Strategien des maschinellen Lernens für jeden Kunden und Anwendungsfall. Abhängig von den Geschäftszielen des Media-Einkäufers müssen deshalb unterschiedliche Strategien eingesetzt werden, um den Erfolg der Kampagne zu gewährleisten.



Können Sie dies an einem Beispiel erläutern?



Fitzpatrick: Eine Performance-Buying-Agentur kann beispielsweise eine Strategie verfolgen, bei der auf die spezifischen Ziele ihrer Kunden hin optimiert und gleichzeitig die von ihr erzielte Gewinnmarge maximiert wird. Bei der Optimierung auf mehrere Ziele hin kann maschinelles Lernen also dazu eingesetzt werden, sowohl die Bedürfnisse der Agentur als auch die des Werbetreibenden zu erfüllen. Mit maschinellem Lernen könnten Werbetreibende auch anstelle von Proxys – wie Klicks oder Klickraten – auf konkrete Geschäftsergebnisse hin optimieren. Dabei können die Erfolgsindikatoren des Werbetreibenden dazu verwendet werden, Optimierungsmodelle zu trainieren, die das maschinelle Lernen kontinuierlich in Bezug auf Top-Performance-Sites, Werbematerial, Platzierungen, Geo-Daten, Gerätetypen, Tageszeiten und andere Kriterien hin innerhalb der angegebenen Kampagnenparameter verbessern.



Im Programmatic Advertising ändern sich die Variablen innerhalb von Millisekunden, so dass eine manuelle Überwachung ineffizient und ineffektiv ist. Performance-Einkäufer können mit Hilfe von fortschrittlichen Machine-Learning-Lösungen kontinuierlich die Angebotsseite bewerten, neue Datenpools auf ihre Verwendbarkeit für ihre Zwecke überprüfen, ihre Einkaufsstrategie optimieren und um ihre Geschäftsziele kostengünstig und innerhalb der vorgegebenen Parameter zu erreichen.



Können die erforderlichen Algorithmen eigentlich einfach so entwickelt und eingesetzt werden?



Fitzpatrick: Der Erfolg der Algorithmen hängt von der Qualität der Ingenieure ab, die sie programmieren, von der Qualität der Daten, die dazu verwendet werden, die Algorithmen zu trainieren, sowie davon, wie aufwändig sie hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit und Genauigkeit optimiert werden. Wir bei IPONWEB haben beispielsweise über 30 Jahre in die Entwicklung eines hocheffizienten maschinellen Frameworks investiert, mit dem Ziele und Strategien zur Erreichung der KPIs definiert werden können.



Die Frage, wie einfach sie zu verwenden sind, ist insofern komplizierter, da dies von der Investition abhängt, die die Buy-Side-Plattform in das Machine-Learning-Framework getätigt hat. Um bei dem vorherigen Beispiel zu bleiben: Wir haben das Framework entwickelt, um reibungslos mit den maßgeschneiderten Algorithmen der Kunden arbeiten zu können und diese über eine Plattform in Echtzeit für mehrere, manchmal auch konkurrierende Ziele zu nutzen. Dabei wird das Framework immer auf das individuelle Geschäftsmodell des Kunden zugeschnitten. Herkömmliche Demand-Side-Plattformen können meistens keine Echtzeit-Analysen durchführen, so dass die Kampagnendaten offline ausgewertet werden müssen. Erst dann kann ein neues Einkaufsmodell in das System integriert werden. Auch wenn beide Vorgehensweisen die gleichen Datensignale verwenden, sind sie unterschiedlich in ihrer Effizienz.



Werden die Fortschritte beim Machine Learning mittelfristig die Form der DSPs verändern?



Fitzpatrick: Maschinelles Lernen ist bereits Teil vieler führender Demand-Side-Plattformen, allerdings ist es unwahrscheinlich, dass DSPs ihre derzeitige Form beibehalten werden. Werbetreibende werden immer mehr über ihre Kunden wissen und dieses Wissen vermehrt dazu nutzen, ihre eigenen Wettbewerbsvorteile zu erhalten. Werbetreibende werden ihre Kundendaten immer genauer überwachen. Demand-Side-Plattformen, die Tools entwickeln, die vorhersagen können, wann neue Kunden am wahrscheinlichsten auf dem Markt sind, werden zunehmend hart umkämpft. Unternehmen, die Kaufabsichten tatsächlich erkennen können, werden für Werbetreibende dabei am wertvollsten sein. Mit Hilfe von maschinellem Lernen können Verhaltensweisen erkannt und Werbung in Echtzeit individuell angepasst werden. Und genau darin liegt heute die Herausforderung für Demand-Side-Plattformen und Media-Einkäufer.



DSPs, deren Geschäftsmodell auf der Definition von Listen mit voreingestellten Parametern beruht, werden schon bald von Buy-Side-Plattformen ersetzt werden, mit denen Werbetreibende erstens ihre individuellen 1st-Party-Daten nutzen können, um zweitens damit ihre individuellen Machine-Learning-Strategien zu unterstützen.



Was wird sich damit im Arbeitsalltag der Mitarbeiter ändern? Auf was müssen sie verstärkt achten?



Fitzpatrick: Die Aufgaben eines traditionellen Media-Einkäufers unterscheiden sich stark von den Aufgaben derjenigen, die für das Trainieren der künstlichen Intelligenz eingesetzt werden. Media-Einkäufer werden oft mehr Wert auf die Platzierung, den Websitebetreiber, also den Publisher, und die Qualität der angebotenen Werbeflächen, das Inventory, legen. in den letzten Jahren hat sich die Beziehung zwischen Media-Einkäufer und Publisher weiter auseinanderentwickelt. Für große Werbetreibende ist es wichtig, dass diese Verbindung wiederhergestellt wird, auch wenn ihr Trading programmatisch erfolgt.



Gleichzeitig wird sich das Team, das am maschinellen Lernen arbeitet, mehr mit den individuellen Performance-Metriken beschäftigen, welche für die erwarteten Geschäftsergebnisse ausschlaggebend sind. Die Metriken stehen dabei im Vordergrund mit dem Fokus darauf, dass Kunden eine App herunterladen, dass ein Produkt gekauft oder eine Dienstleistung in Anspruch genommen wird. Alles andere wird auf das Erreichen der Ziele hin optimiert.



Verlieren Trader Ihre Jobs oder haben Sie einfach künftig mehr Zeit für Dinge wie übergeordnete Strategieentwicklung?



Fitzpatrick: Um eine KI zu trainieren, benötigt man ganz andere Fähigkeiten als bisher relevant waren. Denn dabei werden zehn oder mehr Parameter trainiert, von denen man weiß, dass sie erfolgreich bei der Zielgruppenansprache sein werden, so dass viel mehr Gedanken in den Aufbau der Kampagne einfließen können. Ist die KI trainiert, startet der Prozess des Testens von leicht veränderten Parametern und der Auswertung der Resultate. Dieser Prozess wird für die kontinuierliche Optimierung und Skalierung der Kampagne genutzt. Das ist ein völlig neues Aufgabenfeld für Media-Einkäufer und die dazu benötigten Experten sind derzeit Mangelware. 



Aktuell werden die operierenden Programmatic Teams dazu eingesetzt, die AI zu trainieren, da sie näher an den Metriken einer Kampagne sind und ihre Ziele kennen. Im Gegenzug kennen Media-Einkäufer und Agenturen die Anforderungen, die Ziele und Zielgruppen ihrer Kunden. Mit Hilfe von AI können sie sich bald – statt auf die Optimierung – auf die Entwicklung der Strategie und der Definition der einzelnen Komponenten der Kampagnen konzentrieren. Es profitieren also beide Seiten.



Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein? Könnte Artificial Intelligence schon bald gewissermaßen in Eigenverantwortung das Programmatic Advertising steuern?



Fitzpatrick: Das passiert bereits. Und aufgrund der dadurch erzielten Effizienz und Kosteneersparnis wird der Anteil weiter wachsen. Allerdings kann aus meiner Sicht KI nicht in allen Bereichen erfolgreich eingesetzt werden. Vor allem beim Aufbau einer Marke erzielen KI und maschinelles Lernen bisher keine zuverlässigen Ergebnisse. Qualifizierte Media-Experten werden immer noch benötigt, um Werbetreibenden beim Markenaufbau zu helfen und die emotionale Bindung zu schaffen, die Menschen bei bestimmter Markenwerbung verspüren. 



Wie wir jedoch beim Handel mit Aktien und Anteilen sehen, sind Maschinen besser in der Lage, schnell auf kleine Abweichungen zu reagieren, um einen Handel zu optimieren. Der Mensch wird immer eine entscheidende Rolle spielen, aber ihre Rolle wird sich ändern.



Wo liegen auf diesem Weg die größten Hürden?



Fitzpatrick: Der PageRank Algorithmus des Google-Gründers Larry Page ist einer der berühmtesten Algorithmen der Welt. Er entwickelt sich regelmäßig weiter und ändert sich, um cleveren Suchmaschinenoptimierungs-Unternehmen voraus zu sein. Ähnlich wird es den Media-Einkäufern in ihrem Bestreben ergehen, den richtigen Kunden zu finden. Die KI-Technologie muss sich weiter verändern und weiterentwickeln, damit sie das, was gestern nicht funktioniert hat, heute umsetzen kann. Sie muss verstehen, dass die Menschen, wenn es regnet, sehr wahrscheinlich ein Taxi anrufen. Und wenn die deutsche Fußballmannschaft im WM-Finale steht, kann sie mehr Anzeigen für Just Eat schalten. Der Mensch war schon immer gut beim Media-Einkauf, wusste aber nicht immer, ob er das richtige Publikum erreicht. Kombiniert er nun seine Expertise mit Künstlicher Intelligenz, kann der Mediahandel davon profitieren und einige Ineffizienzen und Verluste beseitigt werden.



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Brian Fitzpatrick, General Manager EMEA, verantwortet den strategischen Ausbau des Europageschäfts von IPONWEB, einem der weltweit führenden Anbieter von Programmatic- und RTB-Technologie. Er gehörte zu den ersten Online-Media-Einkäufern der Mediacom London und ist seit 1995 im Bereich der digitalen Medien tätig. Fitzpatrick arbeitete zuvor für bekannte Unternehmen wie Lycos Europe und baute das Europageschäft der WPPs Media Innovation Group (MIG) Xaxis erfolgreich aus. Er wurde zum europäischen Managing Director von Adapt.tv ernannt. Dort leitete die Expansion der Video-Advertising-Technologie in Europa, bis sie 2013 von AOL übernommen wurde.



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