Sanchan Saxena: „KI löst konkrete Probleme“

Interview

4 Minuten

13.06.2025

Wenn Arbeitstools plötzlich mitdenken: Sanchan Saxena, Head of Product for Workmanagement bei Atlassian, erklärt im Interview, wie Rovo-Agenten den Workflow in Unternehmen deutlich verändern. Statt bloßer Unterstützung wird KI zum proaktiven Teammitglied. Ein Gespräch über vernetzte Systeme, antizipierende Agenten und den Wandel hin zu „AI in Flow“.

Sanchan, Sie sind bei Atlassian für Produkte wie Confluence, Trello und Loom verantwortlich. Wie haben sich diese Tools verändert, seit die KI-Funktionen wie Rovo eingeführt wurden?

Der größte Unterschied ist, dass unsere Produkte nicht mehr nur reaktiv sind – sie werden zunehmend proaktiv. Mit Rovo haben wir ein System eingeführt, das Inhalte nicht nur findet, sondern versteht. Das verändert die Nutzung fundamental. Statt nach Informationen zu suchen, bekommen Teams Antworten, die kontextualisiert und relevant sind. Loom-Videos können automatisch zusammengefasst werden, Confluence-Inhalte werden intelligenter durchsucht, Trello-Karten lassen sich effizienter organisieren. Die Tools entwickeln sich dahin, wo sie nicht nur genutzt werden, sondern mitdenken.

Mit der Teamwork Collection adressiert Atlassian gezielt auch Teams außerhalb der IT – also etwa in Kommunikation, Marketing oder Projektmanagement. Wie wichtig ist diese Erweiterung für Ihre Strategie?

Sie ist zentral. Wir sehen „Work Management“ als ein breites Feld – nicht nur als Softwareentwicklung, sondern als das Zusammenarbeiten im Allgemeinen. Die Teamwork Collection bringt unsere Produkte zusammen, um eine kohärente Arbeitsumgebung zu schaffen. Dabei geht es nicht nur um Integration auf technischer Ebene, sondern um ein gemeinsames Verständnis: Wie arbeiten Teams heute, und wie kann KI diese Arbeit sinnvoll begleiten?

Viele Unternehmen nutzen Ihre Tools bislang einzeln. Trägt die KI-Entwicklung dazu bei, Confluence, Trello und Jira stärker zu vernetzen?

Absolut. KI fungiert hier wie ein unsichtbares Band zwischen den Anwendungen. Ein Rovo Agent kann etwa Informationen aus Jira nutzen, sie mit Confluence-Inhalten abgleichen und in Trello übersetzen – ohne dass der Nutzer all diese Systeme manuell durchgehen muss. Dadurch entsteht eine Art kollaborativer Layer, der Workflows systemübergreifend verbindet.

"KI agiert als Teammitglied"

Atlassian sagt, KI solle Teil des Workflows werden. Was heißt das konkret?

Es heißt, dass man KI nicht mehr separat aufrufen muss. Sie ist einfach da – eingebettet in den Prozess. Zum Beispiel schlägt Rovo automatisch Themen für Meeting-Agenden vor oder fasst Feedback aus verschiedenen Quellen zusammen, bevor der Nutzer überhaupt danach fragt. KI agiert dann nicht mehr als Tool, sondern als Teammitglied.

Die Rovo Agents wurden im Herbst vorgestellt und weiterentwickelt. Was kommt als nächstes?

Die nächste Phase ist, dass diese Agents nicht nur auf Anfragen reagieren, sondern eigenständig Potenzial zur Unterstützung erkennen. Zum Beispiel: Ein Agent merkt, dass ein Projekt hinter dem Zeitplan liegt, analysiert die Ursachen und schlägt Maßnahmen vor – ganz ohne Prompt. Das Ziel ist proaktive Intelligenz im Arbeitskontext.

Also: Eine KI, die mitdenkt, bevor man sie braucht?

Genau. Es geht um antizipierendes Verhalten. Die KI soll erkennen: „Hier fehlt etwas“, „Hier könnte ich unterstützen“. Das ist keine ferne Zukunft, sondern ein realistischer nächster Schritt. Wir nennen das „AI in flow“ – die Fähigkeit, sich nahtlos in Arbeitsprozesse einzuklinken.

"Transparenz ist entscheidend"

Wie verändert sich dadurch das Verständnis von Work Management insgesamt?

Es wird weniger manuell. Die Rolle des Menschen verschiebt sich – weg von der operativen Kontrolle, hin zur kreativen und strategischen Arbeit. KI übernimmt wiederkehrende Aufgaben, bereitet Entscheidungen vor und unterstützt bei der Kommunikation. Das verändert auch die Teamdynamik: Effizienz entsteht nicht mehr durch Kontrolle, sondern durch intelligente Automatisierung.

Was müssen Teams beachten, wenn sie KI sinnvoll in den Alltag integrieren wollen?

Der wichtigste Punkt ist: Nicht mit der Technologie starten, sondern mit dem Problem. Wo gibt es Reibung? Wo wird Zeit verschwendet? Wenn Teams das identifizieren, können sie gezielt KI einsetzen – ohne dass es unnötig komplex wird. Außerdem ist Transparenz entscheidend: Wer versteht, wie KI zu einem Ergebnis kommt, vertraut ihr mehr.

Was war für Sie persönlich die spannendste Entwicklung in den letzten Monaten?

Ganz klar: Die ersten Rückmeldungen von Teams, die Rovo wirklich in den Alltag integriert haben. Wir hören von Marketingteams, die dadurch ihre Kampagnenplanung beschleunigen. Von HR-Abteilungen, die Bewerberfeedback automatisch analysieren. Es ist faszinierend zu sehen, wie ein abstraktes Konzept wie KI plötzlich sehr konkrete Probleme löst – und das mit echtem Mehrwert für Menschen.

Interview: Helmut van Rinsum

Sanchan Saxena ist Senior Vice President und Head of Product für Work Management bei Atlassian und damit verantwortlich für Tools wie Confluence, Trello und Loom. Zuvor leitete er als Vice President und GM das Retail Business bei Coinbase und war bei Airbnb erst Head of Product Management, später General Manager.

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