Interview mit Arndt Groth: "Marketer brauchen künftig keine personenbezogenen Daten mehr"

Interview

5 Minuten

22.11.2018

Helmut van Rinsum

Portrait von Arnd Groth

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Marketing wird den Umgang mit Daten verändern. Denn: Personenbezogene Daten werden nicht mehr benötigt. Die KI leitet stattdessen aus dem Surfverhalten des Users Prognosen und Empfehlungen ab, die zu perfekt getargeteter Werbung führt. Ein Gespräch mit Arnd Groth (Foto), dem Präsidenten der Mobile Advertsing Plattform Smaato.

Wenn wir über Künstliche Intelligenz sprechen, wird derzeit viel durcheinander gebracht. Oder sehen Sie das anders?

Arndt Groth: Künstliche Intelligenz ist zweifelsohne eines der Buzzwords der Digitalbranche geworden. Trotzdem zählen KI und Machine Learning zu den wichtigsten Trends unserer Industrie. Leider gehören 90 Prozent aller Beispiele in den Vorträgen und Paneldiskussionen nicht in den Bereich der Künstlichen Intelligenz, sondern sind simple Algorithmen.

 Irgendwie ist das dem Begriff „Programmatic“ nicht unähnlich. Auch dort besteht branchenweit ein unterschiedliches Verständnis. Mit der Folge: Nicht überall, wo „programmatic“ draufsteht, ist auch wirklich „programmatic“ drin.

Groth: Wie in jedem anderen technischen Umfeld ist der gesamte AdTech-Bereich voll von irritierenden und falsch interpretierten Begrifflichkeiten. „Programmatisch“ beschreibt nur die automatisierte Werbeauslieferung, Real Time Bidding dagegen steht für den hochkomplexen und zielgerichteten Handel von Werbeplatzierungen.

Können Sie uns sagen, wo heute KI im Marketing tatsächlich bereits zum Einsatz kommt und wo „nur“ auf Basis von Algorithmen gerechnet wird?

Groth: Eine der größten Vorteile von KI ist die Zeit- und Ressourceneinsparung. Besonders viele Beispiele von KI lassen sich deshalb bei der Supply-Chain-Optimierung finden.

Wenn wir heute von Programmatic Advertising sprechen, muss also noch keine KI im Spiel sein.

Groth: Das ist richtig. Wenngleich die Effizienz mit KI deutlich höher ist, ist Künstliche Intelligenz bei weitem noch kein Standard bei programmatischer Werbeauslieferung.

Inwiefern könnte KI aber Programmatic einen weiteren Schub verleihen?

Groth: Genau das ist es, was wir bei unserem neuen Produkt „Automated Traffic Curation“ (ATC), auf deutsch „Automatische Inventarverwaltung”, machen. Daran lässt sich das Potential von KI erahnen. Es nutzt KI, um den Kunden das weniger relevante Inventar gar nicht erst anzubieten. Ohne Künstliche Intelligenz würden bei RTB nur einfache Algorithmen zum Einsatz kommen. In der Konsequenz würden Dutzende anderer Parameter ungenutzt bleiben. Das heißt: Auf beiden Seiten werden Serverkosten eingespart, die Auslieferung der Werbemittel erfolgt noch schneller und die Relevanz bei der Zielgruppenansprache wird deutlich erhöht.

Welche Features könnten der Künstlichen Intelligenz im Bereich des Marketings den Durchbruch bescheren? Was wäre eine Killerapplikation?

Groth: In dieser idealen Werbe- und Medienwelt braucht der Marketer keine personenbezogenen Daten mehr, sondern KI ermittelt die Interessen eines Users aus dem Surfverhalten und leitet daraus eigenständig Prognosen und Empfehlungen ab, die über eine automatisierte Werbemittelkreation und -auslieferung perfekt getargetete Werbung zeigt. Heutzutage benötigt der Werbungtreibende dazu dezidierte persönliche Daten. Das kann mit Künstlicher Intelligenz anonymisiert erfolgen.

Welche weiteren Anwendungen für das Marketing wären noch denkbar?

Groth: Auf der Publisherseite wird die Personalisierung von Content ein wichtiges Anwendungsfeld sein. Auf der Agenturseite kennen wir schon seit längerer Zeit dynamische Werbemittel. Diese werden zukünftig mit Hilfe von KI individuell kreiert und dadurch viel höhere Responseraten erzielen.

Könnte die kommende E-Privacy-Verordnung den KI-Plänen der Digitalmarketer einen Strich durch die Rechnung machen?

Groth: Das Gegenteil könnte der Fall sein, zumal KI direkt nichts mit personenbezogenen Daten zu tun hat. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz wird die Bedeutung von personenbezogenen Daten abnehmen.

Sie sind Präsident von Smaato und haben einen chinesischen Gesellschafter. Damit unterstelle ich mal, dass Sie Einblicke in den chinesischen Markt haben. Wieviel weiter ist dort das digitale Marketing in Sachen Artificial Intelligence?

Groth: Per heute kann man nach wie vor festhalten, dass die meisten Marketing-Trends aus dem Westen kommen. Das wird jedoch nicht für immer so bleiben. Künstliche Intelligenz ist in China über die Marketing-Grenzen hinaus ein zentraler Baustein der Strategie “Made in China 2025” und sehr viele Projekte sind in China gestartet. In den Bereichen Bild- und Spracherkennung ist China am Weitesten. Das Land macht unheimlich schnelle Entwicklungsschritte – getrieben durch massive staatliche Investitionen und internationale Akquisitionen.

Aus Deutschland haben wir jahrelang bewundernd auf die 300 Millionen Menschen umfassende Wirtschaftsregion USA geblickt. Der chinesische Markt ist mit fast 1,4 Milliarden Einwohnern viereinhalb Mal so groß. Die schiere Größe Chinas wird zu einem unvergleichbaren Katalysator für Innovation und Wachstum.

Sollten sich deutsche Unternehmen China zum Vorbild nehmen?

Groth: In den letzten Jahrzehnten haben es deutsche Unternehmen verstanden, Ihren eigenen Weg zu gehen. Deutschland war immer ein Synonym für exzellente Produkte. Das bedeutet allerdings nicht, dass deutsche Unternehmen sich auf ihren Lorbeeren ausruhen und in eine passive Rolle geraten dürfen. Die erfolgreichsten chinesischen Unternehmen differenzieren sich durch schnelle Innovationen und größere Skaleneffekte als irgendwo sonst auf der Welt. Hier können sich deutsche Unternehmen einiges abschauen.

Smaato ist eine unabhängige, globale RTB-Plattform für das Mobile Advertising. Wo kommt dort heute KI zum Einsatz? Und wo ist es geplant?

Groth: Wie schon angesprochen ermöglicht uns ATC durch Machine-Learning-Technologie das Bieterverhalten zu analysieren und die Zuverlässigkeit über die Zeit und unterschiedliche Inventarklassen hinaus deutlich zu erhöhen. Hierdurch reduzieren DSPs nicht nur ihre Kosten signifikant, sondern sie erhalten auch deutlich relevanteren Traffic. Für Smaato sind u.a. folgende KI-Einsatzgebiete relevant: die Personalisierung von Werbung, die Vermarktung von nicht verkauftem Inventar und im Bereich von Header Bidding.

Ihr Unternehmen will sich vom reinen AdTech-Anbieter zu einem MarketingTech-Unternehmen entwickeln. Was heißt das genau?

Groth: Unser Gesellschafter Spearhead hat jahrelanges Know-how im Retailmarketing. Es liegt also nahe, dass wir unsere Marketing-Expertise vom Smartphone in die Welt des klassischen Handels übertragen. Mit Hilfe von Geo-Targeting leiten wir den User in die Stores und schlagen damit die Brücke zum Tracking von Offline-Käufen. Hier stehen wir noch am Anfang, aber diese Entwicklung ist in China einschließlich des gesamten Mobile-Payment-Prozesses schon Realität.

Arndt Groth ist seit September 2017 Präsident von Smaato.  Zuvor war er CEO der börsennotierten PubliGroupe AG in Lausanne, Schweiz. Groth gilt aufgrund seiner langjährigen Branchenerfahrung als Pionier und Vordenker im Bereich des Digitalen Marketing.

Interview mit Arndt Groth: "Marketer brauchen künftig keine personenbezogenen Daten mehr"

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22.11.2018

Helmut van Rinsum

Portrait von Arnd Groth

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Marketing wird den Umgang mit Daten verändern. Denn: Personenbezogene Daten werden nicht mehr benötigt. Die KI leitet stattdessen aus dem Surfverhalten des Users Prognosen und Empfehlungen ab, die zu perfekt getargeteter Werbung führt. Ein Gespräch mit Arnd Groth (Foto), dem Präsidenten der Mobile Advertsing Plattform Smaato.

Wenn wir über Künstliche Intelligenz sprechen, wird derzeit viel durcheinander gebracht. Oder sehen Sie das anders?

Arndt Groth: Künstliche Intelligenz ist zweifelsohne eines der Buzzwords der Digitalbranche geworden. Trotzdem zählen KI und Machine Learning zu den wichtigsten Trends unserer Industrie. Leider gehören 90 Prozent aller Beispiele in den Vorträgen und Paneldiskussionen nicht in den Bereich der Künstlichen Intelligenz, sondern sind simple Algorithmen.

 Irgendwie ist das dem Begriff „Programmatic“ nicht unähnlich. Auch dort besteht branchenweit ein unterschiedliches Verständnis. Mit der Folge: Nicht überall, wo „programmatic“ draufsteht, ist auch wirklich „programmatic“ drin.

Groth: Wie in jedem anderen technischen Umfeld ist der gesamte AdTech-Bereich voll von irritierenden und falsch interpretierten Begrifflichkeiten. „Programmatisch“ beschreibt nur die automatisierte Werbeauslieferung, Real Time Bidding dagegen steht für den hochkomplexen und zielgerichteten Handel von Werbeplatzierungen.

Können Sie uns sagen, wo heute KI im Marketing tatsächlich bereits zum Einsatz kommt und wo „nur“ auf Basis von Algorithmen gerechnet wird?

Groth: Eine der größten Vorteile von KI ist die Zeit- und Ressourceneinsparung. Besonders viele Beispiele von KI lassen sich deshalb bei der Supply-Chain-Optimierung finden.

Wenn wir heute von Programmatic Advertising sprechen, muss also noch keine KI im Spiel sein.

Groth: Das ist richtig. Wenngleich die Effizienz mit KI deutlich höher ist, ist Künstliche Intelligenz bei weitem noch kein Standard bei programmatischer Werbeauslieferung.

Inwiefern könnte KI aber Programmatic einen weiteren Schub verleihen?

Groth: Genau das ist es, was wir bei unserem neuen Produkt „Automated Traffic Curation“ (ATC), auf deutsch „Automatische Inventarverwaltung”, machen. Daran lässt sich das Potential von KI erahnen. Es nutzt KI, um den Kunden das weniger relevante Inventar gar nicht erst anzubieten. Ohne Künstliche Intelligenz würden bei RTB nur einfache Algorithmen zum Einsatz kommen. In der Konsequenz würden Dutzende anderer Parameter ungenutzt bleiben. Das heißt: Auf beiden Seiten werden Serverkosten eingespart, die Auslieferung der Werbemittel erfolgt noch schneller und die Relevanz bei der Zielgruppenansprache wird deutlich erhöht.

Welche Features könnten der Künstlichen Intelligenz im Bereich des Marketings den Durchbruch bescheren? Was wäre eine Killerapplikation?

Groth: In dieser idealen Werbe- und Medienwelt braucht der Marketer keine personenbezogenen Daten mehr, sondern KI ermittelt die Interessen eines Users aus dem Surfverhalten und leitet daraus eigenständig Prognosen und Empfehlungen ab, die über eine automatisierte Werbemittelkreation und -auslieferung perfekt getargetete Werbung zeigt. Heutzutage benötigt der Werbungtreibende dazu dezidierte persönliche Daten. Das kann mit Künstlicher Intelligenz anonymisiert erfolgen.

Welche weiteren Anwendungen für das Marketing wären noch denkbar?

Groth: Auf der Publisherseite wird die Personalisierung von Content ein wichtiges Anwendungsfeld sein. Auf der Agenturseite kennen wir schon seit längerer Zeit dynamische Werbemittel. Diese werden zukünftig mit Hilfe von KI individuell kreiert und dadurch viel höhere Responseraten erzielen.

Könnte die kommende E-Privacy-Verordnung den KI-Plänen der Digitalmarketer einen Strich durch die Rechnung machen?

Groth: Das Gegenteil könnte der Fall sein, zumal KI direkt nichts mit personenbezogenen Daten zu tun hat. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz wird die Bedeutung von personenbezogenen Daten abnehmen.

Sie sind Präsident von Smaato und haben einen chinesischen Gesellschafter. Damit unterstelle ich mal, dass Sie Einblicke in den chinesischen Markt haben. Wieviel weiter ist dort das digitale Marketing in Sachen Artificial Intelligence?

Groth: Per heute kann man nach wie vor festhalten, dass die meisten Marketing-Trends aus dem Westen kommen. Das wird jedoch nicht für immer so bleiben. Künstliche Intelligenz ist in China über die Marketing-Grenzen hinaus ein zentraler Baustein der Strategie “Made in China 2025” und sehr viele Projekte sind in China gestartet. In den Bereichen Bild- und Spracherkennung ist China am Weitesten. Das Land macht unheimlich schnelle Entwicklungsschritte – getrieben durch massive staatliche Investitionen und internationale Akquisitionen.

Aus Deutschland haben wir jahrelang bewundernd auf die 300 Millionen Menschen umfassende Wirtschaftsregion USA geblickt. Der chinesische Markt ist mit fast 1,4 Milliarden Einwohnern viereinhalb Mal so groß. Die schiere Größe Chinas wird zu einem unvergleichbaren Katalysator für Innovation und Wachstum.

Sollten sich deutsche Unternehmen China zum Vorbild nehmen?

Groth: In den letzten Jahrzehnten haben es deutsche Unternehmen verstanden, Ihren eigenen Weg zu gehen. Deutschland war immer ein Synonym für exzellente Produkte. Das bedeutet allerdings nicht, dass deutsche Unternehmen sich auf ihren Lorbeeren ausruhen und in eine passive Rolle geraten dürfen. Die erfolgreichsten chinesischen Unternehmen differenzieren sich durch schnelle Innovationen und größere Skaleneffekte als irgendwo sonst auf der Welt. Hier können sich deutsche Unternehmen einiges abschauen.

Smaato ist eine unabhängige, globale RTB-Plattform für das Mobile Advertising. Wo kommt dort heute KI zum Einsatz? Und wo ist es geplant?

Groth: Wie schon angesprochen ermöglicht uns ATC durch Machine-Learning-Technologie das Bieterverhalten zu analysieren und die Zuverlässigkeit über die Zeit und unterschiedliche Inventarklassen hinaus deutlich zu erhöhen. Hierdurch reduzieren DSPs nicht nur ihre Kosten signifikant, sondern sie erhalten auch deutlich relevanteren Traffic. Für Smaato sind u.a. folgende KI-Einsatzgebiete relevant: die Personalisierung von Werbung, die Vermarktung von nicht verkauftem Inventar und im Bereich von Header Bidding.

Ihr Unternehmen will sich vom reinen AdTech-Anbieter zu einem MarketingTech-Unternehmen entwickeln. Was heißt das genau?

Groth: Unser Gesellschafter Spearhead hat jahrelanges Know-how im Retailmarketing. Es liegt also nahe, dass wir unsere Marketing-Expertise vom Smartphone in die Welt des klassischen Handels übertragen. Mit Hilfe von Geo-Targeting leiten wir den User in die Stores und schlagen damit die Brücke zum Tracking von Offline-Käufen. Hier stehen wir noch am Anfang, aber diese Entwicklung ist in China einschließlich des gesamten Mobile-Payment-Prozesses schon Realität.

Arndt Groth ist seit September 2017 Präsident von Smaato.  Zuvor war er CEO der börsennotierten PubliGroupe AG in Lausanne, Schweiz. Groth gilt aufgrund seiner langjährigen Branchenerfahrung als Pionier und Vordenker im Bereich des Digitalen Marketing.

Interview mit Arndt Groth: "Marketer brauchen künftig keine personenbezogenen Daten mehr"

Interview

5 Minuten

22.11.2018

Helmut van Rinsum

Portrait von Arnd Groth

Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Marketing wird den Umgang mit Daten verändern. Denn: Personenbezogene Daten werden nicht mehr benötigt. Die KI leitet stattdessen aus dem Surfverhalten des Users Prognosen und Empfehlungen ab, die zu perfekt getargeteter Werbung führt. Ein Gespräch mit Arnd Groth (Foto), dem Präsidenten der Mobile Advertsing Plattform Smaato.

Wenn wir über Künstliche Intelligenz sprechen, wird derzeit viel durcheinander gebracht. Oder sehen Sie das anders?

Arndt Groth: Künstliche Intelligenz ist zweifelsohne eines der Buzzwords der Digitalbranche geworden. Trotzdem zählen KI und Machine Learning zu den wichtigsten Trends unserer Industrie. Leider gehören 90 Prozent aller Beispiele in den Vorträgen und Paneldiskussionen nicht in den Bereich der Künstlichen Intelligenz, sondern sind simple Algorithmen.

 Irgendwie ist das dem Begriff „Programmatic“ nicht unähnlich. Auch dort besteht branchenweit ein unterschiedliches Verständnis. Mit der Folge: Nicht überall, wo „programmatic“ draufsteht, ist auch wirklich „programmatic“ drin.

Groth: Wie in jedem anderen technischen Umfeld ist der gesamte AdTech-Bereich voll von irritierenden und falsch interpretierten Begrifflichkeiten. „Programmatisch“ beschreibt nur die automatisierte Werbeauslieferung, Real Time Bidding dagegen steht für den hochkomplexen und zielgerichteten Handel von Werbeplatzierungen.

Können Sie uns sagen, wo heute KI im Marketing tatsächlich bereits zum Einsatz kommt und wo „nur“ auf Basis von Algorithmen gerechnet wird?

Groth: Eine der größten Vorteile von KI ist die Zeit- und Ressourceneinsparung. Besonders viele Beispiele von KI lassen sich deshalb bei der Supply-Chain-Optimierung finden.

Wenn wir heute von Programmatic Advertising sprechen, muss also noch keine KI im Spiel sein.

Groth: Das ist richtig. Wenngleich die Effizienz mit KI deutlich höher ist, ist Künstliche Intelligenz bei weitem noch kein Standard bei programmatischer Werbeauslieferung.

Inwiefern könnte KI aber Programmatic einen weiteren Schub verleihen?

Groth: Genau das ist es, was wir bei unserem neuen Produkt „Automated Traffic Curation“ (ATC), auf deutsch „Automatische Inventarverwaltung”, machen. Daran lässt sich das Potential von KI erahnen. Es nutzt KI, um den Kunden das weniger relevante Inventar gar nicht erst anzubieten. Ohne Künstliche Intelligenz würden bei RTB nur einfache Algorithmen zum Einsatz kommen. In der Konsequenz würden Dutzende anderer Parameter ungenutzt bleiben. Das heißt: Auf beiden Seiten werden Serverkosten eingespart, die Auslieferung der Werbemittel erfolgt noch schneller und die Relevanz bei der Zielgruppenansprache wird deutlich erhöht.

Welche Features könnten der Künstlichen Intelligenz im Bereich des Marketings den Durchbruch bescheren? Was wäre eine Killerapplikation?

Groth: In dieser idealen Werbe- und Medienwelt braucht der Marketer keine personenbezogenen Daten mehr, sondern KI ermittelt die Interessen eines Users aus dem Surfverhalten und leitet daraus eigenständig Prognosen und Empfehlungen ab, die über eine automatisierte Werbemittelkreation und -auslieferung perfekt getargetete Werbung zeigt. Heutzutage benötigt der Werbungtreibende dazu dezidierte persönliche Daten. Das kann mit Künstlicher Intelligenz anonymisiert erfolgen.

Welche weiteren Anwendungen für das Marketing wären noch denkbar?

Groth: Auf der Publisherseite wird die Personalisierung von Content ein wichtiges Anwendungsfeld sein. Auf der Agenturseite kennen wir schon seit längerer Zeit dynamische Werbemittel. Diese werden zukünftig mit Hilfe von KI individuell kreiert und dadurch viel höhere Responseraten erzielen.

Könnte die kommende E-Privacy-Verordnung den KI-Plänen der Digitalmarketer einen Strich durch die Rechnung machen?

Groth: Das Gegenteil könnte der Fall sein, zumal KI direkt nichts mit personenbezogenen Daten zu tun hat. Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz wird die Bedeutung von personenbezogenen Daten abnehmen.

Sie sind Präsident von Smaato und haben einen chinesischen Gesellschafter. Damit unterstelle ich mal, dass Sie Einblicke in den chinesischen Markt haben. Wieviel weiter ist dort das digitale Marketing in Sachen Artificial Intelligence?

Groth: Per heute kann man nach wie vor festhalten, dass die meisten Marketing-Trends aus dem Westen kommen. Das wird jedoch nicht für immer so bleiben. Künstliche Intelligenz ist in China über die Marketing-Grenzen hinaus ein zentraler Baustein der Strategie “Made in China 2025” und sehr viele Projekte sind in China gestartet. In den Bereichen Bild- und Spracherkennung ist China am Weitesten. Das Land macht unheimlich schnelle Entwicklungsschritte – getrieben durch massive staatliche Investitionen und internationale Akquisitionen.

Aus Deutschland haben wir jahrelang bewundernd auf die 300 Millionen Menschen umfassende Wirtschaftsregion USA geblickt. Der chinesische Markt ist mit fast 1,4 Milliarden Einwohnern viereinhalb Mal so groß. Die schiere Größe Chinas wird zu einem unvergleichbaren Katalysator für Innovation und Wachstum.

Sollten sich deutsche Unternehmen China zum Vorbild nehmen?

Groth: In den letzten Jahrzehnten haben es deutsche Unternehmen verstanden, Ihren eigenen Weg zu gehen. Deutschland war immer ein Synonym für exzellente Produkte. Das bedeutet allerdings nicht, dass deutsche Unternehmen sich auf ihren Lorbeeren ausruhen und in eine passive Rolle geraten dürfen. Die erfolgreichsten chinesischen Unternehmen differenzieren sich durch schnelle Innovationen und größere Skaleneffekte als irgendwo sonst auf der Welt. Hier können sich deutsche Unternehmen einiges abschauen.

Smaato ist eine unabhängige, globale RTB-Plattform für das Mobile Advertising. Wo kommt dort heute KI zum Einsatz? Und wo ist es geplant?

Groth: Wie schon angesprochen ermöglicht uns ATC durch Machine-Learning-Technologie das Bieterverhalten zu analysieren und die Zuverlässigkeit über die Zeit und unterschiedliche Inventarklassen hinaus deutlich zu erhöhen. Hierdurch reduzieren DSPs nicht nur ihre Kosten signifikant, sondern sie erhalten auch deutlich relevanteren Traffic. Für Smaato sind u.a. folgende KI-Einsatzgebiete relevant: die Personalisierung von Werbung, die Vermarktung von nicht verkauftem Inventar und im Bereich von Header Bidding.

Ihr Unternehmen will sich vom reinen AdTech-Anbieter zu einem MarketingTech-Unternehmen entwickeln. Was heißt das genau?

Groth: Unser Gesellschafter Spearhead hat jahrelanges Know-how im Retailmarketing. Es liegt also nahe, dass wir unsere Marketing-Expertise vom Smartphone in die Welt des klassischen Handels übertragen. Mit Hilfe von Geo-Targeting leiten wir den User in die Stores und schlagen damit die Brücke zum Tracking von Offline-Käufen. Hier stehen wir noch am Anfang, aber diese Entwicklung ist in China einschließlich des gesamten Mobile-Payment-Prozesses schon Realität.

Arndt Groth ist seit September 2017 Präsident von Smaato.  Zuvor war er CEO der börsennotierten PubliGroupe AG in Lausanne, Schweiz. Groth gilt aufgrund seiner langjährigen Branchenerfahrung als Pionier und Vordenker im Bereich des Digitalen Marketing.

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