Corporate Intelligence: Frühwarnsystem mit KI

Interview

5 Minuten

30.03.2023

Helmut van Rinsum

Portrait von Patrick Bunk

Alles, was über ein Unternehmen gesprochen, kolportiert oder veröffentlicht wird, kann seinen wirtschaftlichen Erfolg beeinflussen. Positiv wie negativ. Kritisch wird es immer dann, wenn das Management zu spät mitkriegt, dass gerade irgendwo auf der Welt Probleme entstehen, die das eigene Business betreffen könnten. Unicepta hat hier eine Art mediales Frühwarnsystem auf den Markt gebracht – eine KI wertet dafür Millionen von veröffentlichten Informationen aus. Ein Gespräch mit Patrick Bunk, Chief Innovations Officer bei Unicepta (Foto), über die Notwendigkeit von Corporate Intelligence.

Patrick, kann man das so sagen: Ist Unicepta so etwas wie ein mediales Frühwarnsystem für Unternehmen?

Patrick Bunk: Das kann man so sehen. Unsere KI verdichtet Millionen von Daten aus verschiedenen Medien – zum Beispiel Online-Medien oder Social Media – auf relevante Kerninformationen, aus denen die Unternehmensentscheider dann entsprechend Handlungen ableiten können. Dafür „übersetzen“ unsere Algorithmen die verschiedenen Ausdrucksformen, die Menschen und Medien nutzen, um ein bestimmtes Ereignis, zum Beispiel die Übernahme eines Unternehmens durch ein anderes Unternehmen, zu beschreiben. Diese Reduktion auf das Wesentliche erlaubt es den Entscheidern erst, die enorme Datenmenge zu nutzen. Im Zeitalter der Informationsüberflutung können auf dieser Basis Risiken rechtzeitig identifiziert und besonnen und gut informiert unternehmerische Entscheidungen getroffen werden. Ein großer Wettbewerbsvorteil.

Ist dieses Prinzip die Weiterentwicklung der Pressespiegel und des Social Media Monitoring mit kräftiger Unterstützung von Künstlicher Intelligenz?

Bunk: Medienspiegel und Social Media Monitoring bleiben weiterhin relevant – vor allen Dingen für die Messung der eigenen Reputation. Bei diesen Produkten geht es vor allem darum, Debatten und den öffentlichen Diskurs zu verstehen.

Wir denken das Thema der Informationsbeschaffung in Kommunikationsabteilungen jedoch konsequent weiter und über die Grenzen der eigenen Reputation hinaus. Bei Corporate Intelligence geht es darum, frühestmöglich Ereignisse zu erfassen, die für das Unternehmen in ihrer Gesamtheit wichtig sind. Das können auch kommunikationsunabhängige Themen sein. Also Themen, die in der öffentlichen Debatte unwichtig sind und es deshalb auch nicht in einen Medienspiegel schaffen würden, aber eine große Bedeutung für verschiedene Unternehmensabteilungen haben, weil sie zum Beispiel die Lieferkette, die Produktion oder Compliance betreffen.

Im Prinzip geht es aber um die KI-gestützte Auswertung und Analyse von Quellen und Daten, die öffentlich zugänglich sind?

Bunk: Genau. Auf Crawler-Technologien basierend sind wir in der Lage, innerhalb kurzer Zeit Millionen von öffentlich zugänglichen Texten, Bildern oder Videos zu durchsuchen und die darin enthaltenen Informationen für unsere Kunden auszuwerten. Vor Crawlern versteckte Inhalte wie im Dark Web, passwortgeschützte Websiten oder auch gelöschte Social Media Posts, können wir allerdings nicht analysieren und auswerten.

Was ist denn ein typischer Use Case für Unicepta?

Bunk: Ein ganz typischer Use Case betrifft beispielsweise die Logistik & Procurement-Abteilung von Unternehmen. Über manche Ereignisse wird in der Regel zunächst in Lokalmedien oder auf Social Media berichtet. Beispiel: Ein Fabrikbrand bei einem Zulieferer. Unternehmen bekommen von solchen Ereignissen häufig erst dann etwas mit, wenn die LKWs nicht am Werktor erscheinen oder die Mainstream-Medien darüber berichten. Das ist dann oft zu spät. Stell Dir vor, Du könntest bereits bei Eintritt eines Ereignisses mit der Planung von Maßnahmen starten. Wenn also bei einem der Zulieferer ein wichtiges Werk vorübergehend ausfällt, werden die fehlenden Teile später auch Deine Produktion beeinflussen. Wenn Du also bereits nach geeigneten Alternativen suchen und so den Ausfall auffangen kannst, verschaffst Du Dir einen enormen Wettbewerbsvorteil, weil Dein Unternehmen störungsfrei weiterarbeiten kann.

Die Einsatzbereiche lassen sich auf viele Abteilungen in Unternehmen ausweiten: von Compliance über die Rechtsabteilung und Vertrieb bis hin zum Einkauf, der bei Firmenübernahmen im Dienstleister- und Lieferantennetzwerk diese Informationen bei Vertragsverhandlungen für sich nutzen kann. Heute profitieren alle Bereiche in Unternehmen davon, jederzeit bestens informiert zu sein.

Ihr habt dafür den Begriff des „Corporate Intelligence“ geprägt. Was genau verbirgt sich dahinter?

Bunk: Der Begriff meint die systematische Auswertung von Quellen als Entscheidungsgrundlage. Dabei geht es vor allem um Risikoerkennung. Inzwischen umfasst der Begriff aber auch Trends und Chancen. Corporate Intelligence hilft Unternehmen, datenbasiert bessere, nachhaltigere und effizientere Entscheidungen treffen zu können. Entscheider sollen sich nicht länger nur auf ihr Bauchgefühl und den Zufall verlassen müssen.

Welche Vorstellungen haben die Unternehmen, wenn sie die Zusammenarbeit mit Euch suchen? 

Bunk: Vor dem Hintergrund der großen drängenden Probleme – insbesondere der Klimakrise – müssen es Unternehmen heute verstehen, einerseits ihr eigenes Geschäft zu sichern und andererseits auch ihre „license to operate“ unter Beweis zu stellen. Investoren, Shareholder, Konsumenten und auch die Politik fordern Informationen darüber, welchen Beitrag Unternehmen hier leisten, wie sie sich positionieren und welchen Impact die Handlungsweisen des Unternehmens haben. Das Lieferkettengesetz und die ESG-Regulierungen in Europa zeigen, dass unsere Gesellschaft heute von Unternehmen erwartet, dass sie alle Probleme bei Geschäftspartnern weltweit sofort identifizieren müssen. Für zu langsame Reaktionen werden sie haftbar gemacht. Von Unternehmensentscheidern wird also heute verlangt, dass sie alles wissen und zu jedem unternehmensrelevanten Thema sprechfähig sind. Genau dafür eine datenbasierte Grundlage zu schaffen, ist der Hauptwunsch, mit dem Unternehmen auf uns zukommen. Bei Unicepta helfen wir ihnen dabei, besser zuhören zu können und die tatsächlich für sie relevanten Informationen zu erfassen.

Wer im Unternehmen ist der Ansprechpartner? Die IT, das Marketing, die Unternehmenskommunikation?

Bunk: Das reicht in alle Bereiche des Unternehmens. Aktuell erkennen Unternehmen aber vor allem in den Bereichen Compliance, Procurement und im Supply Chain Management den Nutzen unserer Lösung. Spannend ist dabei, welche neue Rolle die Unternehmenskommunikation spielen wird. Denn sie kann zum Informations- und Insightsverteiler und damit Brückenbauer für alle relevanten Geschäftsbereiche werden. Schließlich ist die systematische Informationsbeschaffung auch ein wesentlicher Kern und Funktion der Unternehmenskommunikation.

Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz schreitet derzeit rasant voran. Inwiefern wird das Euer Business beeinflussen?

Bunk: Die innovative Weiterentwicklung unserer Lösungen und Services auf Basis von KI ist für uns enorm wichtig. Deshalb beobachten wir Marktentwicklungen sehr genau, sind eng verzahnt in die deutsche KI-Forschungslandschaft, arbeiten an Projekten wie LEAM aktiv mit und investieren selbst signifikante Teile unseres Umsatzes in KI-getriebene Lösungen. Im Kern geht es dabei darum, wie KI uns helfen kann, Informationen noch schneller und besser zu verstehen. Das geht von der Erkennung von Entitäten über die Sentiment-Bestimmung bis hin zur Erkennung von Fakten und Ereignissen.  

Darüber hinaus beschäftigen wir uns auch sehr aktiv mit großen Sprachmodellen, um Zusammenfassungen zu erstellen. Durch ChatGPT hat das Thema ja gerade einen enormen Hype erfahren. Wichtig ist aber auch: Unicepta steht für „Tech und Talent“. Wir glauben nicht, dass mittelfristig auf die menschliche Expertise und das menschliche Urteilsvermögen verzichtet werden kann. KI kann hier jedoch einen großen Nutzen als Unterstützer bringen.

Welche Pläne hat Unicepta noch für dieses Jahr?

Bunk: Neben der Erweiterung unseres Angebots – durch Corporate Intelligence und dem gerade gelaunchten ESG-Sensor – wollen wir auch geografisch wachsen. Großbritannien, die USA, aber auch im restlichen Europa bietet sich uns noch ein großes Potenzial.

Das Interview führte Helmut van Rinsum

Patrick Bunk ist Chief Innovation Officer von UNICEPTA, Gründer von Ubermetrics Technologies und aktives Mitglied im KI Bundesverband e.V.. Bunk ist an verschiedenen KI-Forschungsprojekten beteiligt und Sachverständiger für diverse Arbeitskreise des BMWK sowie der KI-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages.

Weitere Interviews:
Andrea Anders: Verlage sollten sich mit Robotic Journalism auseinandersetzen
Alexander Siebert: KI wird die Contenterstellung verändern
Sara Sihelnik: Beim Measurement wird KI noch viel Bewegen

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Interview

5 Minuten

30.03.2023

Helmut van Rinsum

Portrait von Patrick Bunk

Alles, was über ein Unternehmen gesprochen, kolportiert oder veröffentlicht wird, kann seinen wirtschaftlichen Erfolg beeinflussen. Positiv wie negativ. Kritisch wird es immer dann, wenn das Management zu spät mitkriegt, dass gerade irgendwo auf der Welt Probleme entstehen, die das eigene Business betreffen könnten. Unicepta hat hier eine Art mediales Frühwarnsystem auf den Markt gebracht – eine KI wertet dafür Millionen von veröffentlichten Informationen aus. Ein Gespräch mit Patrick Bunk, Chief Innovations Officer bei Unicepta (Foto), über die Notwendigkeit von Corporate Intelligence.

Patrick, kann man das so sagen: Ist Unicepta so etwas wie ein mediales Frühwarnsystem für Unternehmen?

Patrick Bunk: Das kann man so sehen. Unsere KI verdichtet Millionen von Daten aus verschiedenen Medien – zum Beispiel Online-Medien oder Social Media – auf relevante Kerninformationen, aus denen die Unternehmensentscheider dann entsprechend Handlungen ableiten können. Dafür „übersetzen“ unsere Algorithmen die verschiedenen Ausdrucksformen, die Menschen und Medien nutzen, um ein bestimmtes Ereignis, zum Beispiel die Übernahme eines Unternehmens durch ein anderes Unternehmen, zu beschreiben. Diese Reduktion auf das Wesentliche erlaubt es den Entscheidern erst, die enorme Datenmenge zu nutzen. Im Zeitalter der Informationsüberflutung können auf dieser Basis Risiken rechtzeitig identifiziert und besonnen und gut informiert unternehmerische Entscheidungen getroffen werden. Ein großer Wettbewerbsvorteil.

Ist dieses Prinzip die Weiterentwicklung der Pressespiegel und des Social Media Monitoring mit kräftiger Unterstützung von Künstlicher Intelligenz?

Bunk: Medienspiegel und Social Media Monitoring bleiben weiterhin relevant – vor allen Dingen für die Messung der eigenen Reputation. Bei diesen Produkten geht es vor allem darum, Debatten und den öffentlichen Diskurs zu verstehen.

Wir denken das Thema der Informationsbeschaffung in Kommunikationsabteilungen jedoch konsequent weiter und über die Grenzen der eigenen Reputation hinaus. Bei Corporate Intelligence geht es darum, frühestmöglich Ereignisse zu erfassen, die für das Unternehmen in ihrer Gesamtheit wichtig sind. Das können auch kommunikationsunabhängige Themen sein. Also Themen, die in der öffentlichen Debatte unwichtig sind und es deshalb auch nicht in einen Medienspiegel schaffen würden, aber eine große Bedeutung für verschiedene Unternehmensabteilungen haben, weil sie zum Beispiel die Lieferkette, die Produktion oder Compliance betreffen.

Im Prinzip geht es aber um die KI-gestützte Auswertung und Analyse von Quellen und Daten, die öffentlich zugänglich sind?

Bunk: Genau. Auf Crawler-Technologien basierend sind wir in der Lage, innerhalb kurzer Zeit Millionen von öffentlich zugänglichen Texten, Bildern oder Videos zu durchsuchen und die darin enthaltenen Informationen für unsere Kunden auszuwerten. Vor Crawlern versteckte Inhalte wie im Dark Web, passwortgeschützte Websiten oder auch gelöschte Social Media Posts, können wir allerdings nicht analysieren und auswerten.

Was ist denn ein typischer Use Case für Unicepta?

Bunk: Ein ganz typischer Use Case betrifft beispielsweise die Logistik & Procurement-Abteilung von Unternehmen. Über manche Ereignisse wird in der Regel zunächst in Lokalmedien oder auf Social Media berichtet. Beispiel: Ein Fabrikbrand bei einem Zulieferer. Unternehmen bekommen von solchen Ereignissen häufig erst dann etwas mit, wenn die LKWs nicht am Werktor erscheinen oder die Mainstream-Medien darüber berichten. Das ist dann oft zu spät. Stell Dir vor, Du könntest bereits bei Eintritt eines Ereignisses mit der Planung von Maßnahmen starten. Wenn also bei einem der Zulieferer ein wichtiges Werk vorübergehend ausfällt, werden die fehlenden Teile später auch Deine Produktion beeinflussen. Wenn Du also bereits nach geeigneten Alternativen suchen und so den Ausfall auffangen kannst, verschaffst Du Dir einen enormen Wettbewerbsvorteil, weil Dein Unternehmen störungsfrei weiterarbeiten kann.

Die Einsatzbereiche lassen sich auf viele Abteilungen in Unternehmen ausweiten: von Compliance über die Rechtsabteilung und Vertrieb bis hin zum Einkauf, der bei Firmenübernahmen im Dienstleister- und Lieferantennetzwerk diese Informationen bei Vertragsverhandlungen für sich nutzen kann. Heute profitieren alle Bereiche in Unternehmen davon, jederzeit bestens informiert zu sein.

Ihr habt dafür den Begriff des „Corporate Intelligence“ geprägt. Was genau verbirgt sich dahinter?

Bunk: Der Begriff meint die systematische Auswertung von Quellen als Entscheidungsgrundlage. Dabei geht es vor allem um Risikoerkennung. Inzwischen umfasst der Begriff aber auch Trends und Chancen. Corporate Intelligence hilft Unternehmen, datenbasiert bessere, nachhaltigere und effizientere Entscheidungen treffen zu können. Entscheider sollen sich nicht länger nur auf ihr Bauchgefühl und den Zufall verlassen müssen.

Welche Vorstellungen haben die Unternehmen, wenn sie die Zusammenarbeit mit Euch suchen? 

Bunk: Vor dem Hintergrund der großen drängenden Probleme – insbesondere der Klimakrise – müssen es Unternehmen heute verstehen, einerseits ihr eigenes Geschäft zu sichern und andererseits auch ihre „license to operate“ unter Beweis zu stellen. Investoren, Shareholder, Konsumenten und auch die Politik fordern Informationen darüber, welchen Beitrag Unternehmen hier leisten, wie sie sich positionieren und welchen Impact die Handlungsweisen des Unternehmens haben. Das Lieferkettengesetz und die ESG-Regulierungen in Europa zeigen, dass unsere Gesellschaft heute von Unternehmen erwartet, dass sie alle Probleme bei Geschäftspartnern weltweit sofort identifizieren müssen. Für zu langsame Reaktionen werden sie haftbar gemacht. Von Unternehmensentscheidern wird also heute verlangt, dass sie alles wissen und zu jedem unternehmensrelevanten Thema sprechfähig sind. Genau dafür eine datenbasierte Grundlage zu schaffen, ist der Hauptwunsch, mit dem Unternehmen auf uns zukommen. Bei Unicepta helfen wir ihnen dabei, besser zuhören zu können und die tatsächlich für sie relevanten Informationen zu erfassen.

Wer im Unternehmen ist der Ansprechpartner? Die IT, das Marketing, die Unternehmenskommunikation?

Bunk: Das reicht in alle Bereiche des Unternehmens. Aktuell erkennen Unternehmen aber vor allem in den Bereichen Compliance, Procurement und im Supply Chain Management den Nutzen unserer Lösung. Spannend ist dabei, welche neue Rolle die Unternehmenskommunikation spielen wird. Denn sie kann zum Informations- und Insightsverteiler und damit Brückenbauer für alle relevanten Geschäftsbereiche werden. Schließlich ist die systematische Informationsbeschaffung auch ein wesentlicher Kern und Funktion der Unternehmenskommunikation.

Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz schreitet derzeit rasant voran. Inwiefern wird das Euer Business beeinflussen?

Bunk: Die innovative Weiterentwicklung unserer Lösungen und Services auf Basis von KI ist für uns enorm wichtig. Deshalb beobachten wir Marktentwicklungen sehr genau, sind eng verzahnt in die deutsche KI-Forschungslandschaft, arbeiten an Projekten wie LEAM aktiv mit und investieren selbst signifikante Teile unseres Umsatzes in KI-getriebene Lösungen. Im Kern geht es dabei darum, wie KI uns helfen kann, Informationen noch schneller und besser zu verstehen. Das geht von der Erkennung von Entitäten über die Sentiment-Bestimmung bis hin zur Erkennung von Fakten und Ereignissen.  

Darüber hinaus beschäftigen wir uns auch sehr aktiv mit großen Sprachmodellen, um Zusammenfassungen zu erstellen. Durch ChatGPT hat das Thema ja gerade einen enormen Hype erfahren. Wichtig ist aber auch: Unicepta steht für „Tech und Talent“. Wir glauben nicht, dass mittelfristig auf die menschliche Expertise und das menschliche Urteilsvermögen verzichtet werden kann. KI kann hier jedoch einen großen Nutzen als Unterstützer bringen.

Welche Pläne hat Unicepta noch für dieses Jahr?

Bunk: Neben der Erweiterung unseres Angebots – durch Corporate Intelligence und dem gerade gelaunchten ESG-Sensor – wollen wir auch geografisch wachsen. Großbritannien, die USA, aber auch im restlichen Europa bietet sich uns noch ein großes Potenzial.

Das Interview führte Helmut van Rinsum

Patrick Bunk ist Chief Innovation Officer von UNICEPTA, Gründer von Ubermetrics Technologies und aktives Mitglied im KI Bundesverband e.V.. Bunk ist an verschiedenen KI-Forschungsprojekten beteiligt und Sachverständiger für diverse Arbeitskreise des BMWK sowie der KI-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages.

Weitere Interviews:
Andrea Anders: Verlage sollten sich mit Robotic Journalism auseinandersetzen
Alexander Siebert: KI wird die Contenterstellung verändern
Sara Sihelnik: Beim Measurement wird KI noch viel Bewegen

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Interview

5 Minuten

30.03.2023

Helmut van Rinsum

Portrait von Patrick Bunk

Alles, was über ein Unternehmen gesprochen, kolportiert oder veröffentlicht wird, kann seinen wirtschaftlichen Erfolg beeinflussen. Positiv wie negativ. Kritisch wird es immer dann, wenn das Management zu spät mitkriegt, dass gerade irgendwo auf der Welt Probleme entstehen, die das eigene Business betreffen könnten. Unicepta hat hier eine Art mediales Frühwarnsystem auf den Markt gebracht – eine KI wertet dafür Millionen von veröffentlichten Informationen aus. Ein Gespräch mit Patrick Bunk, Chief Innovations Officer bei Unicepta (Foto), über die Notwendigkeit von Corporate Intelligence.

Patrick, kann man das so sagen: Ist Unicepta so etwas wie ein mediales Frühwarnsystem für Unternehmen?

Patrick Bunk: Das kann man so sehen. Unsere KI verdichtet Millionen von Daten aus verschiedenen Medien – zum Beispiel Online-Medien oder Social Media – auf relevante Kerninformationen, aus denen die Unternehmensentscheider dann entsprechend Handlungen ableiten können. Dafür „übersetzen“ unsere Algorithmen die verschiedenen Ausdrucksformen, die Menschen und Medien nutzen, um ein bestimmtes Ereignis, zum Beispiel die Übernahme eines Unternehmens durch ein anderes Unternehmen, zu beschreiben. Diese Reduktion auf das Wesentliche erlaubt es den Entscheidern erst, die enorme Datenmenge zu nutzen. Im Zeitalter der Informationsüberflutung können auf dieser Basis Risiken rechtzeitig identifiziert und besonnen und gut informiert unternehmerische Entscheidungen getroffen werden. Ein großer Wettbewerbsvorteil.

Ist dieses Prinzip die Weiterentwicklung der Pressespiegel und des Social Media Monitoring mit kräftiger Unterstützung von Künstlicher Intelligenz?

Bunk: Medienspiegel und Social Media Monitoring bleiben weiterhin relevant – vor allen Dingen für die Messung der eigenen Reputation. Bei diesen Produkten geht es vor allem darum, Debatten und den öffentlichen Diskurs zu verstehen.

Wir denken das Thema der Informationsbeschaffung in Kommunikationsabteilungen jedoch konsequent weiter und über die Grenzen der eigenen Reputation hinaus. Bei Corporate Intelligence geht es darum, frühestmöglich Ereignisse zu erfassen, die für das Unternehmen in ihrer Gesamtheit wichtig sind. Das können auch kommunikationsunabhängige Themen sein. Also Themen, die in der öffentlichen Debatte unwichtig sind und es deshalb auch nicht in einen Medienspiegel schaffen würden, aber eine große Bedeutung für verschiedene Unternehmensabteilungen haben, weil sie zum Beispiel die Lieferkette, die Produktion oder Compliance betreffen.

Im Prinzip geht es aber um die KI-gestützte Auswertung und Analyse von Quellen und Daten, die öffentlich zugänglich sind?

Bunk: Genau. Auf Crawler-Technologien basierend sind wir in der Lage, innerhalb kurzer Zeit Millionen von öffentlich zugänglichen Texten, Bildern oder Videos zu durchsuchen und die darin enthaltenen Informationen für unsere Kunden auszuwerten. Vor Crawlern versteckte Inhalte wie im Dark Web, passwortgeschützte Websiten oder auch gelöschte Social Media Posts, können wir allerdings nicht analysieren und auswerten.

Was ist denn ein typischer Use Case für Unicepta?

Bunk: Ein ganz typischer Use Case betrifft beispielsweise die Logistik & Procurement-Abteilung von Unternehmen. Über manche Ereignisse wird in der Regel zunächst in Lokalmedien oder auf Social Media berichtet. Beispiel: Ein Fabrikbrand bei einem Zulieferer. Unternehmen bekommen von solchen Ereignissen häufig erst dann etwas mit, wenn die LKWs nicht am Werktor erscheinen oder die Mainstream-Medien darüber berichten. Das ist dann oft zu spät. Stell Dir vor, Du könntest bereits bei Eintritt eines Ereignisses mit der Planung von Maßnahmen starten. Wenn also bei einem der Zulieferer ein wichtiges Werk vorübergehend ausfällt, werden die fehlenden Teile später auch Deine Produktion beeinflussen. Wenn Du also bereits nach geeigneten Alternativen suchen und so den Ausfall auffangen kannst, verschaffst Du Dir einen enormen Wettbewerbsvorteil, weil Dein Unternehmen störungsfrei weiterarbeiten kann.

Die Einsatzbereiche lassen sich auf viele Abteilungen in Unternehmen ausweiten: von Compliance über die Rechtsabteilung und Vertrieb bis hin zum Einkauf, der bei Firmenübernahmen im Dienstleister- und Lieferantennetzwerk diese Informationen bei Vertragsverhandlungen für sich nutzen kann. Heute profitieren alle Bereiche in Unternehmen davon, jederzeit bestens informiert zu sein.

Ihr habt dafür den Begriff des „Corporate Intelligence“ geprägt. Was genau verbirgt sich dahinter?

Bunk: Der Begriff meint die systematische Auswertung von Quellen als Entscheidungsgrundlage. Dabei geht es vor allem um Risikoerkennung. Inzwischen umfasst der Begriff aber auch Trends und Chancen. Corporate Intelligence hilft Unternehmen, datenbasiert bessere, nachhaltigere und effizientere Entscheidungen treffen zu können. Entscheider sollen sich nicht länger nur auf ihr Bauchgefühl und den Zufall verlassen müssen.

Welche Vorstellungen haben die Unternehmen, wenn sie die Zusammenarbeit mit Euch suchen? 

Bunk: Vor dem Hintergrund der großen drängenden Probleme – insbesondere der Klimakrise – müssen es Unternehmen heute verstehen, einerseits ihr eigenes Geschäft zu sichern und andererseits auch ihre „license to operate“ unter Beweis zu stellen. Investoren, Shareholder, Konsumenten und auch die Politik fordern Informationen darüber, welchen Beitrag Unternehmen hier leisten, wie sie sich positionieren und welchen Impact die Handlungsweisen des Unternehmens haben. Das Lieferkettengesetz und die ESG-Regulierungen in Europa zeigen, dass unsere Gesellschaft heute von Unternehmen erwartet, dass sie alle Probleme bei Geschäftspartnern weltweit sofort identifizieren müssen. Für zu langsame Reaktionen werden sie haftbar gemacht. Von Unternehmensentscheidern wird also heute verlangt, dass sie alles wissen und zu jedem unternehmensrelevanten Thema sprechfähig sind. Genau dafür eine datenbasierte Grundlage zu schaffen, ist der Hauptwunsch, mit dem Unternehmen auf uns zukommen. Bei Unicepta helfen wir ihnen dabei, besser zuhören zu können und die tatsächlich für sie relevanten Informationen zu erfassen.

Wer im Unternehmen ist der Ansprechpartner? Die IT, das Marketing, die Unternehmenskommunikation?

Bunk: Das reicht in alle Bereiche des Unternehmens. Aktuell erkennen Unternehmen aber vor allem in den Bereichen Compliance, Procurement und im Supply Chain Management den Nutzen unserer Lösung. Spannend ist dabei, welche neue Rolle die Unternehmenskommunikation spielen wird. Denn sie kann zum Informations- und Insightsverteiler und damit Brückenbauer für alle relevanten Geschäftsbereiche werden. Schließlich ist die systematische Informationsbeschaffung auch ein wesentlicher Kern und Funktion der Unternehmenskommunikation.

Die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz schreitet derzeit rasant voran. Inwiefern wird das Euer Business beeinflussen?

Bunk: Die innovative Weiterentwicklung unserer Lösungen und Services auf Basis von KI ist für uns enorm wichtig. Deshalb beobachten wir Marktentwicklungen sehr genau, sind eng verzahnt in die deutsche KI-Forschungslandschaft, arbeiten an Projekten wie LEAM aktiv mit und investieren selbst signifikante Teile unseres Umsatzes in KI-getriebene Lösungen. Im Kern geht es dabei darum, wie KI uns helfen kann, Informationen noch schneller und besser zu verstehen. Das geht von der Erkennung von Entitäten über die Sentiment-Bestimmung bis hin zur Erkennung von Fakten und Ereignissen.  

Darüber hinaus beschäftigen wir uns auch sehr aktiv mit großen Sprachmodellen, um Zusammenfassungen zu erstellen. Durch ChatGPT hat das Thema ja gerade einen enormen Hype erfahren. Wichtig ist aber auch: Unicepta steht für „Tech und Talent“. Wir glauben nicht, dass mittelfristig auf die menschliche Expertise und das menschliche Urteilsvermögen verzichtet werden kann. KI kann hier jedoch einen großen Nutzen als Unterstützer bringen.

Welche Pläne hat Unicepta noch für dieses Jahr?

Bunk: Neben der Erweiterung unseres Angebots – durch Corporate Intelligence und dem gerade gelaunchten ESG-Sensor – wollen wir auch geografisch wachsen. Großbritannien, die USA, aber auch im restlichen Europa bietet sich uns noch ein großes Potenzial.

Das Interview führte Helmut van Rinsum

Patrick Bunk ist Chief Innovation Officer von UNICEPTA, Gründer von Ubermetrics Technologies und aktives Mitglied im KI Bundesverband e.V.. Bunk ist an verschiedenen KI-Forschungsprojekten beteiligt und Sachverständiger für diverse Arbeitskreise des BMWK sowie der KI-Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages.

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