Christian Zimmer: „Fake News eröffnen die Chance zur Differenzierung“

Interview

7 Minuten

19.08.2024

Christian Zimmer, Teads

Rund fünfzig Software-Engineers arbeiten im französischen Montpellier daran, KI-basierte Lösungen für die AdTech-Plattform Teads zu entwickeln. Sie kommen im Targeting, der Kreation und der Marktforschung zum Einsatz. Im Interview beschreibt Christian Zimmer, Managing Director von Teads Deutschland, was dies bringt. Und er sagt, was der KI-Boom für Publisher und Werbungtreibende bedeutet – auch weil er eine Welle von Fake News auslöst. Zimmer: „Für Markenhersteller wird es noch wichtiger als früher, das Werbeumfeld sorgfältig zu wählen.“

Eigentlich haben wir alle mit dem Ende der Cookies gerechnet. Nach dem Rückzieher von Google sieht es doch ein wenig anders aus. Wie ist Dein Eindruck: Wie betrachten Werbungtreibende im Moment die Lage?

Christian Zimmer: Im Moment fragen sich natürlich alle Unternehmen, was Googles Entscheidung für ihre Werbeaktivitäten, Agenturpartner oder Publisher bedeutet. Manche Branchenakteure interpretieren den Aufschub als Aufforderung, um so weiterzumachen wie bisher. Tatsächlich ist es aus meiner Sicht aber so, dass sich durch Googles neue Ausrichtung wenig ändern wird. Denn die Zukunft ohne Cookies hat längst begonnen – aus dem einfachen Grund, dass sich Nutzer ungern tracken lassen, sondern ihre Privatsphäre und Identität schützen, sobald ihnen eine klare Möglichkeit dazu gegeben wird und sie keine Vorteile durch das Tracking erkennen können. Dementsprechend haben wir bei Teads unsere Lösungen immer mit Blick darauf entwickelt, von 3rd Party Cookies unabhängig zu sein und sind daher auch langfristig sehr gut aufgestellt.

Es gibt verschiedene Ansätze, auch ohne Cookies die Zielgruppen richtig ansprechen zu können. Welche Rolle spielt hierbei Künstliche Intelligenz? 

Zimmer: KI spielt bei der cookielosen Zielgruppenansprache eine ganz entscheidende Rolle – das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Wir setzen zum Beispiel beim Cookieless Audience Targeting auf die Kombination verschiedener KI-basierter Algorithmen. Diese ermöglichen es, in den enormen Mengen unstrukturierter Daten Muster zu erkennen und diese wiederum bestimmten Zielgruppen zuzuordnen. Dieser Ansatz ist nur deshalb möglich, weil sich unsere Algorithmen ständig selbst optimieren.

Spielt dem Unternehmen Teads die Entwicklung im Bereich KI eigentlich in die Hände? 

Zimmer: Absolut! Abgesehen von den bereits genannten Applikationen im Targeting setzen wir KI in vielen weiteren Bereichen ein. Insbesondere in der Kreation erlaubt uns KI, Werbemittel schon vor dem Kampagnenstart im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu optimieren. Auch den Kollegen in der Marktforschung erleichtern unsere KI-Tools die Arbeit: Zum Beispiel, wenn es um den Nachweis der Attention-KPIs geht, die eine Kampagne erzielt.

Vielleicht mal ein kurzer Blick in den Maschinenraum: Wie viele Leute befassen sich bei Teads mit KI? Und wie wird aus Forschungsprojekten dann wirklich Software, die zum Einsatz kommt?

Zimmer: Wir setzen unterschiedliche KI-basierte Tools über sämtliche Abteilungen hinweg ein. An unserem Hauptsitz in Montpellier arbeiten circa fünfzig Software-Engineers in verschiedenen Teams daran, unsere KI-basierten Tools und Lösungen ständig weiterzuentwickeln.

Wie beurteilst Du generell die Entwicklung von KI im Marketing? Was kommt da auf uns noch zu?

Zimmer: Ende 2022 war die Veröffentlichung von Chat GPT auf Basis des Large Language Models GPT3 eine echte Zäsur. Nachdem KI-basierte Lösungen in den Unternehmen – auch bei Teads – schon jahrelang hinter den Kulissen zum Einsatz gekommen waren, führte dieser Innovationssprung bei der generativen KI zu einem wahnsinnigen Hype. Sehr viele Lösungen mit Bezug zu KI wurden in sehr kurzer Zeit vorgestellt: Viele davon sinnvoll, einige haben einen zweifelhaften Mehrwert. Derzeit befinden wir uns gerade in einer Phase der Konsolidierung: Im letzten Jahr haben sich bestimmte Anwendungsfälle für generative KI etabliert. Die gilt es nun weiter zu verfeinern. So hat ChatGPT bereits die Version 4o vorgestellt und ChatGPT Sora wird großen, disruptiven Einfluss auf den Bereich Videoerstellung haben.

Text, Foto, Video, Audio: KI wird auch für eine Welle an Fake-News sorgen, die in ihrer Darstellung von echten Fakten kaum noch zu unterscheiden sind. Teads arbeitet mit einem Netzwerk von renommierten Publishern zusammen: Ist das für diese Medienhäuser eher Gefahr oder Chance?

Zimmer: Noch nie war es so wichtig wie heute, Inhalte journalistisch sauber zu recherchieren und für das Publikum zu qualifizieren. Aus diesem Grund stellt das Thema KI-generierte Fake News für Premium Publisher aus meiner Sicht nicht nur ein Problem dar, sondern eröffnet auch die Chance zur Differenzierung. Wichtig ist dabei allerdings, dass alle Marktteilnehmern an einem Strang ziehen und Initiativen zum Thema Qualitätsjournalismus stärker aktiv unterstützen.

Was bedeutet dies für die Werbung in deren Umfeld?

Zimmer: Für Markenhersteller wird es noch wichtiger als früher, das Werbeumfeld sorgfältig zu wählen. Dabei ist es entscheidend zu verstehen, welche Vorteile Premium Publisher den Werbetreibenden bieten. So ist das Umfeld von Premium Publishern standardmäßig Brand Safe, Brand Suitable und Fraud Free. Infolgedessen führt ein Premium-Umfeld aufgrund des Halo-Effektes auch zu besseren Ergebnissen bei den Brand KPIs.

Du bist nun seit Oktober 2022 Managing Director von Teads in Deutschland. Was waren für Dich in dieser Zeit die wichtigsten Steps?

Zimmer: In den vergangenen anderthalb Jahren seit meinem Einstieg bei Teads hatten wir vor allem drei Themen im Fokus, die wir erfolgreich vorantreiben konnten: Erstens ging es darum, unser Produktprofil zu schärfen, um uns qualitativ noch deutlicher von unseren Mitbewerbern abzugrenzen. Zweitens haben wir im Upper Funnel neue Produkte im Bereich CTV und CTV Native implementiert, sowie unser Angebot im Mid- und Lower Funnel weiter ausgebaut. Und schließlich war es uns ein großes Anliegen, die Implementierung eines ESG-Ansatzes mit Schwerpunkt auf eine signifikante CO2-Reduktion im Bereich „E“ voranzutreiben. Denn auch im Marketing wird das Thema Nachhaltigkeit nach und nach zum Differenzierungsmerkmal beziehungsweise eine Grundvoraussetzung für Erfolg.

Welche Pläne stehen für 2024 noch ganz oben auf der Agenda? Wie geht es jetzt nach der Übernahme durch Outbrains weiter?

Zimmer: 2024 ist für uns ein wichtiges Jahr, um die Stellung von Teads im Markt weiter zu stärken und als Unternehmen zu wachsen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir verschiedene Maßnahmen wie unseren Omnichannel-Ansatz weiter vorangetrieben. Darüber hinaus arbeiten wir am Ausbau von exklusiven Partnerschaften im Bereich CTV Native; den Anfang konnten wir hier mit der LG Homescreen Vermarktung machen. Auf diese Weise entwickeln wir uns auch in unserer Rolle als Business Partner für die Kunden und Agenturen immer weiter. 

Ich möchte betonen, dass die Ankündigung zum Zusammenschluss mit Outbrain zwar von großer Bedeutung ist, der Abschluss der Transaktion jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird: Es wird keine unmittelbaren Änderungen an unserem bestehenden Geschäft geben.  Wir gehen derzeit davon aus, dass die Transaktion im ersten Quartal 2025 abgeschlossen sein wird. Danach freuen wir uns darauf, das volle Potenzial eines kombinierten Angebots zu präsentieren.

Interview: Helmut van Rinsum

Christian Zimmer ist Managing Director von Teads Deutschland. Seine berufliche Laufbahn umfasst Führungspositionen bei der Omnicom-Gruppe sowie bei Dentsu und GroupM. Innerhalb der Score Media Group, einer Allianz regionaler Tageszeitungsverlage, kümmerte sich Zimmer um die Vermarktung. Zuletzt war der gebürtige Münchner DACH-Chef der Marketing- und Mediaberatung Ebiquity.

Christian Zimmer: „Fake News eröffnen die Chance zur Differenzierung“

Interview

7 Minuten

19.08.2024

Christian Zimmer, Teads

Rund fünfzig Software-Engineers arbeiten im französischen Montpellier daran, KI-basierte Lösungen für die AdTech-Plattform Teads zu entwickeln. Sie kommen im Targeting, der Kreation und der Marktforschung zum Einsatz. Im Interview beschreibt Christian Zimmer, Managing Director von Teads Deutschland, was dies bringt. Und er sagt, was der KI-Boom für Publisher und Werbungtreibende bedeutet – auch weil er eine Welle von Fake News auslöst. Zimmer: „Für Markenhersteller wird es noch wichtiger als früher, das Werbeumfeld sorgfältig zu wählen.“

Eigentlich haben wir alle mit dem Ende der Cookies gerechnet. Nach dem Rückzieher von Google sieht es doch ein wenig anders aus. Wie ist Dein Eindruck: Wie betrachten Werbungtreibende im Moment die Lage?

Christian Zimmer: Im Moment fragen sich natürlich alle Unternehmen, was Googles Entscheidung für ihre Werbeaktivitäten, Agenturpartner oder Publisher bedeutet. Manche Branchenakteure interpretieren den Aufschub als Aufforderung, um so weiterzumachen wie bisher. Tatsächlich ist es aus meiner Sicht aber so, dass sich durch Googles neue Ausrichtung wenig ändern wird. Denn die Zukunft ohne Cookies hat längst begonnen – aus dem einfachen Grund, dass sich Nutzer ungern tracken lassen, sondern ihre Privatsphäre und Identität schützen, sobald ihnen eine klare Möglichkeit dazu gegeben wird und sie keine Vorteile durch das Tracking erkennen können. Dementsprechend haben wir bei Teads unsere Lösungen immer mit Blick darauf entwickelt, von 3rd Party Cookies unabhängig zu sein und sind daher auch langfristig sehr gut aufgestellt.

Es gibt verschiedene Ansätze, auch ohne Cookies die Zielgruppen richtig ansprechen zu können. Welche Rolle spielt hierbei Künstliche Intelligenz? 

Zimmer: KI spielt bei der cookielosen Zielgruppenansprache eine ganz entscheidende Rolle – das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Wir setzen zum Beispiel beim Cookieless Audience Targeting auf die Kombination verschiedener KI-basierter Algorithmen. Diese ermöglichen es, in den enormen Mengen unstrukturierter Daten Muster zu erkennen und diese wiederum bestimmten Zielgruppen zuzuordnen. Dieser Ansatz ist nur deshalb möglich, weil sich unsere Algorithmen ständig selbst optimieren.

Spielt dem Unternehmen Teads die Entwicklung im Bereich KI eigentlich in die Hände? 

Zimmer: Absolut! Abgesehen von den bereits genannten Applikationen im Targeting setzen wir KI in vielen weiteren Bereichen ein. Insbesondere in der Kreation erlaubt uns KI, Werbemittel schon vor dem Kampagnenstart im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu optimieren. Auch den Kollegen in der Marktforschung erleichtern unsere KI-Tools die Arbeit: Zum Beispiel, wenn es um den Nachweis der Attention-KPIs geht, die eine Kampagne erzielt.

Vielleicht mal ein kurzer Blick in den Maschinenraum: Wie viele Leute befassen sich bei Teads mit KI? Und wie wird aus Forschungsprojekten dann wirklich Software, die zum Einsatz kommt?

Zimmer: Wir setzen unterschiedliche KI-basierte Tools über sämtliche Abteilungen hinweg ein. An unserem Hauptsitz in Montpellier arbeiten circa fünfzig Software-Engineers in verschiedenen Teams daran, unsere KI-basierten Tools und Lösungen ständig weiterzuentwickeln.

Wie beurteilst Du generell die Entwicklung von KI im Marketing? Was kommt da auf uns noch zu?

Zimmer: Ende 2022 war die Veröffentlichung von Chat GPT auf Basis des Large Language Models GPT3 eine echte Zäsur. Nachdem KI-basierte Lösungen in den Unternehmen – auch bei Teads – schon jahrelang hinter den Kulissen zum Einsatz gekommen waren, führte dieser Innovationssprung bei der generativen KI zu einem wahnsinnigen Hype. Sehr viele Lösungen mit Bezug zu KI wurden in sehr kurzer Zeit vorgestellt: Viele davon sinnvoll, einige haben einen zweifelhaften Mehrwert. Derzeit befinden wir uns gerade in einer Phase der Konsolidierung: Im letzten Jahr haben sich bestimmte Anwendungsfälle für generative KI etabliert. Die gilt es nun weiter zu verfeinern. So hat ChatGPT bereits die Version 4o vorgestellt und ChatGPT Sora wird großen, disruptiven Einfluss auf den Bereich Videoerstellung haben.

Text, Foto, Video, Audio: KI wird auch für eine Welle an Fake-News sorgen, die in ihrer Darstellung von echten Fakten kaum noch zu unterscheiden sind. Teads arbeitet mit einem Netzwerk von renommierten Publishern zusammen: Ist das für diese Medienhäuser eher Gefahr oder Chance?

Zimmer: Noch nie war es so wichtig wie heute, Inhalte journalistisch sauber zu recherchieren und für das Publikum zu qualifizieren. Aus diesem Grund stellt das Thema KI-generierte Fake News für Premium Publisher aus meiner Sicht nicht nur ein Problem dar, sondern eröffnet auch die Chance zur Differenzierung. Wichtig ist dabei allerdings, dass alle Marktteilnehmern an einem Strang ziehen und Initiativen zum Thema Qualitätsjournalismus stärker aktiv unterstützen.

Was bedeutet dies für die Werbung in deren Umfeld?

Zimmer: Für Markenhersteller wird es noch wichtiger als früher, das Werbeumfeld sorgfältig zu wählen. Dabei ist es entscheidend zu verstehen, welche Vorteile Premium Publisher den Werbetreibenden bieten. So ist das Umfeld von Premium Publishern standardmäßig Brand Safe, Brand Suitable und Fraud Free. Infolgedessen führt ein Premium-Umfeld aufgrund des Halo-Effektes auch zu besseren Ergebnissen bei den Brand KPIs.

Du bist nun seit Oktober 2022 Managing Director von Teads in Deutschland. Was waren für Dich in dieser Zeit die wichtigsten Steps?

Zimmer: In den vergangenen anderthalb Jahren seit meinem Einstieg bei Teads hatten wir vor allem drei Themen im Fokus, die wir erfolgreich vorantreiben konnten: Erstens ging es darum, unser Produktprofil zu schärfen, um uns qualitativ noch deutlicher von unseren Mitbewerbern abzugrenzen. Zweitens haben wir im Upper Funnel neue Produkte im Bereich CTV und CTV Native implementiert, sowie unser Angebot im Mid- und Lower Funnel weiter ausgebaut. Und schließlich war es uns ein großes Anliegen, die Implementierung eines ESG-Ansatzes mit Schwerpunkt auf eine signifikante CO2-Reduktion im Bereich „E“ voranzutreiben. Denn auch im Marketing wird das Thema Nachhaltigkeit nach und nach zum Differenzierungsmerkmal beziehungsweise eine Grundvoraussetzung für Erfolg.

Welche Pläne stehen für 2024 noch ganz oben auf der Agenda? Wie geht es jetzt nach der Übernahme durch Outbrains weiter?

Zimmer: 2024 ist für uns ein wichtiges Jahr, um die Stellung von Teads im Markt weiter zu stärken und als Unternehmen zu wachsen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir verschiedene Maßnahmen wie unseren Omnichannel-Ansatz weiter vorangetrieben. Darüber hinaus arbeiten wir am Ausbau von exklusiven Partnerschaften im Bereich CTV Native; den Anfang konnten wir hier mit der LG Homescreen Vermarktung machen. Auf diese Weise entwickeln wir uns auch in unserer Rolle als Business Partner für die Kunden und Agenturen immer weiter. 

Ich möchte betonen, dass die Ankündigung zum Zusammenschluss mit Outbrain zwar von großer Bedeutung ist, der Abschluss der Transaktion jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird: Es wird keine unmittelbaren Änderungen an unserem bestehenden Geschäft geben.  Wir gehen derzeit davon aus, dass die Transaktion im ersten Quartal 2025 abgeschlossen sein wird. Danach freuen wir uns darauf, das volle Potenzial eines kombinierten Angebots zu präsentieren.

Interview: Helmut van Rinsum

Christian Zimmer ist Managing Director von Teads Deutschland. Seine berufliche Laufbahn umfasst Führungspositionen bei der Omnicom-Gruppe sowie bei Dentsu und GroupM. Innerhalb der Score Media Group, einer Allianz regionaler Tageszeitungsverlage, kümmerte sich Zimmer um die Vermarktung. Zuletzt war der gebürtige Münchner DACH-Chef der Marketing- und Mediaberatung Ebiquity.

Christian Zimmer: „Fake News eröffnen die Chance zur Differenzierung“

Interview

7 Minuten

19.08.2024

Christian Zimmer, Teads

Rund fünfzig Software-Engineers arbeiten im französischen Montpellier daran, KI-basierte Lösungen für die AdTech-Plattform Teads zu entwickeln. Sie kommen im Targeting, der Kreation und der Marktforschung zum Einsatz. Im Interview beschreibt Christian Zimmer, Managing Director von Teads Deutschland, was dies bringt. Und er sagt, was der KI-Boom für Publisher und Werbungtreibende bedeutet – auch weil er eine Welle von Fake News auslöst. Zimmer: „Für Markenhersteller wird es noch wichtiger als früher, das Werbeumfeld sorgfältig zu wählen.“

Eigentlich haben wir alle mit dem Ende der Cookies gerechnet. Nach dem Rückzieher von Google sieht es doch ein wenig anders aus. Wie ist Dein Eindruck: Wie betrachten Werbungtreibende im Moment die Lage?

Christian Zimmer: Im Moment fragen sich natürlich alle Unternehmen, was Googles Entscheidung für ihre Werbeaktivitäten, Agenturpartner oder Publisher bedeutet. Manche Branchenakteure interpretieren den Aufschub als Aufforderung, um so weiterzumachen wie bisher. Tatsächlich ist es aus meiner Sicht aber so, dass sich durch Googles neue Ausrichtung wenig ändern wird. Denn die Zukunft ohne Cookies hat längst begonnen – aus dem einfachen Grund, dass sich Nutzer ungern tracken lassen, sondern ihre Privatsphäre und Identität schützen, sobald ihnen eine klare Möglichkeit dazu gegeben wird und sie keine Vorteile durch das Tracking erkennen können. Dementsprechend haben wir bei Teads unsere Lösungen immer mit Blick darauf entwickelt, von 3rd Party Cookies unabhängig zu sein und sind daher auch langfristig sehr gut aufgestellt.

Es gibt verschiedene Ansätze, auch ohne Cookies die Zielgruppen richtig ansprechen zu können. Welche Rolle spielt hierbei Künstliche Intelligenz? 

Zimmer: KI spielt bei der cookielosen Zielgruppenansprache eine ganz entscheidende Rolle – das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Wir setzen zum Beispiel beim Cookieless Audience Targeting auf die Kombination verschiedener KI-basierter Algorithmen. Diese ermöglichen es, in den enormen Mengen unstrukturierter Daten Muster zu erkennen und diese wiederum bestimmten Zielgruppen zuzuordnen. Dieser Ansatz ist nur deshalb möglich, weil sich unsere Algorithmen ständig selbst optimieren.

Spielt dem Unternehmen Teads die Entwicklung im Bereich KI eigentlich in die Hände? 

Zimmer: Absolut! Abgesehen von den bereits genannten Applikationen im Targeting setzen wir KI in vielen weiteren Bereichen ein. Insbesondere in der Kreation erlaubt uns KI, Werbemittel schon vor dem Kampagnenstart im Hinblick auf ihre Wirksamkeit zu optimieren. Auch den Kollegen in der Marktforschung erleichtern unsere KI-Tools die Arbeit: Zum Beispiel, wenn es um den Nachweis der Attention-KPIs geht, die eine Kampagne erzielt.

Vielleicht mal ein kurzer Blick in den Maschinenraum: Wie viele Leute befassen sich bei Teads mit KI? Und wie wird aus Forschungsprojekten dann wirklich Software, die zum Einsatz kommt?

Zimmer: Wir setzen unterschiedliche KI-basierte Tools über sämtliche Abteilungen hinweg ein. An unserem Hauptsitz in Montpellier arbeiten circa fünfzig Software-Engineers in verschiedenen Teams daran, unsere KI-basierten Tools und Lösungen ständig weiterzuentwickeln.

Wie beurteilst Du generell die Entwicklung von KI im Marketing? Was kommt da auf uns noch zu?

Zimmer: Ende 2022 war die Veröffentlichung von Chat GPT auf Basis des Large Language Models GPT3 eine echte Zäsur. Nachdem KI-basierte Lösungen in den Unternehmen – auch bei Teads – schon jahrelang hinter den Kulissen zum Einsatz gekommen waren, führte dieser Innovationssprung bei der generativen KI zu einem wahnsinnigen Hype. Sehr viele Lösungen mit Bezug zu KI wurden in sehr kurzer Zeit vorgestellt: Viele davon sinnvoll, einige haben einen zweifelhaften Mehrwert. Derzeit befinden wir uns gerade in einer Phase der Konsolidierung: Im letzten Jahr haben sich bestimmte Anwendungsfälle für generative KI etabliert. Die gilt es nun weiter zu verfeinern. So hat ChatGPT bereits die Version 4o vorgestellt und ChatGPT Sora wird großen, disruptiven Einfluss auf den Bereich Videoerstellung haben.

Text, Foto, Video, Audio: KI wird auch für eine Welle an Fake-News sorgen, die in ihrer Darstellung von echten Fakten kaum noch zu unterscheiden sind. Teads arbeitet mit einem Netzwerk von renommierten Publishern zusammen: Ist das für diese Medienhäuser eher Gefahr oder Chance?

Zimmer: Noch nie war es so wichtig wie heute, Inhalte journalistisch sauber zu recherchieren und für das Publikum zu qualifizieren. Aus diesem Grund stellt das Thema KI-generierte Fake News für Premium Publisher aus meiner Sicht nicht nur ein Problem dar, sondern eröffnet auch die Chance zur Differenzierung. Wichtig ist dabei allerdings, dass alle Marktteilnehmern an einem Strang ziehen und Initiativen zum Thema Qualitätsjournalismus stärker aktiv unterstützen.

Was bedeutet dies für die Werbung in deren Umfeld?

Zimmer: Für Markenhersteller wird es noch wichtiger als früher, das Werbeumfeld sorgfältig zu wählen. Dabei ist es entscheidend zu verstehen, welche Vorteile Premium Publisher den Werbetreibenden bieten. So ist das Umfeld von Premium Publishern standardmäßig Brand Safe, Brand Suitable und Fraud Free. Infolgedessen führt ein Premium-Umfeld aufgrund des Halo-Effektes auch zu besseren Ergebnissen bei den Brand KPIs.

Du bist nun seit Oktober 2022 Managing Director von Teads in Deutschland. Was waren für Dich in dieser Zeit die wichtigsten Steps?

Zimmer: In den vergangenen anderthalb Jahren seit meinem Einstieg bei Teads hatten wir vor allem drei Themen im Fokus, die wir erfolgreich vorantreiben konnten: Erstens ging es darum, unser Produktprofil zu schärfen, um uns qualitativ noch deutlicher von unseren Mitbewerbern abzugrenzen. Zweitens haben wir im Upper Funnel neue Produkte im Bereich CTV und CTV Native implementiert, sowie unser Angebot im Mid- und Lower Funnel weiter ausgebaut. Und schließlich war es uns ein großes Anliegen, die Implementierung eines ESG-Ansatzes mit Schwerpunkt auf eine signifikante CO2-Reduktion im Bereich „E“ voranzutreiben. Denn auch im Marketing wird das Thema Nachhaltigkeit nach und nach zum Differenzierungsmerkmal beziehungsweise eine Grundvoraussetzung für Erfolg.

Welche Pläne stehen für 2024 noch ganz oben auf der Agenda? Wie geht es jetzt nach der Übernahme durch Outbrains weiter?

Zimmer: 2024 ist für uns ein wichtiges Jahr, um die Stellung von Teads im Markt weiter zu stärken und als Unternehmen zu wachsen. Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir verschiedene Maßnahmen wie unseren Omnichannel-Ansatz weiter vorangetrieben. Darüber hinaus arbeiten wir am Ausbau von exklusiven Partnerschaften im Bereich CTV Native; den Anfang konnten wir hier mit der LG Homescreen Vermarktung machen. Auf diese Weise entwickeln wir uns auch in unserer Rolle als Business Partner für die Kunden und Agenturen immer weiter. 

Ich möchte betonen, dass die Ankündigung zum Zusammenschluss mit Outbrain zwar von großer Bedeutung ist, der Abschluss der Transaktion jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird: Es wird keine unmittelbaren Änderungen an unserem bestehenden Geschäft geben.  Wir gehen derzeit davon aus, dass die Transaktion im ersten Quartal 2025 abgeschlossen sein wird. Danach freuen wir uns darauf, das volle Potenzial eines kombinierten Angebots zu präsentieren.

Interview: Helmut van Rinsum

Christian Zimmer ist Managing Director von Teads Deutschland. Seine berufliche Laufbahn umfasst Führungspositionen bei der Omnicom-Gruppe sowie bei Dentsu und GroupM. Innerhalb der Score Media Group, einer Allianz regionaler Tageszeitungsverlage, kümmerte sich Zimmer um die Vermarktung. Zuletzt war der gebürtige Münchner DACH-Chef der Marketing- und Mediaberatung Ebiquity.

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