Brad Anderson: KI reagiert in Echtzeit auf Feedback

Brad Anderson: KI reagiert in Echtzeit auf Feedback

Interview

6 Minuten

09.09.2025

Mann mit grünem T-Shirt lehnt an Treppe
Mann mit grünem T-Shirt lehnt an Treppe
Mann mit grünem T-Shirt lehnt an Treppe

Conversational AI, agentische Systeme, synthetische Forschung: Qualtrics arbeitet intensiv daran, KI im Experience Management strategisch einzusetzen. Im Interview spricht Brad Anderson, President of Products, UX & Engineering, über konkrete Anwendungsfälle, übertriebene Erwartungen und darüber, warum klassische Umfragen trotzdem nicht verschwinden werden.

Brad, Sie haben kürzlich gesagt: Es gibt nicht die eine KI, sondern mehrere. Was meinen Sie damit genau?

Wir unterscheiden aktuell vier Kategorien von KI: klassische algorithmische Verfahren, agentische KI, Conversational AI und seit Kurzem auch „synthetic AI“. Jede dieser Formen erschließt neue Möglichkeiten für Experience Management. Conversational AI hilft Unternehmen, große Mengen an Feedback inhaltlich zu verstehen. Agentische KI geht einen Schritt weiter: Sie erlaubt es, automatisiert auf dieses Feedback zu reagieren – also in Echtzeit zu handeln.

Was heißt das konkret?

Ich gebe zwei Beispiele: 2024 haben wir über 1,2 Milliarden Umfragen analysiert – das entspricht rund 17 Milliarden beantworteten Fragen. Mit Hilfe von agentischer KI können Unternehmen künftig während der Befragung direkt reagieren. Wenn etwa jemand angibt, mit einem Hotelaufenthalt unzufrieden zu sein, erkennt das System: Diese Person ist seit zehn Jahren Kund:in. Die Antwort könnte sein: „Es tut uns leid, wir möchten das wiedergutmachen – hier ist unser Vorschlag.“ Das läuft automatisch ab – auf Basis der Richtlinien des Unternehmens.

Ein zweites Beispiel ist die Analyse digitaler Signale: Wenn jemand auf einer Website hektisch klickt, weil ein Link nicht funktioniert, erkennt unser System dieses „rage tapping“ – und bietet sofort aktive Hilfe an. Das Ziel ist immer: In der Situation reagieren, nicht erst danach.

Ist das bereits im Einsatz?

Noch nicht flächendeckend – aber wir testen es mit ausgewählten Unternehmen. Erste Rückmeldungen zeigen: Wer agentische KI nutzt, erzielt höhere NPS-Werte, bessere CSAT-Scores – weil sich Kund:innen wahrgenommen fühlen. Unsere Forschung bestätigt: Menschen wollen nicht nur antworten, sie wollen gehört werden.

Simulation mit synthetischer Marktforschung

Welche Branchen treiben diese Entwicklung voran?

Das Spektrum ist sehr breit: von Quick-Service-Restaurants über Finanzdienstleister bis zum Gesundheitswesen. Natürlich sind regulierte Branchen etwas vorsichtiger. Aber wir sehen überall enormes Interesse. Übrigens: Wir haben gerade in den USA die „FedRAMP High“-Zertifizierung erhalten – das ist der höchste Sicherheitsstandard der US-Regierung. Nur 53 Unternehmen weltweit haben das. Das beschleunigt die Freigabeprozesse für KI-Anwendungen enorm.

Was bedeutet das alles für das Marketing? Wie verändert KI die tägliche Arbeit?

Ein Beispiel: „Edge“ ist unser neues Tool für synthetische Marktforschung. Damit können Marketingteams klassische Befragungen mit digitalen Panels simulieren – Ergebnisse kommen innerhalb von Minuten statt in Tagen oder Wochen. Das spart Zeit, Geld – und hilft, schneller zu testen, was funktioniert.

Der zweite Punkt ist die Integration von Feedback über alle Touchpoints hinweg: App, Website, Servicecenter, Filiale. Früher waren das oft getrennte Silos. Jetzt können wir all diese Daten verbinden und visualisieren. Das ergibt ein ganz neues Bild der Customer Journey – und hilft dem Marketing, gezielter zu optimieren.

Und die klassische Kundenumfrage – verschwindet die bald?

Ganz im Gegenteil. 2024 ist die Zahl abgeschlossener Umfragen um 16 Prozent gestiegen. Mit Conversational AI steigt die Abschlussquote sogar von 75 auf 83 Prozent, weil die Leute merken, dass ihr Feedback ernst genommen wird. Wir sehen: Je persönlicher das Erlebnis, desto mehr geben die Menschen preis. Die Qualität der Daten steigt und die Markenbindung auch. Aber: Umfragen allein reichen nicht mehr. Die Zukunft liegt darin, zusätzlich unstrukturierte, nicht angefragte Daten zu nutzen, etwa aus Callcenter-Gesprächen, sozialen Medien oder Bewertungsportalen. Wer das alles kombiniert, bekommt ein viel umfassenderes Bild.

KI-Agent bucht Ferienreise

Was wird sich in den nächsten drei bis fünf Jahren grundlegend ändern?

Ich glaube, fast jedes Unternehmen wird in naher Zukunft einen „Agent“ an der digitalen Kundenschnittstelle haben, ein System, das versteht, reagiert und organisiert. Statt wie heute Flüge, Hotels oder Events einzeln zu suchen, wird man bald einfach sagen: „Ich bin eine Familie mit zwei Teenagern, wir wollen nach Barcelona, Budget: 500 Euro pro Nacht, gerne Kultur.“ Und der Agent schlägt eine passende Reise vor – inklusive Buchung. Das ist ein völlig anderes Nutzererlebnis. Und es ist viel näher als viele denken. Auf meiner letzten Europa-Reise haben mir fünf Unternehmen unabhängig voneinander gesagt, dass sie gerade Agenten bauen.

Klingt vielversprechend. Aber wo liegen die größten Hürden?

Die erste Hürde ist kulturell: Ist Kundenzentrierung wirklich Teil der Unternehmens-DNA? Wird gute Customer Experience belohnt, gefeiert, priorisiert? Die zweite Hürde ist technischer Natur – Datenschutz, Sicherheit, Vertrauen. Viele Unternehmen fragen zu Recht: Wird unsere Datenbasis sicher gehalten? Wird damit nicht ein öffentliches Sprachmodell trainiert? Und schließlich gibt es auch methodische Fehler: Viele Unternehmen sammeln zwar Feedback, aber die Erkenntnisse landen nicht bei denen, die täglich mit Kund:innen arbeiten. Oder sie verlassen sich nur auf Umfragen – und ignorieren alle anderen Kanäle.

Risiken: Datenverlust und Markenkonstistenz

Sehen Sie Risiken, wenn Unternehmen zu stark auf KI setzen?

Es gibt zwei zentrale Risiken. Erstens: Datenschutz. Gerade in UK zeigt unsere Forschung, dass ein einziger Datenverlust 66 Prozent der Konsument:innen dazu bringt, den Anbieter zu wechseln. Zweitens: Markenkonsistenz. Wenn eine KI plötzlich ganz anders klingt als der Kundenservice, entsteht Bruch. Deshalb investieren wir gezielt in KI-Modelle, die den Ton und die Qualität der besten Servicemitarbeitenden imitieren. Nur so entsteht Vertrauen.

Und was steht bei Ihnen dieses Jahr ganz oben auf der Agenda?

Wir bewegen uns in einem Tempo, das ich so noch nie erlebt habe. Mein KI-Plattform-Team verschickt jede Woche ein Update: „Was ist in den letzten sieben Tagen passiert?“ Das sagt alles. Mein Ziel ist es, unser Conversational-AI-Angebot vollständig auszurollen und die ersten agentischen Funktionen in den Markt zu bringen. Denn nur im echten Einsatz können wir lernen, iterieren, besser werden.

Interview: Helmut van Rinsum

Brad Anderson ist President of Products, UX & Engineering bei Qualtrics. Er verantwortet die Strategie und Entwicklung der gesamten Experience-Management-Plattform und leitet ein globales Team von über 1.600 Mitarbeitenden. Zuvor war er mehr als 17 Jahre bei Microsoft tätig. Anderson hat einen MBA von der Brigham Young University und lebt mit seiner Familie in Utah.

Brad, Sie haben kürzlich gesagt: Es gibt nicht die eine KI, sondern mehrere. Was meinen Sie damit genau?

Wir unterscheiden aktuell vier Kategorien von KI: klassische algorithmische Verfahren, agentische KI, Conversational AI und seit Kurzem auch „synthetic AI“. Jede dieser Formen erschließt neue Möglichkeiten für Experience Management. Conversational AI hilft Unternehmen, große Mengen an Feedback inhaltlich zu verstehen. Agentische KI geht einen Schritt weiter: Sie erlaubt es, automatisiert auf dieses Feedback zu reagieren – also in Echtzeit zu handeln.

Was heißt das konkret?

Ich gebe zwei Beispiele: 2024 haben wir über 1,2 Milliarden Umfragen analysiert – das entspricht rund 17 Milliarden beantworteten Fragen. Mit Hilfe von agentischer KI können Unternehmen künftig während der Befragung direkt reagieren. Wenn etwa jemand angibt, mit einem Hotelaufenthalt unzufrieden zu sein, erkennt das System: Diese Person ist seit zehn Jahren Kund:in. Die Antwort könnte sein: „Es tut uns leid, wir möchten das wiedergutmachen – hier ist unser Vorschlag.“ Das läuft automatisch ab – auf Basis der Richtlinien des Unternehmens.

Ein zweites Beispiel ist die Analyse digitaler Signale: Wenn jemand auf einer Website hektisch klickt, weil ein Link nicht funktioniert, erkennt unser System dieses „rage tapping“ – und bietet sofort aktive Hilfe an. Das Ziel ist immer: In der Situation reagieren, nicht erst danach.

Ist das bereits im Einsatz?

Noch nicht flächendeckend – aber wir testen es mit ausgewählten Unternehmen. Erste Rückmeldungen zeigen: Wer agentische KI nutzt, erzielt höhere NPS-Werte, bessere CSAT-Scores – weil sich Kund:innen wahrgenommen fühlen. Unsere Forschung bestätigt: Menschen wollen nicht nur antworten, sie wollen gehört werden.

Simulation mit synthetischer Marktforschung

Welche Branchen treiben diese Entwicklung voran?

Das Spektrum ist sehr breit: von Quick-Service-Restaurants über Finanzdienstleister bis zum Gesundheitswesen. Natürlich sind regulierte Branchen etwas vorsichtiger. Aber wir sehen überall enormes Interesse. Übrigens: Wir haben gerade in den USA die „FedRAMP High“-Zertifizierung erhalten – das ist der höchste Sicherheitsstandard der US-Regierung. Nur 53 Unternehmen weltweit haben das. Das beschleunigt die Freigabeprozesse für KI-Anwendungen enorm.

Was bedeutet das alles für das Marketing? Wie verändert KI die tägliche Arbeit?

Ein Beispiel: „Edge“ ist unser neues Tool für synthetische Marktforschung. Damit können Marketingteams klassische Befragungen mit digitalen Panels simulieren – Ergebnisse kommen innerhalb von Minuten statt in Tagen oder Wochen. Das spart Zeit, Geld – und hilft, schneller zu testen, was funktioniert.

Der zweite Punkt ist die Integration von Feedback über alle Touchpoints hinweg: App, Website, Servicecenter, Filiale. Früher waren das oft getrennte Silos. Jetzt können wir all diese Daten verbinden und visualisieren. Das ergibt ein ganz neues Bild der Customer Journey – und hilft dem Marketing, gezielter zu optimieren.

Und die klassische Kundenumfrage – verschwindet die bald?

Ganz im Gegenteil. 2024 ist die Zahl abgeschlossener Umfragen um 16 Prozent gestiegen. Mit Conversational AI steigt die Abschlussquote sogar von 75 auf 83 Prozent, weil die Leute merken, dass ihr Feedback ernst genommen wird. Wir sehen: Je persönlicher das Erlebnis, desto mehr geben die Menschen preis. Die Qualität der Daten steigt und die Markenbindung auch. Aber: Umfragen allein reichen nicht mehr. Die Zukunft liegt darin, zusätzlich unstrukturierte, nicht angefragte Daten zu nutzen, etwa aus Callcenter-Gesprächen, sozialen Medien oder Bewertungsportalen. Wer das alles kombiniert, bekommt ein viel umfassenderes Bild.

KI-Agent bucht Ferienreise

Was wird sich in den nächsten drei bis fünf Jahren grundlegend ändern?

Ich glaube, fast jedes Unternehmen wird in naher Zukunft einen „Agent“ an der digitalen Kundenschnittstelle haben, ein System, das versteht, reagiert und organisiert. Statt wie heute Flüge, Hotels oder Events einzeln zu suchen, wird man bald einfach sagen: „Ich bin eine Familie mit zwei Teenagern, wir wollen nach Barcelona, Budget: 500 Euro pro Nacht, gerne Kultur.“ Und der Agent schlägt eine passende Reise vor – inklusive Buchung. Das ist ein völlig anderes Nutzererlebnis. Und es ist viel näher als viele denken. Auf meiner letzten Europa-Reise haben mir fünf Unternehmen unabhängig voneinander gesagt, dass sie gerade Agenten bauen.

Klingt vielversprechend. Aber wo liegen die größten Hürden?

Die erste Hürde ist kulturell: Ist Kundenzentrierung wirklich Teil der Unternehmens-DNA? Wird gute Customer Experience belohnt, gefeiert, priorisiert? Die zweite Hürde ist technischer Natur – Datenschutz, Sicherheit, Vertrauen. Viele Unternehmen fragen zu Recht: Wird unsere Datenbasis sicher gehalten? Wird damit nicht ein öffentliches Sprachmodell trainiert? Und schließlich gibt es auch methodische Fehler: Viele Unternehmen sammeln zwar Feedback, aber die Erkenntnisse landen nicht bei denen, die täglich mit Kund:innen arbeiten. Oder sie verlassen sich nur auf Umfragen – und ignorieren alle anderen Kanäle.

Risiken: Datenverlust und Markenkonstistenz

Sehen Sie Risiken, wenn Unternehmen zu stark auf KI setzen?

Es gibt zwei zentrale Risiken. Erstens: Datenschutz. Gerade in UK zeigt unsere Forschung, dass ein einziger Datenverlust 66 Prozent der Konsument:innen dazu bringt, den Anbieter zu wechseln. Zweitens: Markenkonsistenz. Wenn eine KI plötzlich ganz anders klingt als der Kundenservice, entsteht Bruch. Deshalb investieren wir gezielt in KI-Modelle, die den Ton und die Qualität der besten Servicemitarbeitenden imitieren. Nur so entsteht Vertrauen.

Und was steht bei Ihnen dieses Jahr ganz oben auf der Agenda?

Wir bewegen uns in einem Tempo, das ich so noch nie erlebt habe. Mein KI-Plattform-Team verschickt jede Woche ein Update: „Was ist in den letzten sieben Tagen passiert?“ Das sagt alles. Mein Ziel ist es, unser Conversational-AI-Angebot vollständig auszurollen und die ersten agentischen Funktionen in den Markt zu bringen. Denn nur im echten Einsatz können wir lernen, iterieren, besser werden.

Interview: Helmut van Rinsum

Brad Anderson ist President of Products, UX & Engineering bei Qualtrics. Er verantwortet die Strategie und Entwicklung der gesamten Experience-Management-Plattform und leitet ein globales Team von über 1.600 Mitarbeitenden. Zuvor war er mehr als 17 Jahre bei Microsoft tätig. Anderson hat einen MBA von der Brigham Young University und lebt mit seiner Familie in Utah.

Brad, Sie haben kürzlich gesagt: Es gibt nicht die eine KI, sondern mehrere. Was meinen Sie damit genau?

Wir unterscheiden aktuell vier Kategorien von KI: klassische algorithmische Verfahren, agentische KI, Conversational AI und seit Kurzem auch „synthetic AI“. Jede dieser Formen erschließt neue Möglichkeiten für Experience Management. Conversational AI hilft Unternehmen, große Mengen an Feedback inhaltlich zu verstehen. Agentische KI geht einen Schritt weiter: Sie erlaubt es, automatisiert auf dieses Feedback zu reagieren – also in Echtzeit zu handeln.

Was heißt das konkret?

Ich gebe zwei Beispiele: 2024 haben wir über 1,2 Milliarden Umfragen analysiert – das entspricht rund 17 Milliarden beantworteten Fragen. Mit Hilfe von agentischer KI können Unternehmen künftig während der Befragung direkt reagieren. Wenn etwa jemand angibt, mit einem Hotelaufenthalt unzufrieden zu sein, erkennt das System: Diese Person ist seit zehn Jahren Kund:in. Die Antwort könnte sein: „Es tut uns leid, wir möchten das wiedergutmachen – hier ist unser Vorschlag.“ Das läuft automatisch ab – auf Basis der Richtlinien des Unternehmens.

Ein zweites Beispiel ist die Analyse digitaler Signale: Wenn jemand auf einer Website hektisch klickt, weil ein Link nicht funktioniert, erkennt unser System dieses „rage tapping“ – und bietet sofort aktive Hilfe an. Das Ziel ist immer: In der Situation reagieren, nicht erst danach.

Ist das bereits im Einsatz?

Noch nicht flächendeckend – aber wir testen es mit ausgewählten Unternehmen. Erste Rückmeldungen zeigen: Wer agentische KI nutzt, erzielt höhere NPS-Werte, bessere CSAT-Scores – weil sich Kund:innen wahrgenommen fühlen. Unsere Forschung bestätigt: Menschen wollen nicht nur antworten, sie wollen gehört werden.

Simulation mit synthetischer Marktforschung

Welche Branchen treiben diese Entwicklung voran?

Das Spektrum ist sehr breit: von Quick-Service-Restaurants über Finanzdienstleister bis zum Gesundheitswesen. Natürlich sind regulierte Branchen etwas vorsichtiger. Aber wir sehen überall enormes Interesse. Übrigens: Wir haben gerade in den USA die „FedRAMP High“-Zertifizierung erhalten – das ist der höchste Sicherheitsstandard der US-Regierung. Nur 53 Unternehmen weltweit haben das. Das beschleunigt die Freigabeprozesse für KI-Anwendungen enorm.

Was bedeutet das alles für das Marketing? Wie verändert KI die tägliche Arbeit?

Ein Beispiel: „Edge“ ist unser neues Tool für synthetische Marktforschung. Damit können Marketingteams klassische Befragungen mit digitalen Panels simulieren – Ergebnisse kommen innerhalb von Minuten statt in Tagen oder Wochen. Das spart Zeit, Geld – und hilft, schneller zu testen, was funktioniert.

Der zweite Punkt ist die Integration von Feedback über alle Touchpoints hinweg: App, Website, Servicecenter, Filiale. Früher waren das oft getrennte Silos. Jetzt können wir all diese Daten verbinden und visualisieren. Das ergibt ein ganz neues Bild der Customer Journey – und hilft dem Marketing, gezielter zu optimieren.

Und die klassische Kundenumfrage – verschwindet die bald?

Ganz im Gegenteil. 2024 ist die Zahl abgeschlossener Umfragen um 16 Prozent gestiegen. Mit Conversational AI steigt die Abschlussquote sogar von 75 auf 83 Prozent, weil die Leute merken, dass ihr Feedback ernst genommen wird. Wir sehen: Je persönlicher das Erlebnis, desto mehr geben die Menschen preis. Die Qualität der Daten steigt und die Markenbindung auch. Aber: Umfragen allein reichen nicht mehr. Die Zukunft liegt darin, zusätzlich unstrukturierte, nicht angefragte Daten zu nutzen, etwa aus Callcenter-Gesprächen, sozialen Medien oder Bewertungsportalen. Wer das alles kombiniert, bekommt ein viel umfassenderes Bild.

KI-Agent bucht Ferienreise

Was wird sich in den nächsten drei bis fünf Jahren grundlegend ändern?

Ich glaube, fast jedes Unternehmen wird in naher Zukunft einen „Agent“ an der digitalen Kundenschnittstelle haben, ein System, das versteht, reagiert und organisiert. Statt wie heute Flüge, Hotels oder Events einzeln zu suchen, wird man bald einfach sagen: „Ich bin eine Familie mit zwei Teenagern, wir wollen nach Barcelona, Budget: 500 Euro pro Nacht, gerne Kultur.“ Und der Agent schlägt eine passende Reise vor – inklusive Buchung. Das ist ein völlig anderes Nutzererlebnis. Und es ist viel näher als viele denken. Auf meiner letzten Europa-Reise haben mir fünf Unternehmen unabhängig voneinander gesagt, dass sie gerade Agenten bauen.

Klingt vielversprechend. Aber wo liegen die größten Hürden?

Die erste Hürde ist kulturell: Ist Kundenzentrierung wirklich Teil der Unternehmens-DNA? Wird gute Customer Experience belohnt, gefeiert, priorisiert? Die zweite Hürde ist technischer Natur – Datenschutz, Sicherheit, Vertrauen. Viele Unternehmen fragen zu Recht: Wird unsere Datenbasis sicher gehalten? Wird damit nicht ein öffentliches Sprachmodell trainiert? Und schließlich gibt es auch methodische Fehler: Viele Unternehmen sammeln zwar Feedback, aber die Erkenntnisse landen nicht bei denen, die täglich mit Kund:innen arbeiten. Oder sie verlassen sich nur auf Umfragen – und ignorieren alle anderen Kanäle.

Risiken: Datenverlust und Markenkonstistenz

Sehen Sie Risiken, wenn Unternehmen zu stark auf KI setzen?

Es gibt zwei zentrale Risiken. Erstens: Datenschutz. Gerade in UK zeigt unsere Forschung, dass ein einziger Datenverlust 66 Prozent der Konsument:innen dazu bringt, den Anbieter zu wechseln. Zweitens: Markenkonsistenz. Wenn eine KI plötzlich ganz anders klingt als der Kundenservice, entsteht Bruch. Deshalb investieren wir gezielt in KI-Modelle, die den Ton und die Qualität der besten Servicemitarbeitenden imitieren. Nur so entsteht Vertrauen.

Und was steht bei Ihnen dieses Jahr ganz oben auf der Agenda?

Wir bewegen uns in einem Tempo, das ich so noch nie erlebt habe. Mein KI-Plattform-Team verschickt jede Woche ein Update: „Was ist in den letzten sieben Tagen passiert?“ Das sagt alles. Mein Ziel ist es, unser Conversational-AI-Angebot vollständig auszurollen und die ersten agentischen Funktionen in den Markt zu bringen. Denn nur im echten Einsatz können wir lernen, iterieren, besser werden.

Interview: Helmut van Rinsum

Brad Anderson ist President of Products, UX & Engineering bei Qualtrics. Er verantwortet die Strategie und Entwicklung der gesamten Experience-Management-Plattform und leitet ein globales Team von über 1.600 Mitarbeitenden. Zuvor war er mehr als 17 Jahre bei Microsoft tätig. Anderson hat einen MBA von der Brigham Young University und lebt mit seiner Familie in Utah.

Newsletter

Hier erfährst Du einmal in der Woche, wo Künstliche Intelligenz in das Marketing eingreift, welche Trends sich abzeichnen und wie sie Kommunikation und Medien verändert. Informativ, unterhaltsam, nachdenklich.

Schließe Dich den 1.800+ Abonnenten an, kostenlos.

Newsletter

Hier erfährst Du einmal in der Woche, wo Künstliche Intelligenz in das Marketing eingreift, welche Trends sich abzeichnen und wie sie Kommunikation und Medien verändert. Informativ, unterhaltsam, nachdenklich.

Schließe Dich den 1.800+ Abonnenten an, kostenlos.

Newsletter

Hier erfährst Du einmal in der Woche, wo Künstliche Intelligenz in das Marketing eingreift, welche Trends sich abzeichnen und wie sie Kommunikation und Medien verändert. Informativ, unterhaltsam, nachdenklich.

Schließe Dich den 1.800+ Abonnenten an, kostenlos.