Chatbots für Online-Broker

Insight

5 Minuten

15.06.2020

Helmut van Rinsum

Portrait von Conor O’Driscoll

Dem Finanzsektor könnten Chatbots einen wahren Innovationsschub bescheren. Sie können beispielsweise mit verschiedenen Brokersysteme interagieren und Transaktionen im Namen des Kunden durchführen. Je größer die Menge der Daten, auf die sie Zugriff haben, desto mehr können sie leisten, schreibt Conor O’Driscoll, Vice President of OTC Platform bei Devexperts, in seinem Fachbeitrag.

In gewisser Hinsicht sind Chatbots die Stiefkinder der Künstlichen Intelligenz. Denn für viele Menschen sind sie nichts weiter als lästige Automaten, bei denen sie auf der Suche nach einem Ansprechpartner hängen bleiben. Trotz vielversprechender Prognosen lassen die ersten Erfahrungen mit Chatbots einige Wünsche offen.

Doch die Chatbots entwickeln sich in Schüben weiter. Sie können heute viel mehr als nur den FAQ-Bereich zu ersetzen. Was viele nicht wissen: Chatbots haben eine interessante Geschichte. Hier ein kurzer Ausflug in die Vergangenheit, bevor der aktuelle Entwicklungsstand und die spannenden Möglichkeiten von Chatbots erläutert werden.

Turing-Test: Computer besser als der Mensch

Chatbots gibt es im Grunde schon seit den Anfängen der KI-Forschung. Bereits 1950 stellte der Mathematiker und Computerwissenschaftler Alan Turing den berühmten Turing-Test vor. Mit seiner Hilfe sollte beurteilt werden, in welchem Maße Maschinen eine dem Menschen gleichwertige Intelligenz aufweisen können. Bei diesem Test führten die Versuchsteilnehmer per Texteingabe Gespräche mit Computerprogrammen. Ein Beobachter verfolgte diese Unterhaltungen, ohne zu wissen, bei welchem Teilnehmer es sich um den Menschen und bei welchem es sich um den Computer handelte. Konnte der Computer dieser Person vorgaukeln, er sei der menschliche Gesprächspartner, hatte er den Turing-Test bestanden.

ELIZA: Urgroßmutter aller Chatbots

Einer der allerersten Chatbots war ursprünglich der Versuch, die Herausforderung des Turing-Tests zu bestehen. Entwickelt im Jahr 1966 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) durch Joseph Weizenbaum, war ELIZA die Urgroßmutter jener Chatbots, auf die weiter unten noch eingegangen wird. Sie konnte ein Gespräch führen, das einer menschlichen Unterhaltung erstaunlich ähnlich war – und das, ohne Informationen über das menschliche Universum oder die Fähigkeit, dieses zu begreifen. Zum Teil wurde ELIZA als Kritik an dem Turing-Test entwickelt, da man davon ausging, dass der Test durch clevere Ingenieure manipuliert werden könne. ELIZA suchte nach Schlüsselwörtern in den Sätzen ihrer Gesprächspartner, ordnete sie nach Bedeutung und gab anschließend – auf Grundlage eines Skripts – eine angemessene Antwort. Eines der ELIZA-Skripte war nach einer Methode aufgebaut, mit der der Psychologe Carl Rogers mit seinen Patienten kommunizierte. Wie ein Rogers‘scher Psychoanalytiker entlockte ELIZA seinen Gesprächspartnern weitere Informationen und hielt die Konversation durch offene Fragen in Gang.

Broker-Bots: aktuell hoch im Kurs

Die ELIZA-Generation von Chatbots konnte nur mit Tricks arbeiten. Für die Bots von heute haben sich die Bedingungen aber radikal verändert: Mittlerweile gibt es Big Data und eine fast durchgehende Vernetzung. Die Fähigkeit, die Bedürfnisse der Menschen zu verstehen und diese zu erfüllen, ist zu einem enorm wertvollen Gut geworden.

Die Online-Tradingbranche ist ständig auf der Suche nach neuen, effektiven Kanälen, um Kunden zu gewinnen und zu binden. Chatbots oder KI-unterstützte, intelligente Assistenten sind aktuell hoch im Kurs: Laut Statistik-Portal Statista sind WhatsApp, Facebook Messenger und WeChat derzeit die drei am weitesten verbreiteten Messaging-Apps der Welt und werden von vier Milliarden Menschen genutzt. Sie sind nicht nur beliebter als andere Chat-Apps, sie werden bald die beliebtesten Apps überhaupt sein.

2018 wertete Apptopia App-Sitzungsdaten aus aller Welt aus. Nur China und weitere Länder, die Android-Appstores von Drittanbietern nutzen, wurden nicht berücksichtigt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Nutzer über einen Zeitraum von drei Monaten mehr Zeit mit WhatsApp verbrachten als mit jeder anderen App: Sie brachten sagenhafte 85 Milliarden Stunden zusammen. An zweiter Stelle kam WeChat, an dritter Facebook und an vierter Stelle Facebook Messenger. Ähnlich wie in der Generation zuvor die E-Mail-Nachrichten, sind Chat-Apps jetzt DAS Kommunikationsmittel der Wahl. Mit ihm können die Unternehmen einen nahezu reibungslosen Kontakt mit neuen und bestehenden Kunden sicherstellen.

Transaktionen im Namen der Kunden

Korrekt integriert, können die Chatbots von heute die Informationen verschiedener Brokersysteme weitermelden und mit ihnen interagieren. Sie können sogar Transaktionen im Namen des Kunden durchführen. Alles hängt davon ab, wie stark die Chatbots in das Brokersystem integriert sind. Je größer die Menge der Daten, auf die sie Zugriff haben, desto mehr können sie leisten. Bei einer minimalen Integration kann der Chatbot als erste Anlaufstelle im Kundensupport fungieren. In diesem Fall beantwortet er Routinefragen, mit denen die Teams meist überschwemmt werden. Komplexere Anfragen lassen sich dann bei Bedarf an einen Mitarbeiter weiterleiten. Allein das spart Kosten, verbessert den Service und setzt menschliche Ressourcen frei, die für dringlichere Probleme genutzt werden können.

Hat ein Chatbot auch Zugriff auf die Kurs-Feeds, kann er die Kunden über die Kursentwicklung ihrer Assets auf dem Laufenden halten und bei plötzlichen Kursbewegungen in Echtzeit alarmieren. Wenn ein Broker mit Drittanbietern zusammenarbeitet, können Chatbots auch so konzipiert werden, dass sie sich mit den Fremdsystemen austauschen. Auf diese Weise lassen sich News und Analysen, die der Broker teuer bezahlt, direkt an die Kunden liefern – ohne dass die Trader etwas anderes als ihre bevorzugte Chat-App oder ihren Smart Speaker verwenden müssen.

Doch das ist nicht alles: Bei einer umfangreicheren Integration können auch komplexere Interaktionen zwischen Client und Bot stattfinden. Durch die Verbindung zum Trading-Konto des Nutzers kann der Chatbot den Kunden über seine Kontosalden und andere Zahlen wie die Trading-Historie oder Profit & Loss informieren. Er kann sie sogar warnen, wenn der Margin Level bald 100 Prozent erreicht und Nachzahlungen auslöst.

Bei einer vollständigen Integration sind moderne digitale Assistenten in der Lage, die Rolle des Personal Brokers zu übernehmen. Mit test- oder sprachbasierten Anweisungen können sie Positionen für den Kunden öffnen und schließen. Sie sind zudem die Lösung für ein hartnäckiges Problem aller Online-Broker: die Frage, wie der gesamte Trading-Prozess für einen größeren Kundenstamm vereinfacht werden kann. Denn jeder sollte Zugang zu den Märkten haben – doch leider ist nicht jeder dazu prädestiniert, mit Charts umzugehen. Ein gut programmierter Chatbot schließt diese Lücke und stellt einen umfassenden Trading-Service bereit. Auf diese Weise müssen die Kunden gar nicht mehr auf ihre Trading-Plattform schauen, sondern können alles über ihre gewohnte Chat-App abwickeln.

Personalisierung: in der Praxis ein Alptraum

Wie oben schon erwähnt, wächst die Intelligenz von Chatbots mit der Menge der Daten, die sie zur Verfügung haben. Sie lernen aus ihren Interaktionen und ermöglichen dem Broker, seinen Service sehr viel stärker auf die Kunden zuzuschneiden als dies mit anderen Methoden möglich ist. Auch wenn die Marketingverantwortlichen laufend Lippenbekenntnisse zum Konzept der Personalisierung ablegen – in der Praxis ist alles, was individuell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden soll, ein logistischer Alptraum. Chatbots hingegen bieten alle Voraussetzungen für das, was heute als Heiliger Gral gilt: die Personalisierung im großen Stil. Im Alltag ist das zum Beispiel der Kellner im Lieblingscafé, der sich an die Vorliebe seines Gastes für ungesüßte Kokosmilch erinnert.

In der digitalen Welt greifen die Machine-Learning-Algorithmen auf Nutzungsdaten zurück, um neue Möglichkeiten der Personalisierung zu eröffnen – und das ohne zusätzliche Kosten für das Unternehmen. Online-Broker sind zwar traditionell eher sparsam mit ihren Daten und sehr konservativ, was den externen Zugang zu diesen Informationen angeht. Doch diese Einstellung ändert sich gerade: Die Branche beginnt, die Wettbewerbsvorteile von KI-Systemen zu erkennen. Insbesondere im Vertrieb und bei der Kundenbindung zahlt es sich aus, Zugang zu den normalerweise wohl gehüteten Daten zu gewähren.

Beispiel: Ein ungedecktes, nicht verifiziertes Konto fragt den digitalen Assistenten Ihres Brokerunternehmens wiederholt nach Kursnotierungen für Tesla. Nach einem Kursrückgang von zehn Prozent meldet der Bot dem Kunden diese Entwicklung. Er gibt ihm die Möglichkeit, sein Konto prüfen und decken zu lassen, bevor er die entsprechenden Aktien kaufen kann. Mit anderen Worten: Der Aufwand, der mit der laufenden Kontobetreuung verbunden ist, wird komplett automatisiert. Er nimmt nicht eine Minute der kostbaren menschlichen Arbeitszeit in Anspruch.

Broker-Bot Devexa: wie in guten alten Zeiten

Devexa ist der Name des Broker-Bots, den die Softwareingenieure von Devexperts entwickelt haben. Devexa bietet individuellen Service für alle Kunden, unabhängig von Erfahrungs- oder Kontostand. Er bietet Brokern viele verschiedene Möglichkeiten, Trader so einzubeziehen und zu informieren, wie es vor einigen Jahren noch unmöglich gewesen wäre.

[caption id="attachment_1152" align="aligncenter" width="525"]

Chatbot Interface[/caption]

 

Devexa ist beispielsweise in der Lage zu lernen, dass ein Kunde vorzugsweise mit Gold und Öl handelt. In diesem Fall kann der Bot einen Trading-Wettbewerb empfehlen, der aktuell für diese Assets läuft. Oder er schlägt ein Webinar vor, das die voraussichtlichen Folgen geopolitischer Spannungen für die entsprechenden Kurse zum Gegenstand hat.

Auch Trading-Signale und -Ideen können automatisch via Chat an den Kunden übermittelt werden: Sie informieren ihn über die Assets, für die er sich in der Vergangenheit am meisten interessiert hat. Der Kunde hat dann die Möglichkeit, Näheres über die zu verfolgende Strategie herauszufinden oder sogar direkt in der App mit dem betreffenden Wert zu handeln.

Es ist wie in den guten alten Zeiten, als dem Trader ein persönlicher Broker zur Seite stand. Nur ist es heute ein Bot, der den Kunden informiert und seine Aufträge durchführt. Künftige Devexa-Versionen werden in der Lage sein, komplexere Anweisungen auszuführen. Wenn der Trader beispielsweise eine Buy-Limit-Order über ein Lot für das Währungspaar EUR/USD ausführen möchte, kann er Devexa folgenden Befehl geben: „Ich möchte ein Lot EURUSD kaufen, wenn der Markt auf 1,02 fällt.“

Statistiken prognstizieren Chatbots vielversprechende Zukunft

2016 führte Oracle eine Umfrage unter 800 Entscheidungsträgern durch: 80 Prozent unter ihnen waren der Meinung, dass ihr Unternehmen bis zum Jahr 2020 Chatbots einsetzen würden, oder bereiteten den Einsatz von Chatbots bereits aktiv vor. Im gleichen Jahr schätzte der Marktforscher Markets and Markets Research das Volumen des Chatbot-Markts auf 703 Millionen Dollar. Einige Jahre später, nämlich 2019, korrigierte Markets and Markets seine Schätzung auf 2,6 Milliarden Dollar. Er prognostizierte einen Anstieg des Marktvolumens auf 9,4 Milliarden bis zum Jahr 2024.

2019 gab der Marktforscher Juniper Research die Einschätzung bekannt, dass Chatbots dem Bankensektor, dem Einzelhandel und dem Gesundheitswesen helfen könnten, bis 2023 jährlich elf Milliarden Dollar einzusparen (2018 betrugen die Einsparungen fünf Milliarden Dollar). Im gleichen Jahr prognostizierte Juniper Research ebenfalls, dass die Zahl der erfolgreichen Chatbot-Interaktionen im Einzelhandel im Zeitraum 2019 bis 2023 von 2,6 Milliarden auf 22 Milliarden steigen würden.

Der Trend ist also eindeutig. Jetzt geht es darum, diesem Trend zu folgen, um nicht den Anschluss zu verpassen. Die Kombination von Internet, Smartphone und kostengünstigen mobilen Daten hat eine Entwicklung in Gang gesetzt, die wohl noch am Anfang steht: Chats sind die schnellste, billigste und persönlichste Methode, mit Kunden Kontakt aufzunehmen. Mit den Chatbots der nächsten Generation ist es höchstens der eigene Erfindungsgeist, der den Interaktionen Grenzen setzt. 

Über den Autor:
Conor O'Driscoll gilt als versierte Führungskraft im Bereich Finanzdienstleistungen und hat über zehn Jahre Erfahrung mit institutionellen und Retail-Brokerhäusern. Aktuell bekleidet er den Posten des Vice President of OTC Platform bei Devexperts, wo er für die Roadmap und die Zukunftsvision der dxTrade-Plattform verantwortlich ist. 

Chatbots für Online-Broker

Insight

5 Minuten

15.06.2020

Helmut van Rinsum

Portrait von Conor O’Driscoll

Dem Finanzsektor könnten Chatbots einen wahren Innovationsschub bescheren. Sie können beispielsweise mit verschiedenen Brokersysteme interagieren und Transaktionen im Namen des Kunden durchführen. Je größer die Menge der Daten, auf die sie Zugriff haben, desto mehr können sie leisten, schreibt Conor O’Driscoll, Vice President of OTC Platform bei Devexperts, in seinem Fachbeitrag.

In gewisser Hinsicht sind Chatbots die Stiefkinder der Künstlichen Intelligenz. Denn für viele Menschen sind sie nichts weiter als lästige Automaten, bei denen sie auf der Suche nach einem Ansprechpartner hängen bleiben. Trotz vielversprechender Prognosen lassen die ersten Erfahrungen mit Chatbots einige Wünsche offen.

Doch die Chatbots entwickeln sich in Schüben weiter. Sie können heute viel mehr als nur den FAQ-Bereich zu ersetzen. Was viele nicht wissen: Chatbots haben eine interessante Geschichte. Hier ein kurzer Ausflug in die Vergangenheit, bevor der aktuelle Entwicklungsstand und die spannenden Möglichkeiten von Chatbots erläutert werden.

Turing-Test: Computer besser als der Mensch

Chatbots gibt es im Grunde schon seit den Anfängen der KI-Forschung. Bereits 1950 stellte der Mathematiker und Computerwissenschaftler Alan Turing den berühmten Turing-Test vor. Mit seiner Hilfe sollte beurteilt werden, in welchem Maße Maschinen eine dem Menschen gleichwertige Intelligenz aufweisen können. Bei diesem Test führten die Versuchsteilnehmer per Texteingabe Gespräche mit Computerprogrammen. Ein Beobachter verfolgte diese Unterhaltungen, ohne zu wissen, bei welchem Teilnehmer es sich um den Menschen und bei welchem es sich um den Computer handelte. Konnte der Computer dieser Person vorgaukeln, er sei der menschliche Gesprächspartner, hatte er den Turing-Test bestanden.

ELIZA: Urgroßmutter aller Chatbots

Einer der allerersten Chatbots war ursprünglich der Versuch, die Herausforderung des Turing-Tests zu bestehen. Entwickelt im Jahr 1966 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) durch Joseph Weizenbaum, war ELIZA die Urgroßmutter jener Chatbots, auf die weiter unten noch eingegangen wird. Sie konnte ein Gespräch führen, das einer menschlichen Unterhaltung erstaunlich ähnlich war – und das, ohne Informationen über das menschliche Universum oder die Fähigkeit, dieses zu begreifen. Zum Teil wurde ELIZA als Kritik an dem Turing-Test entwickelt, da man davon ausging, dass der Test durch clevere Ingenieure manipuliert werden könne. ELIZA suchte nach Schlüsselwörtern in den Sätzen ihrer Gesprächspartner, ordnete sie nach Bedeutung und gab anschließend – auf Grundlage eines Skripts – eine angemessene Antwort. Eines der ELIZA-Skripte war nach einer Methode aufgebaut, mit der der Psychologe Carl Rogers mit seinen Patienten kommunizierte. Wie ein Rogers‘scher Psychoanalytiker entlockte ELIZA seinen Gesprächspartnern weitere Informationen und hielt die Konversation durch offene Fragen in Gang.

Broker-Bots: aktuell hoch im Kurs

Die ELIZA-Generation von Chatbots konnte nur mit Tricks arbeiten. Für die Bots von heute haben sich die Bedingungen aber radikal verändert: Mittlerweile gibt es Big Data und eine fast durchgehende Vernetzung. Die Fähigkeit, die Bedürfnisse der Menschen zu verstehen und diese zu erfüllen, ist zu einem enorm wertvollen Gut geworden.

Die Online-Tradingbranche ist ständig auf der Suche nach neuen, effektiven Kanälen, um Kunden zu gewinnen und zu binden. Chatbots oder KI-unterstützte, intelligente Assistenten sind aktuell hoch im Kurs: Laut Statistik-Portal Statista sind WhatsApp, Facebook Messenger und WeChat derzeit die drei am weitesten verbreiteten Messaging-Apps der Welt und werden von vier Milliarden Menschen genutzt. Sie sind nicht nur beliebter als andere Chat-Apps, sie werden bald die beliebtesten Apps überhaupt sein.

2018 wertete Apptopia App-Sitzungsdaten aus aller Welt aus. Nur China und weitere Länder, die Android-Appstores von Drittanbietern nutzen, wurden nicht berücksichtigt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Nutzer über einen Zeitraum von drei Monaten mehr Zeit mit WhatsApp verbrachten als mit jeder anderen App: Sie brachten sagenhafte 85 Milliarden Stunden zusammen. An zweiter Stelle kam WeChat, an dritter Facebook und an vierter Stelle Facebook Messenger. Ähnlich wie in der Generation zuvor die E-Mail-Nachrichten, sind Chat-Apps jetzt DAS Kommunikationsmittel der Wahl. Mit ihm können die Unternehmen einen nahezu reibungslosen Kontakt mit neuen und bestehenden Kunden sicherstellen.

Transaktionen im Namen der Kunden

Korrekt integriert, können die Chatbots von heute die Informationen verschiedener Brokersysteme weitermelden und mit ihnen interagieren. Sie können sogar Transaktionen im Namen des Kunden durchführen. Alles hängt davon ab, wie stark die Chatbots in das Brokersystem integriert sind. Je größer die Menge der Daten, auf die sie Zugriff haben, desto mehr können sie leisten. Bei einer minimalen Integration kann der Chatbot als erste Anlaufstelle im Kundensupport fungieren. In diesem Fall beantwortet er Routinefragen, mit denen die Teams meist überschwemmt werden. Komplexere Anfragen lassen sich dann bei Bedarf an einen Mitarbeiter weiterleiten. Allein das spart Kosten, verbessert den Service und setzt menschliche Ressourcen frei, die für dringlichere Probleme genutzt werden können.

Hat ein Chatbot auch Zugriff auf die Kurs-Feeds, kann er die Kunden über die Kursentwicklung ihrer Assets auf dem Laufenden halten und bei plötzlichen Kursbewegungen in Echtzeit alarmieren. Wenn ein Broker mit Drittanbietern zusammenarbeitet, können Chatbots auch so konzipiert werden, dass sie sich mit den Fremdsystemen austauschen. Auf diese Weise lassen sich News und Analysen, die der Broker teuer bezahlt, direkt an die Kunden liefern – ohne dass die Trader etwas anderes als ihre bevorzugte Chat-App oder ihren Smart Speaker verwenden müssen.

Doch das ist nicht alles: Bei einer umfangreicheren Integration können auch komplexere Interaktionen zwischen Client und Bot stattfinden. Durch die Verbindung zum Trading-Konto des Nutzers kann der Chatbot den Kunden über seine Kontosalden und andere Zahlen wie die Trading-Historie oder Profit & Loss informieren. Er kann sie sogar warnen, wenn der Margin Level bald 100 Prozent erreicht und Nachzahlungen auslöst.

Bei einer vollständigen Integration sind moderne digitale Assistenten in der Lage, die Rolle des Personal Brokers zu übernehmen. Mit test- oder sprachbasierten Anweisungen können sie Positionen für den Kunden öffnen und schließen. Sie sind zudem die Lösung für ein hartnäckiges Problem aller Online-Broker: die Frage, wie der gesamte Trading-Prozess für einen größeren Kundenstamm vereinfacht werden kann. Denn jeder sollte Zugang zu den Märkten haben – doch leider ist nicht jeder dazu prädestiniert, mit Charts umzugehen. Ein gut programmierter Chatbot schließt diese Lücke und stellt einen umfassenden Trading-Service bereit. Auf diese Weise müssen die Kunden gar nicht mehr auf ihre Trading-Plattform schauen, sondern können alles über ihre gewohnte Chat-App abwickeln.

Personalisierung: in der Praxis ein Alptraum

Wie oben schon erwähnt, wächst die Intelligenz von Chatbots mit der Menge der Daten, die sie zur Verfügung haben. Sie lernen aus ihren Interaktionen und ermöglichen dem Broker, seinen Service sehr viel stärker auf die Kunden zuzuschneiden als dies mit anderen Methoden möglich ist. Auch wenn die Marketingverantwortlichen laufend Lippenbekenntnisse zum Konzept der Personalisierung ablegen – in der Praxis ist alles, was individuell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden soll, ein logistischer Alptraum. Chatbots hingegen bieten alle Voraussetzungen für das, was heute als Heiliger Gral gilt: die Personalisierung im großen Stil. Im Alltag ist das zum Beispiel der Kellner im Lieblingscafé, der sich an die Vorliebe seines Gastes für ungesüßte Kokosmilch erinnert.

In der digitalen Welt greifen die Machine-Learning-Algorithmen auf Nutzungsdaten zurück, um neue Möglichkeiten der Personalisierung zu eröffnen – und das ohne zusätzliche Kosten für das Unternehmen. Online-Broker sind zwar traditionell eher sparsam mit ihren Daten und sehr konservativ, was den externen Zugang zu diesen Informationen angeht. Doch diese Einstellung ändert sich gerade: Die Branche beginnt, die Wettbewerbsvorteile von KI-Systemen zu erkennen. Insbesondere im Vertrieb und bei der Kundenbindung zahlt es sich aus, Zugang zu den normalerweise wohl gehüteten Daten zu gewähren.

Beispiel: Ein ungedecktes, nicht verifiziertes Konto fragt den digitalen Assistenten Ihres Brokerunternehmens wiederholt nach Kursnotierungen für Tesla. Nach einem Kursrückgang von zehn Prozent meldet der Bot dem Kunden diese Entwicklung. Er gibt ihm die Möglichkeit, sein Konto prüfen und decken zu lassen, bevor er die entsprechenden Aktien kaufen kann. Mit anderen Worten: Der Aufwand, der mit der laufenden Kontobetreuung verbunden ist, wird komplett automatisiert. Er nimmt nicht eine Minute der kostbaren menschlichen Arbeitszeit in Anspruch.

Broker-Bot Devexa: wie in guten alten Zeiten

Devexa ist der Name des Broker-Bots, den die Softwareingenieure von Devexperts entwickelt haben. Devexa bietet individuellen Service für alle Kunden, unabhängig von Erfahrungs- oder Kontostand. Er bietet Brokern viele verschiedene Möglichkeiten, Trader so einzubeziehen und zu informieren, wie es vor einigen Jahren noch unmöglich gewesen wäre.

[caption id="attachment_1152" align="aligncenter" width="525"]

Chatbot Interface[/caption]

 

Devexa ist beispielsweise in der Lage zu lernen, dass ein Kunde vorzugsweise mit Gold und Öl handelt. In diesem Fall kann der Bot einen Trading-Wettbewerb empfehlen, der aktuell für diese Assets läuft. Oder er schlägt ein Webinar vor, das die voraussichtlichen Folgen geopolitischer Spannungen für die entsprechenden Kurse zum Gegenstand hat.

Auch Trading-Signale und -Ideen können automatisch via Chat an den Kunden übermittelt werden: Sie informieren ihn über die Assets, für die er sich in der Vergangenheit am meisten interessiert hat. Der Kunde hat dann die Möglichkeit, Näheres über die zu verfolgende Strategie herauszufinden oder sogar direkt in der App mit dem betreffenden Wert zu handeln.

Es ist wie in den guten alten Zeiten, als dem Trader ein persönlicher Broker zur Seite stand. Nur ist es heute ein Bot, der den Kunden informiert und seine Aufträge durchführt. Künftige Devexa-Versionen werden in der Lage sein, komplexere Anweisungen auszuführen. Wenn der Trader beispielsweise eine Buy-Limit-Order über ein Lot für das Währungspaar EUR/USD ausführen möchte, kann er Devexa folgenden Befehl geben: „Ich möchte ein Lot EURUSD kaufen, wenn der Markt auf 1,02 fällt.“

Statistiken prognstizieren Chatbots vielversprechende Zukunft

2016 führte Oracle eine Umfrage unter 800 Entscheidungsträgern durch: 80 Prozent unter ihnen waren der Meinung, dass ihr Unternehmen bis zum Jahr 2020 Chatbots einsetzen würden, oder bereiteten den Einsatz von Chatbots bereits aktiv vor. Im gleichen Jahr schätzte der Marktforscher Markets and Markets Research das Volumen des Chatbot-Markts auf 703 Millionen Dollar. Einige Jahre später, nämlich 2019, korrigierte Markets and Markets seine Schätzung auf 2,6 Milliarden Dollar. Er prognostizierte einen Anstieg des Marktvolumens auf 9,4 Milliarden bis zum Jahr 2024.

2019 gab der Marktforscher Juniper Research die Einschätzung bekannt, dass Chatbots dem Bankensektor, dem Einzelhandel und dem Gesundheitswesen helfen könnten, bis 2023 jährlich elf Milliarden Dollar einzusparen (2018 betrugen die Einsparungen fünf Milliarden Dollar). Im gleichen Jahr prognostizierte Juniper Research ebenfalls, dass die Zahl der erfolgreichen Chatbot-Interaktionen im Einzelhandel im Zeitraum 2019 bis 2023 von 2,6 Milliarden auf 22 Milliarden steigen würden.

Der Trend ist also eindeutig. Jetzt geht es darum, diesem Trend zu folgen, um nicht den Anschluss zu verpassen. Die Kombination von Internet, Smartphone und kostengünstigen mobilen Daten hat eine Entwicklung in Gang gesetzt, die wohl noch am Anfang steht: Chats sind die schnellste, billigste und persönlichste Methode, mit Kunden Kontakt aufzunehmen. Mit den Chatbots der nächsten Generation ist es höchstens der eigene Erfindungsgeist, der den Interaktionen Grenzen setzt. 

Über den Autor:
Conor O'Driscoll gilt als versierte Führungskraft im Bereich Finanzdienstleistungen und hat über zehn Jahre Erfahrung mit institutionellen und Retail-Brokerhäusern. Aktuell bekleidet er den Posten des Vice President of OTC Platform bei Devexperts, wo er für die Roadmap und die Zukunftsvision der dxTrade-Plattform verantwortlich ist. 

Chatbots für Online-Broker

Insight

5 Minuten

15.06.2020

Helmut van Rinsum

Portrait von Conor O’Driscoll

Dem Finanzsektor könnten Chatbots einen wahren Innovationsschub bescheren. Sie können beispielsweise mit verschiedenen Brokersysteme interagieren und Transaktionen im Namen des Kunden durchführen. Je größer die Menge der Daten, auf die sie Zugriff haben, desto mehr können sie leisten, schreibt Conor O’Driscoll, Vice President of OTC Platform bei Devexperts, in seinem Fachbeitrag.

In gewisser Hinsicht sind Chatbots die Stiefkinder der Künstlichen Intelligenz. Denn für viele Menschen sind sie nichts weiter als lästige Automaten, bei denen sie auf der Suche nach einem Ansprechpartner hängen bleiben. Trotz vielversprechender Prognosen lassen die ersten Erfahrungen mit Chatbots einige Wünsche offen.

Doch die Chatbots entwickeln sich in Schüben weiter. Sie können heute viel mehr als nur den FAQ-Bereich zu ersetzen. Was viele nicht wissen: Chatbots haben eine interessante Geschichte. Hier ein kurzer Ausflug in die Vergangenheit, bevor der aktuelle Entwicklungsstand und die spannenden Möglichkeiten von Chatbots erläutert werden.

Turing-Test: Computer besser als der Mensch

Chatbots gibt es im Grunde schon seit den Anfängen der KI-Forschung. Bereits 1950 stellte der Mathematiker und Computerwissenschaftler Alan Turing den berühmten Turing-Test vor. Mit seiner Hilfe sollte beurteilt werden, in welchem Maße Maschinen eine dem Menschen gleichwertige Intelligenz aufweisen können. Bei diesem Test führten die Versuchsteilnehmer per Texteingabe Gespräche mit Computerprogrammen. Ein Beobachter verfolgte diese Unterhaltungen, ohne zu wissen, bei welchem Teilnehmer es sich um den Menschen und bei welchem es sich um den Computer handelte. Konnte der Computer dieser Person vorgaukeln, er sei der menschliche Gesprächspartner, hatte er den Turing-Test bestanden.

ELIZA: Urgroßmutter aller Chatbots

Einer der allerersten Chatbots war ursprünglich der Versuch, die Herausforderung des Turing-Tests zu bestehen. Entwickelt im Jahr 1966 am Massachusetts Institute of Technology (MIT) durch Joseph Weizenbaum, war ELIZA die Urgroßmutter jener Chatbots, auf die weiter unten noch eingegangen wird. Sie konnte ein Gespräch führen, das einer menschlichen Unterhaltung erstaunlich ähnlich war – und das, ohne Informationen über das menschliche Universum oder die Fähigkeit, dieses zu begreifen. Zum Teil wurde ELIZA als Kritik an dem Turing-Test entwickelt, da man davon ausging, dass der Test durch clevere Ingenieure manipuliert werden könne. ELIZA suchte nach Schlüsselwörtern in den Sätzen ihrer Gesprächspartner, ordnete sie nach Bedeutung und gab anschließend – auf Grundlage eines Skripts – eine angemessene Antwort. Eines der ELIZA-Skripte war nach einer Methode aufgebaut, mit der der Psychologe Carl Rogers mit seinen Patienten kommunizierte. Wie ein Rogers‘scher Psychoanalytiker entlockte ELIZA seinen Gesprächspartnern weitere Informationen und hielt die Konversation durch offene Fragen in Gang.

Broker-Bots: aktuell hoch im Kurs

Die ELIZA-Generation von Chatbots konnte nur mit Tricks arbeiten. Für die Bots von heute haben sich die Bedingungen aber radikal verändert: Mittlerweile gibt es Big Data und eine fast durchgehende Vernetzung. Die Fähigkeit, die Bedürfnisse der Menschen zu verstehen und diese zu erfüllen, ist zu einem enorm wertvollen Gut geworden.

Die Online-Tradingbranche ist ständig auf der Suche nach neuen, effektiven Kanälen, um Kunden zu gewinnen und zu binden. Chatbots oder KI-unterstützte, intelligente Assistenten sind aktuell hoch im Kurs: Laut Statistik-Portal Statista sind WhatsApp, Facebook Messenger und WeChat derzeit die drei am weitesten verbreiteten Messaging-Apps der Welt und werden von vier Milliarden Menschen genutzt. Sie sind nicht nur beliebter als andere Chat-Apps, sie werden bald die beliebtesten Apps überhaupt sein.

2018 wertete Apptopia App-Sitzungsdaten aus aller Welt aus. Nur China und weitere Länder, die Android-Appstores von Drittanbietern nutzen, wurden nicht berücksichtigt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Nutzer über einen Zeitraum von drei Monaten mehr Zeit mit WhatsApp verbrachten als mit jeder anderen App: Sie brachten sagenhafte 85 Milliarden Stunden zusammen. An zweiter Stelle kam WeChat, an dritter Facebook und an vierter Stelle Facebook Messenger. Ähnlich wie in der Generation zuvor die E-Mail-Nachrichten, sind Chat-Apps jetzt DAS Kommunikationsmittel der Wahl. Mit ihm können die Unternehmen einen nahezu reibungslosen Kontakt mit neuen und bestehenden Kunden sicherstellen.

Transaktionen im Namen der Kunden

Korrekt integriert, können die Chatbots von heute die Informationen verschiedener Brokersysteme weitermelden und mit ihnen interagieren. Sie können sogar Transaktionen im Namen des Kunden durchführen. Alles hängt davon ab, wie stark die Chatbots in das Brokersystem integriert sind. Je größer die Menge der Daten, auf die sie Zugriff haben, desto mehr können sie leisten. Bei einer minimalen Integration kann der Chatbot als erste Anlaufstelle im Kundensupport fungieren. In diesem Fall beantwortet er Routinefragen, mit denen die Teams meist überschwemmt werden. Komplexere Anfragen lassen sich dann bei Bedarf an einen Mitarbeiter weiterleiten. Allein das spart Kosten, verbessert den Service und setzt menschliche Ressourcen frei, die für dringlichere Probleme genutzt werden können.

Hat ein Chatbot auch Zugriff auf die Kurs-Feeds, kann er die Kunden über die Kursentwicklung ihrer Assets auf dem Laufenden halten und bei plötzlichen Kursbewegungen in Echtzeit alarmieren. Wenn ein Broker mit Drittanbietern zusammenarbeitet, können Chatbots auch so konzipiert werden, dass sie sich mit den Fremdsystemen austauschen. Auf diese Weise lassen sich News und Analysen, die der Broker teuer bezahlt, direkt an die Kunden liefern – ohne dass die Trader etwas anderes als ihre bevorzugte Chat-App oder ihren Smart Speaker verwenden müssen.

Doch das ist nicht alles: Bei einer umfangreicheren Integration können auch komplexere Interaktionen zwischen Client und Bot stattfinden. Durch die Verbindung zum Trading-Konto des Nutzers kann der Chatbot den Kunden über seine Kontosalden und andere Zahlen wie die Trading-Historie oder Profit & Loss informieren. Er kann sie sogar warnen, wenn der Margin Level bald 100 Prozent erreicht und Nachzahlungen auslöst.

Bei einer vollständigen Integration sind moderne digitale Assistenten in der Lage, die Rolle des Personal Brokers zu übernehmen. Mit test- oder sprachbasierten Anweisungen können sie Positionen für den Kunden öffnen und schließen. Sie sind zudem die Lösung für ein hartnäckiges Problem aller Online-Broker: die Frage, wie der gesamte Trading-Prozess für einen größeren Kundenstamm vereinfacht werden kann. Denn jeder sollte Zugang zu den Märkten haben – doch leider ist nicht jeder dazu prädestiniert, mit Charts umzugehen. Ein gut programmierter Chatbot schließt diese Lücke und stellt einen umfassenden Trading-Service bereit. Auf diese Weise müssen die Kunden gar nicht mehr auf ihre Trading-Plattform schauen, sondern können alles über ihre gewohnte Chat-App abwickeln.

Personalisierung: in der Praxis ein Alptraum

Wie oben schon erwähnt, wächst die Intelligenz von Chatbots mit der Menge der Daten, die sie zur Verfügung haben. Sie lernen aus ihren Interaktionen und ermöglichen dem Broker, seinen Service sehr viel stärker auf die Kunden zuzuschneiden als dies mit anderen Methoden möglich ist. Auch wenn die Marketingverantwortlichen laufend Lippenbekenntnisse zum Konzept der Personalisierung ablegen – in der Praxis ist alles, was individuell auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden soll, ein logistischer Alptraum. Chatbots hingegen bieten alle Voraussetzungen für das, was heute als Heiliger Gral gilt: die Personalisierung im großen Stil. Im Alltag ist das zum Beispiel der Kellner im Lieblingscafé, der sich an die Vorliebe seines Gastes für ungesüßte Kokosmilch erinnert.

In der digitalen Welt greifen die Machine-Learning-Algorithmen auf Nutzungsdaten zurück, um neue Möglichkeiten der Personalisierung zu eröffnen – und das ohne zusätzliche Kosten für das Unternehmen. Online-Broker sind zwar traditionell eher sparsam mit ihren Daten und sehr konservativ, was den externen Zugang zu diesen Informationen angeht. Doch diese Einstellung ändert sich gerade: Die Branche beginnt, die Wettbewerbsvorteile von KI-Systemen zu erkennen. Insbesondere im Vertrieb und bei der Kundenbindung zahlt es sich aus, Zugang zu den normalerweise wohl gehüteten Daten zu gewähren.

Beispiel: Ein ungedecktes, nicht verifiziertes Konto fragt den digitalen Assistenten Ihres Brokerunternehmens wiederholt nach Kursnotierungen für Tesla. Nach einem Kursrückgang von zehn Prozent meldet der Bot dem Kunden diese Entwicklung. Er gibt ihm die Möglichkeit, sein Konto prüfen und decken zu lassen, bevor er die entsprechenden Aktien kaufen kann. Mit anderen Worten: Der Aufwand, der mit der laufenden Kontobetreuung verbunden ist, wird komplett automatisiert. Er nimmt nicht eine Minute der kostbaren menschlichen Arbeitszeit in Anspruch.

Broker-Bot Devexa: wie in guten alten Zeiten

Devexa ist der Name des Broker-Bots, den die Softwareingenieure von Devexperts entwickelt haben. Devexa bietet individuellen Service für alle Kunden, unabhängig von Erfahrungs- oder Kontostand. Er bietet Brokern viele verschiedene Möglichkeiten, Trader so einzubeziehen und zu informieren, wie es vor einigen Jahren noch unmöglich gewesen wäre.

[caption id="attachment_1152" align="aligncenter" width="525"]

Chatbot Interface[/caption]

 

Devexa ist beispielsweise in der Lage zu lernen, dass ein Kunde vorzugsweise mit Gold und Öl handelt. In diesem Fall kann der Bot einen Trading-Wettbewerb empfehlen, der aktuell für diese Assets läuft. Oder er schlägt ein Webinar vor, das die voraussichtlichen Folgen geopolitischer Spannungen für die entsprechenden Kurse zum Gegenstand hat.

Auch Trading-Signale und -Ideen können automatisch via Chat an den Kunden übermittelt werden: Sie informieren ihn über die Assets, für die er sich in der Vergangenheit am meisten interessiert hat. Der Kunde hat dann die Möglichkeit, Näheres über die zu verfolgende Strategie herauszufinden oder sogar direkt in der App mit dem betreffenden Wert zu handeln.

Es ist wie in den guten alten Zeiten, als dem Trader ein persönlicher Broker zur Seite stand. Nur ist es heute ein Bot, der den Kunden informiert und seine Aufträge durchführt. Künftige Devexa-Versionen werden in der Lage sein, komplexere Anweisungen auszuführen. Wenn der Trader beispielsweise eine Buy-Limit-Order über ein Lot für das Währungspaar EUR/USD ausführen möchte, kann er Devexa folgenden Befehl geben: „Ich möchte ein Lot EURUSD kaufen, wenn der Markt auf 1,02 fällt.“

Statistiken prognstizieren Chatbots vielversprechende Zukunft

2016 führte Oracle eine Umfrage unter 800 Entscheidungsträgern durch: 80 Prozent unter ihnen waren der Meinung, dass ihr Unternehmen bis zum Jahr 2020 Chatbots einsetzen würden, oder bereiteten den Einsatz von Chatbots bereits aktiv vor. Im gleichen Jahr schätzte der Marktforscher Markets and Markets Research das Volumen des Chatbot-Markts auf 703 Millionen Dollar. Einige Jahre später, nämlich 2019, korrigierte Markets and Markets seine Schätzung auf 2,6 Milliarden Dollar. Er prognostizierte einen Anstieg des Marktvolumens auf 9,4 Milliarden bis zum Jahr 2024.

2019 gab der Marktforscher Juniper Research die Einschätzung bekannt, dass Chatbots dem Bankensektor, dem Einzelhandel und dem Gesundheitswesen helfen könnten, bis 2023 jährlich elf Milliarden Dollar einzusparen (2018 betrugen die Einsparungen fünf Milliarden Dollar). Im gleichen Jahr prognostizierte Juniper Research ebenfalls, dass die Zahl der erfolgreichen Chatbot-Interaktionen im Einzelhandel im Zeitraum 2019 bis 2023 von 2,6 Milliarden auf 22 Milliarden steigen würden.

Der Trend ist also eindeutig. Jetzt geht es darum, diesem Trend zu folgen, um nicht den Anschluss zu verpassen. Die Kombination von Internet, Smartphone und kostengünstigen mobilen Daten hat eine Entwicklung in Gang gesetzt, die wohl noch am Anfang steht: Chats sind die schnellste, billigste und persönlichste Methode, mit Kunden Kontakt aufzunehmen. Mit den Chatbots der nächsten Generation ist es höchstens der eigene Erfindungsgeist, der den Interaktionen Grenzen setzt. 

Über den Autor:
Conor O'Driscoll gilt als versierte Führungskraft im Bereich Finanzdienstleistungen und hat über zehn Jahre Erfahrung mit institutionellen und Retail-Brokerhäusern. Aktuell bekleidet er den Posten des Vice President of OTC Platform bei Devexperts, wo er für die Roadmap und die Zukunftsvision der dxTrade-Plattform verantwortlich ist. 

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